Nach Skandal: Arbeiter-Samariter-Bund hat neues Führungsteam

7.3.2020, 18:20 Uhr
Das ist die neue Führungsmannschaft des ASB Bayern. Der neue Landesvorsitzende Gerhard Körner (2. v. re.) wird unterstützt von Sven Müller (li.), einem von zwei neuen Landesschatzmeistern, sowie den beiden stellvertretenden Landesvorsitzenden Norbert Tessmer (2. v. li) und Christian Wolf.   Foto: André Ammer

Das ist die neue Führungsmannschaft des ASB Bayern. Der neue Landesvorsitzende Gerhard Körner (2. v. re.) wird unterstützt von Sven Müller (li.), einem von zwei neuen Landesschatzmeistern, sowie den beiden stellvertretenden Landesvorsitzenden Norbert Tessmer (2. v. li) und Christian Wolf. Foto: André Ammer

"Wir werden nicht in der Vergangenheit herumgraben, aber wir können die Vergangenheit auch nicht völlig außen vor lassen", sagte der neue Landesvorsitzende bei seiner Antrittsrede. Bei der Aufarbeitung der Affäre um gefälschte Abrechnungen und den mittlerweile auf den Weg gebrachten Strukturreformen beim ASB Bayern wolle er intensiv mit der Landesgeschäftsführung zusammenarbeiten.

Fehler der Vergangenheit sollen aufgeklärt werden

Für diese Aufgaben scheint der 72-jährige Vorsitzende des ASB-Regionalverbandes Bayerischer Untermain angesichts seiner beruflichen Vita fachlich gut gerüstet zu sein. Der in Aschaffenburg lebende Körner ist promovierter Jurist und Fachanwalt für Arbeitsrecht mit dem Schwerpunkt Gesellschafts- und Insolvenzrecht. Und so kündigte er an, dass der ins Zwielicht geratene Wohlfahrtsverband bei den zu erwartenden Rückzahlungen an die betrogenen Krankenkassen genau hinschauen wird.
"Diejenigen, die was wollen, müssen erst mal sagen, was sie wollen, von wem und weswegen", kündigte der unterfränkische ASB-Funktionär an. Dass der Verband nun alles daran setze, Fehler der Vergangenheit aufzuklären, sei die eine Sache. "Aber das heißt noch lange nicht, dass wir mit einem Kotau und einem Scheck in München erscheinen und sagen 'Tragt bitte die Zahl ein, die ihr gerne hättet‘", spielte Körner auf die künftigen Verhandlungen mit der Zentralen Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst (Zast) und die Krankenkassen an.


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Wie mehrfach berichtet, hat der ASB Bayern jahrelang Abrechnungen im Rettungsdienst manipuliert und auf diese Weise über sechs Millionen Euro von den Krankenkassen bekommen, die ihm nicht zustanden. Gegen den ehemaligen Landesgeschäftsführer Thomas Klüpfel und weitere ASB-Mitarbeiter ermittelt deswegen seit einigen Monaten die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Außerdem trat vor einem halben Jahr ASB-Landesvorsitzender Hans-Ulrich Pfaffmann zurück, der interne Hinweise auf Unregelmäßigkeiten lange ignoriert hatte.

Kompletter Neuanfang

Und die restlichen Mitglieder des Landesvorstandes stellten sich bei der jetzigen Landeskonferenz in Nürnberg nicht mehr zur Wahl, um den Weg freizumachen für einen kompletten Neuanfang. "Die Wucht der Anschuldigungen hat den Landesvorstand, aber auch die vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitglieder draußen im Lande schwer belastet", bilanzierte Horst Arnold, der scheidende stellvertretende Landesvorsitzende, in seinem Rechenschaftsbericht. Um sich aus dieser Schockstarre zu befreien, habe man sich zur maximalen Transparenz und zur aktiven Mitarbeit bei der Aufklärung der Vorwürfe entschlossen.


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Unter anderem verfügt die ASB-Landesgeschäftsstelle laut Arnold inzwischen über eine moderne Buchführung. "Mit handschriftlichen Abrechungen, die uns in der Vergangenheit riesige Probleme bereitet haben, werden wir nichts mehr zu tun haben", erklärte der Fürther SPD-Landtagsabgeordnete. Jarno Lang, der Landesgeschäftsführer des ASB, berichtete über Neuerungen wie die Einführung des Vier-Augen-Prinzips bei sämtlichen Abrechnungen und Überweisungen. Auch ein sogenanntes Compliance Management System, mit dem die Rahmenbedingungen für eine rechtlich und ethisch einwandfreie Arbeit im ASB geschaffen werden sollen, sei in den vergangenen Monaten auf den Weg gebracht worden.

"Das Feld ist bestellt, es ist kein großer Ernteausfall zu erwarten", bilanzierte Horst Arnold und wünschte dem neuen Landesvorstand "viel Vergnügen bei der Ernte und viel Kreativität bei der Vermarktung und Weiterentwicklung dieser Früchte". Dieses Resümee stieß unter anderem einigen Mitgliedern des ASB-Regionalverbandes München, der zu den größten Kritikern des Landesverbandes gehört, sauer auf. Bei sechs Millionen Euro Schulden, die nun wieder abgearbeitet werden müssten, von Ernte zu sprechen – solche Aussagen könne er nicht nachvollziehen, kritisierte ein Delegierter.

Entlastung verweigert

Bei der Entlastung des Landesvorstandes enthielt sich denn auch ein Großteil der 96 stimmberechtigten Delegierten der Stimme. Bei den beiden bisherigen Landesschatzmeistern Roland Löb und Herbert Münch stimmte ein großer Teil gegen die Entlastung, dem zurückgetretenen Landesvorsitzenden Hans-Ulrich Pfaffmann wurde die Entlastung mit 48 Nein- gegen 25-Ja-Stimmen sogar verweigert.
Darüber hinaus wurde der Münchener ASB-Funktionär Christian Wolf, der schon seit längerem die mangelnde Transparenz beim Dachverband angeprangert hatte, mit deutlicher Mehrheit zu einem der beiden stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt. Den anderen Stellvertreter-Posten bekleidet künftig Norbert Tessmer, zurzeit noch Oberbürgermeister von Coburg, der sich nach seiner im April endenden Amtszeit stärker ehrenamtlich engagieren will.


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"Ich will kein Grüß-Gott-August sein, sondern etwas arbeiten", sagte Tessmer und versprach, bei der Abarbeitung der anstehenden Aufgaben und Probleme zu helfen. Wichtig sei vor allem, aus den Negativschlagzeilen herauszukommen, die sich nicht hilfreich auf die Mitglieder und die Mitgliederentwicklung sowie das gesamte Innenleben des Verbandes auswirken würden.

Ein weiteres Mitglied des kritischen ASB-Regionalverbandes München, der in der Vergangenheit angesichts eines mittlerweile geänderten Delegiertenschlüssels oft überstimmt worden war, fungiert nun als einer von zwei Landesschatzmeistern. Sven Müller arbeitet seit mehreren Jahren in der Kontrollkommission des ASB mit und wird sich künftig mit Dominik Blunck vom ASB Erlangen-Höchstadt die entsprechenden Aufgaben im Landesvorstand teilen.


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