Kehrtwende bei Namensfindung

Neuer Nürnberger Stadtteil soll jetzt doch Lichtenreuth heißen

20.7.2021, 19:08 Uhr
An der Brunecker Straße entsteht ein neuer Stadtteil, in dem 5000 Menschen leben sollen. 

© Aurelis / West 8 Urban Design & Landscape Architecture An der Brunecker Straße entsteht ein neuer Stadtteil, in dem 5000 Menschen leben sollen. 

Am Ende steht alles wieder auf Anfang: Das neue Stadtviertel auf dem Areal des ehemaligen Südbahnhofs soll nun doch "Lichtenreuth" heißen. Die zuständige Jury wird dem Stadtrat diesen Namen am Mittwoch als einzigen Vorschlag unterbreiten. "Lichtenreuth" ist auch die Bezeichnung, unter der das Unternehmen Aurelis das Gelände an der Brunecker Straße vermarktet, auf der die neue Technische Universität (TU) ihre Heimat finden soll.

"Noris Campus" in engerer Auswahl

In die engere Auswahl der Jury waren als Alternativen noch "Noris Campus", "Sigena" oder "Sigena Campus" sowie "Silberbuck" gekommen. Doch letztlich entschied das Gremium, dass der Stadtteil keinen Namen mit Universitätsbezug bekommen soll, weil sich alle dort lebenden Menschen mit dem Viertel identifizieren sollen und nicht nur die Universitätsangehörigen.


Als die Stadt Nürnberg Ende März die Bürger dazu aufforderte, ihre Namensfavoriten einzusenden, waren jedoch ausdrücklich Benennungen mit Bezug zum neuen Campus erwünscht. SPD-Stadtratsfraktionschef Thorsten Brehm kann denn auch die Entscheidung der Jury, in der unter anderem Vertreter der Stadtspitze, der Bürgerschaft, der Universität und von Aurelis saßen, nicht nachvollziehen: "Das ist kein Aufbruchssignal. Die Uni wird den Stadtteil prägen. In Rangierbahnhof leben ja auch nicht nur Eisenbahner." Die SPD hatte mit ihrer Kritik am Namen "Lichtenreuth" die Namensdebatte im Februar angestoßen. Danach rief noch vor der Stadt unsere Lokalredaktion dazu auf, Bezeichnungen für den neuen Stadtteil zu finden.

Einst ein Waldgebiet

Die Genossen argumentierten damals, dass das Suffix "Reuth" für Orte stehe, die durch Rodung von Waldflächen entstanden seien. Das passe nicht für das Südbahnhof-Areal. In dem Bericht für den Ausschuss ist indes zu lesen, dass auf dem Gebiet sehr wohl "einst Wald gestanden hat". Brehm überzeugt das nicht: "Wenn man weit genug zurückgeht, findet man immer Wald und irgendwann auch Dinosaurier." Die Ansiedlung der Universität sei ein "Jahrhundertereignis". Deswegen hätte er sich einen zukunftsgerichteten Namen gewünscht und keinen, der an "ein fränkisches Bauerndorf erinnert".

Lichtenreuth mit den meisten Nennungen

Die Jury wiederum argumentiert, dass bei den über 1000 Vorschlägen aus der Bürgerschaft "Lichtenreuth" mit Abstand die meisten Nennungen erhalten habe: "Die Bezeichnung klingt positiv und zeitlos." Die Grünen hätten das Viertel, in dem 5000 Menschen ihren Lebensmittelpunkt haben werden, wiederum gerne nach einer Frau benannt.

Die Jury sprach sich aber dezidiert gegen einen Personennamen für den Stadtteil aus, weil "Individuen und deren gesellschaftliche Bewertung in zeitlichem Abstand einem Bedeutungswandel unterliegen", wie es in dem Bericht für die Stadträte heißt. Das zeige die aktuelle Diskussion um Nürnberger Straßennamen.

Wissenschaftlerinnen, Widerstandskämpferinnen

Allerdings sollen die Straßen in dem künftigen Campus nach Frauen aus dem Bereich der Naturwissenschaften benannt werden. In dem Wohngebiet im nördlichen Teil des Areals sollen Frauen und Männer aus dem regionalen Widerstand gegen den Nationalsozialismus geehrt werden.

Die Grünen wollen dem Vorschlag "Lichtenreuth" am Mittwoch zustimmen: "Es gab schon Zweifel, weil es ursprünglich ein Marketingname war, aber der Begriff hat sich in der Bevölkerung eingebürgert", so Mike Bock, Verkehrsexperte der Umweltpartei. Außerdem wäre es seltsam, das Resultat des Beteiligungsformats nicht anzuerkennen. Bei der SPD sei die Zustimmung noch nicht sicher, sagte Brehm. Allerdings gebe es auch wichtigere Themen als Stadtteil-Benennungen.

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