Nach Kritik: VAG stoppt umstrittene Handydaten-Auswertung

19.3.2015, 18:55 Uhr
Über sogenannte Schwarmdaten wollte die VAG Fahrgastströme besser verstehen. Nun wird das Projekt gestoppt.

© Mark Johnston Über sogenannte Schwarmdaten wollte die VAG Fahrgastströme besser verstehen. Nun wird das Projekt gestoppt.

"Niemand würde dem bewusst zustimmen", sagte die Grünen-Politikerin Verena Osgyan. "Nicht in Ordnung", legte der CSU-Fraktionsvorsitzende Sebastian Brehm nach. Um Fahrgastströme detaillierter nachvollziehen zu können, wollte die VAG gemeinsam mit der Telekom Handy-Daten seiner Nutzer anzapfen - und sorgte damit für reichlich Kritik. Jetzt stoppt das Unternehmen das Pilot-Projekt. 

"Die VAG bedauert es sehr, dass das Thema zu Irritationen und Missverständnissen geführt hat", heißt es in einer Pressemitteilung. Das Unternehmen werde die Auswertung deshalb beenden - mit sofortiger Wirkung. Man habe lediglich anhand der ohnehin der Telekom schon vorliegenden Daten Fahrpläne optimieren wollen, "jedoch offensichtlich die Informationsrelevanz unterschätzt". Am Donnerstag soll es ein Krisengespräch zwischen VAG-Vorstand und Aufsichtsrat gegeben haben.

Trotz Stopp: VAG könnte Projekt wieder aufnehmen

Derweil werden neue Details zum Pilot-Projekt bekannt: Betroffen von einem ersten Probelauf waren 13.000 Menschen, gemessen wurde zwischen der Altstadt und Langwasser. Trotz des Stopps: Ganz vom Tisch ist das geplante Projekt noch nicht. Die VAG schließt nach einer erneuten Prüfung die Wiederaufnahme nicht aus.

Offenbar wurde auch der Nürnberger Stadtrat nicht vorab über das Pilot-Projekt informiert, der Aufsichtsrat habe "erst aus den Medien davon erfahren", sagt Thorsten Brehm, stellvertretender Chef der Stadtratsfraktion der SPD und Verkehrsexperte. "Die Informationspolitik der VAG ist verbesserungswürdig."

"Rechtlich einwandfrei", sagt die Datenschutzbeauftragte

Das Verfahren, bei dem ein Bewegungsprofil von Fahrgästen ermittelt werden soll, wurde laut Telekom von der Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI), Andrea Voßhoff, für "rechtlich einwandfrei" befunden. Von der konkreten Zusammenarbeit mit der VAG wusste ihre Behörde allerdings nichts.

Auf Nachfrage bestätigte Voßhoff, die Telekom habe ihr ein Verfahren zur Anonymisierung präsentiert. Dagegen habe mein "keine Einwände" gehabt. Der Knackpunkt: Es werden keine zusätzlichen Daten erhoben, sondern ausschließlich vorhandenes Material der Telekom statistisch aufbereitet und anonymisiert weitergegeben.

Und so hätte das technische Prozedere funktionieren sollen: Telekom-Kunden, die in einen Bus oder in eine U-Bahn einsteigen, werden grundsätzlich erfasst. "Dabei werden keine GPS-Daten verwendet", erklärt ein Telekom-Sprecher. Stattdessen wolle man auf sogenannte Mobilfunkzellen zurückgreifen. Später wird eben jenes Bewegungsprofil mit den Vertragskundendaten der Telekom verknüpft - und anonymisiert an die VAG übermittelt. 

Das, was die VAG künftig über ihre Kunden gewusst hätte, wäre nicht ohne gewesen: Neben dem Bewegungsprofil sollten Geschlecht, als auch Altersgruppe und Heimatregion des Fahrgastes übermittelt werden. "Die Telekom hat uns extrem glaubhaft vermittelt, dass der Datenschutz penibel eingehalten wird", sagte Elisabeth Seitzinger, Sprecherin der VAG. 

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