New Model Army ist zurück: Rock voll Wut und Wehmut

24.10.2019, 14:45 Uhr
New Model Army ist zurück: Rock voll Wut und Wehmut

© Foto: Mark Islam/PR

"Wahrscheinlich ist das kein Zufall", vermutet Justin Sullivan beim Interview in Berlin. "Wir bestehen alle aus denselben Molekülen. Vielleicht ist das einer dieser typischen Justin-Sullivan-Songs, in denen es immer ums Wetter geht. Aber im Moment fühlt sich das doch so an! Das Klima spiegelt die chemischen Reaktionen wieder, die da draußen vor sich gehen. Und das wirkt wieder auf die Menschen zurück."

Von Anfang an haben New Model Army über Politik, Natur und Wetter gesungen, daran hat sich bis heute nichts geändert. Der neue Song, um den es geht, heißt denn auch "The Weather". Hier beschreibt Sullivan den Einfluss des veränderten Klimas, den er so auf einen Nenner bringt: "Wir sind nervös und gereizt. Wir haben den Sinn für Perspektive verloren. Ein Teil aller Spezies in Flora und Fauna ist bereits ausgestorben."

In "End Of Days" befasst sich die Band aus dem englischen Bradford mit dem Populismus, genauer gesagt dem Brexit, der seinen Anhängern verspricht, ihr Land werde wieder zur alten Größe des kolonialen Großbritanniens zurückkehren. "Warum akzeptieren die Menschen Typen wie Trump oder Boris Johnson, die alles nur zerstören wollen?", fragt Sullivan. "Die Menschen scheinen es zu genießen, dass die Dinge kaputt geschlagen werden. Selbst wenn sie wissen, dass diejenigen, die alles zerstören wollen, Monster sind, schauen sie sich das an und genießen es. Wir sind alle so wütend und zugleich irgendwie gelangweilt."

Treue Fans

Fast vierzig Jahre existieren New Model Army bereits, Justin Sullivan ist das einzig verbliebene Gründungsmitglied. Im Hintergrund laufen bereits die Planungen für das Jubiläum zum 40. im kommenden Jahr. Ein treuer Stamm von Fans folgt dem musikalischen Massenkult, nicht wenige reisen dem Quintett von Konzert zu Konzert hinterher. Immer wieder wollen sie immergrüne Hits wie "51st State", "Vagabonds" oder "Green And Grey" erleben.

Für sie sind New Model Army mehr als nur Musik, die Band verkörpert eine Weltanschauung zwischen Utopie und Dystopie, Skeptizismus und Optimismus, Wut und Wehmut. Inspiriert von Folk, Punk und Rock, getragen von kräftigen Trommeln, volltönenden Gitarren, Texten voller Melancholie und Hoffnung. Zusammen ergibt das einen fast mystischen Tribal-Rock, archaisch wie urzeitliche Höhlenmalereien.

Viel Akustik-Gitarre

Die Zahl ihrer Anhänger ist zuletzt noch einmal gewachsen. Das liegt sicherlich auch an starken Alben wie dem drum-orientierten "Between Dog And Wolf" (2014) und dem düsteren "Winter" (2016). Das aktuelle "From Here" stellt die akustische Gitarre ins Zentrum des Bandsounds. Er habe sämtliche zwölf neuen Lieder auf akustischen Gitarren geschrieben, berichtet Sullivan. "Ich habe zwei kleine Tour-Gitarren, billige Teile. Eine liegt in meinem Auto, damit ich im Stau darauf spielen kann. Manchmal fahre ich auf dem Motorway in England, es ist wenig los und ich habe eine gute Idee. Dann probiere ich sie auf der Gitarre aus und steuere mit den Beinen."

Die neuen Lieder haben New Model Army in einem Studio in Norwegen auf der kleinen, von Wind und Wellen umtosten Insel Giske aufgenommen. "Wenn du die Musiker von New Model Army fragst, wo sie am liebsten aufnehmen möchten, werden sie sagen: ‚Irgendwo, wo es kalt, rau, trostlos, weit offen und groß ist.‘ Das ist unsere Landschaft. Ich glaube, diese Rauheit zieht sich durch all unsere Musik."

New Model Army spielen am Sonntag, 27. Oktober, im Hirsch, das Konzert ist ausverkauft.

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