Neuer SPD-Parteichef im Jahr 2011?

18.3.2010, 00:00 Uhr

Sollte sich Christian Vogel zwischen den zwei wichtigen Ämtern entscheiden müssen, erklärte er auf Anfrage der Lokalredaktion, würde er den Posten des Fraktionschefs vorziehen. »Als Vorsitzender der Mehrheitsfraktion im Stadtrat habe ich mehr Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten», begründete er ungewöhnlich offen und frühzeitig seine Präferenz. Dies sei, langfristig betrachtet, die wichtigere Position in der Lokalpolitik. Damit können sich seine beiden Stellvertreter als Parteichef, die Landtagsabgeordnete Angelika Weikert und Stadtrat Thorsten Brehm, schon einmal warmlaufen.

Amerikanische Verhältnisse in deutschen Großstadt-Regionen hat Nürnbergs OB Ulrich Maly als Vize-Präsident des Deutschen Städtetags heraufbeschworen, falls die schwarz-gelbe Bundesregierung Ernst damit macht, die Gewerbesteuer zu streichen. »Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass es bei einem Verzicht auf diese Steuer ohne gravierende Verwerfungen abgehen wird», unterstrich der Sozialdemokrat.

Großstädte wären nach dem Wegfall der Gewerbesteuer wegen ihrer teuren Infrastruktur dazu gezwungen, die Einkommensteuer stärker anzuheben als Umlandgemeinden. »Dadurch entstünde ein Steuergefälle und ein ungesunder Steuerwettlauf» zwischen Großstädten und umliegenden Gemeinden, befürchtet Maly. Mit den daraus drohenden Abwanderungen von Einkommensteuerzahlern ins steuerlich günstigere Umland entstünden dort riesige Vororte, ähnlich wie in den USA, ohne entsprechende Infrastruktur. Für die finanziell ausgezehrten Großstädte werde es nach und nach immer schwieriger, die dort verbliebenen Theater, Kliniken, U-Bahn-Netze und Hallenbäder zu unterhalten: »Eine solche Steuerpolitik würde das historische Bild der europäischen Großstadt zerstören.»

Zudem würde mit dem Wegfall der Gewerbesteuer auch das »enge Band zwischen der örtlichen Wirtschaft und den Großstädten zerstört», gibt der OB zu bedenken. Die Aussicht auf Gewerbesteuer bewege Kommunen immer wieder dazu, Zugeständnisse zu machen: »Auch die Unternehmen zahlen lieber Gewerbesteuer. Bei der wissen sie wenigstens, dass sie in der Kommune bleibt.»

Viele Nürnberger(innen) halten ihre Stadt nicht gerade für die sauberste Kommune des Landes. Mitunter kann es hilfreich sein, eine Meinung von auswärts zu hören. Otto W. Speck, gebürtiger Nürnberger und heute Exil-Franke in Berlin, mailt der Lokalredaktion: »Als ich auf der Rückfahrt von der Beerdigung meines kleinen Bruders in Nürnberg Station machte und meiner Frau einen kleinen Teil der Innenstadt zeigte, meinte sie: ,Das ist hier so sauber, da muss ich meine Kippe ja in den Mülleimer entsorgen.‘» Als die beiden dann wieder in Berlin ankamen, schüttelte sie den Kopf: »Jetzt sind wir wieder zu Hause, alles voller Dreck.»

So zitieren wir aus gegebenem Anlass den römischen Kirchenlehrer Aurelius Augustinus: »Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.»