Fristen für Wahlrecht im Ausland

Neue Reform: Darum dürfen manche Deutsche bald nicht mehr wählen

22.9.2021, 10:42 Uhr
Ein Wahlzettel in Nahaufnahme - noch haben Auslandsdeutsche ihn geschickt bekommen, für manche könnte es der letzte gewesen sein. 

© Oliver Zimmermann via www.imago-images.de, imago images/foto2press Ein Wahlzettel in Nahaufnahme - noch haben Auslandsdeutsche ihn geschickt bekommen, für manche könnte es der letzte gewesen sein. 

Nach 25 Jahren ist also Schluss. Nur noch dieses eine Mal durfte ich im Wahlkreis Nürnberg Nord wählen. Meine Stimme habe ich schon vor etlichen Wochen in Oakland abgegeben. Da erreichte mich der Brief des Wahlamtes in Nürnberg, den ich umgehend öffnete, meine zwei Kreuze setzte und wieder mit dem nötigen Porto Retour schickte.

Wählen im Ausland ist gar nicht so einfach. Denn ein allgemeines Wahlregister gibt es nicht. Noch nicht mal genaue Zahlen liegen vor, wie viele Deutsche, die im Ausland leben, überhaupt wählen dürfen. Geschätzt werden zwei bis drei Millionen wahlberechtigte Bundesbürger, die vor allem in anderen europäischen Ländern gefolgt von Nordamerika leben.

Man bekommt als Deutscher im Ausland nicht automatisch eine Wahlbenachrichtigung und kann dann Briefwahl beantragen. Ganz im Gegenteil, man muss sich jedes Mal aufs Neue in die Wahllisten eintragen. Das heißt, ein Formular von der Seite des Bundeswahlleiters laden und dieses ausgefüllt und unterschrieben per Post an das Wahlamt in der Gemeinde schicken, in der man zuletzt gemeldet war. In meinem Fall ist das Nürnberg. Und dann kam nach etwa zwei Wochen die Mail aus dem Wahlamt am Unschlittplatz: “Ihr Antrag auf Eintragung ins Wählerverzeichnis ist bei uns eingegangen. Die Briefwahlunterlagen für die Bundestagswahl werden voraussichtlich ab 16. August 2021 an die von Ihnen angegebene Anschrift gesendet.”

Doch nur ein Bruchteil der Millionen Auslandsdeutschen nimmt dieses Wahlrecht auch wahr. Bei der Bundestagswahl 2017 haben sich lediglich 112.989 Frauen und Männer in die Wählerverzeichnisse eintragen lassen, so der Bundeswahlleiter. Wie viele davon allerdings danach auch gewählt haben, ist nicht bekannt. Das Wahlrecht der im Ausland lebenden Bundesbürger scheint nicht von Interesse zu sein.


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Und auch die politischen Parteien haben diesen durchaus nicht kleinen Wählerblock bislang noch nicht für sich entdeckt. Es gibt keinen Wahlkampf für all jene, die außerhalb der deutschen Grenzen leben. Und das, obwohl viele von ihnen sich tagtäglich über das informieren, was in ihrer alten Heimat passiert. Mitte der 90er Jahre hörte man hier noch die Sendungen der DW über die Kurzwelle und las mit mehreren Tagen Verspätung deutsche Tageszeitungen. Doch das ist lange her. Heute informiert man sich live, direkt und umfassend über die Politik, Kultur und Sport in Deutschland, tauscht sich online mit anderen aus und ja, vertritt in Diskussionen mit Amerikanern oftmals auch den deutschen Standpunkt. Die Zeiten für Auslandsdeutsche haben sich geändert, aber der deutsche Gesetzgeber hinkt hinterher.

Früher durften nur jene aus dem Ausland wählen, die eng mit Deutschland verbunden waren, wie zum Beispiel entsandte Diplomaten. Dann wurde das Gesetz auf all jene erweitert, die nicht länger als zehn Jahre außer Landes waren. 1998 wurde diese Frist dann auf 25 Jahre verlängert, bevor sie 2008 für all jene Deutsche gestrichen wurde, die im EU-Ausland wohnten. Begründet wurde dies damit, dass sie ja die Möglichkeit hätten, sich umfassend über all das zu informieren, was in Deutschland passierte. Für jene Bundesbürger, die allerdings außerhalb der EU oder in Übersee leben, gilt nach wie vor die 25-Jahre-Frist. Eine Begründung dafür gibt es nicht.

Nun wurde im Sommer eine Wahlkommission im Bundestag eingesetzt, in der es um eine umfangreiche Reform des Wählens gehen soll. In Deutschland wird dabei vor allem auf die Überhangmandate geachtet. Doch, so wurde mir aus dem Bundestagsbüro von Sonja Amalie Steffen, der Vorsitzenden dieser Kommission, per Email mitgeteilt, “das Wahlrecht von deutschen BürgerInnen, die im Ausland leben, wird in den Sitzungen auch Thema sein”.

Vielleicht darf ich also auch weiterhin an Bundes- und Europawahlen teilnehmen. Ich denke schon, dass ich als Deutscher in den USA informiert genug bin, auch weiterhin meine Stimme abgeben zu können.

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