Nordklinikum: Dieser Pfleger sprach mit dem Bundespräsidenten

25.11.2020, 14:56 Uhr
Nordklinikum: Dieser Pfleger sprach mit dem Bundespräsidenten

© Klinikum Nürnberg

Die Familie und Freunde von Rothfuss wollten nach dem Treffen vergangene Woche im Nürnberger Rathaus wissen, wie denn die Unterhaltung mit dem obersten Repräsentanten Deutschlands verlaufen ist. "Ich war zuvor aufgeregt, aber Herr Steinmeier hat es uns wirklich leicht gemacht", erzählt der 49-Jährige, der im Nürnberger Nordklinikum arbeitet. "Er wirkte authentisch, kannte sich wirklich gut aus. Und er ist ein Profi: Jeder Satz von ihm ist druckreif. Aber das bringt sein Beruf wohl so mit sich."

"Kein Show-Termin"

Und es war "kein Show-Termin" für die Öffentlichkeit, so der Eindruck des Intensivpflegers: Die persönlichen Fragen des Bundespräsidenten und seiner Ehefrau an die drei Gäste hätten ehrliches Interesse signalisiert.

Aufwendige Schutzkleidung

Nun geht der ganz normale Arbeitsalltag weiter, für den Intensivpfleger bedeutet das: Schichtbetrieb auf der Abteilung 20/2 der Klinik für Pneumologie, in der insgesamt rund 100 Pflege-Kolleg(inn)en im Einsatz sind. Jeder zieht Schutzkleidung über die normale Arbeitskleidung an: Dazu gehören doppelte Handschuhe, Spritzschutz für die Augen, FFP2-Maske, Haube, längere Kittel. "Ich bin ziemlich vermummt", erklärt er, "nach drei bis vier Stunden ist man vor Anstrengung nass geschwitzt und man braucht eine Pause." Dabei wird die alte durch eine neue Schutzkleidung ersetzt. Täglich zweimal Umziehen ist Standard.

Die Schutzmaßnahmen zeigen Wirkung: Der wöchentliche Corona-Test, dem sich Rothfuss und seine Kolleg(inn)en unterziehen, war bei ihm bislang immer negativ. Seit März liegen ständig Corona-Patienten auf der Intensivstation. Doch auf seiner Abteilung habe sich niemand angesteckt, merkt Rothfuss an: "Das ist schon beachtlich."

"Wir waren geschockt"

Gerade zu Beginn der Pandemie in Deutschland gab es große Ängste und Unsicherheiten, als die schrecklichen Bilder aus Italien von den zahllosen Särgen der Corona-Toten auf den Bildschirmen zu sehen waren. "Da waren wir geschockt", erinnert sich der stellvertretende Stationsleiter, "doch jetzt sind wir klarer und sicherer, weil wir mehr über das Virus wissen". Er ist erstaunt, welche unterschiedlichen Folgen nach einer Corona-Erkrankung auftreten.

Man fragte sich im März bange, ob die Schutzmaßnahmen ausreichen - auch angesichts von Materialknappheit. Zumindest dieses Problem ist in Deutschland längst behoben. Material gibt es genügend, nur gut ausgebildetes Pflegepersonal fehlt.

Stark belastend empfindet Rothfuss, dass Angehörige nicht zu ihren sterbenden Verwandten kommen durften. Gerade in der letzten Lebensphase sei das Bedürfnis nach Nähe bei der Patienten sehr groß. "Es ist wichtig, dass jemand ihre Hand hält, sie unterstützt und ihnen Halt gibt oder ihnen etwas erklärt, wenn sie orientierungslos sind", meint der gebürtige Heilbronner, "doch wir stehen unter Zeitdruck und müssen uns jede freie Minute herausschneiden. Angehörige sind eine große Hilfe." Jetzt dürfen Angehörige von Sterbenden nach Rücksprache mit dem Arzt ins Krankenhaus, für das ansonsten ein weitgehendes Besuchsverbot als Corona-Vorsichtsmaßnahme besteht.

Große Verantwortung

Seit einem Vierteljahrhundert arbeitet Rothfuss in der Krankenpflege. Es ist ein Beruf, der mit sehr viel Verantwortung verbunden ist. Dies werde zu wenig gesehen, bedauert er. Die Öffentlichkeit denke hauptsächlich an Körperpflege und an zu geringe Entscheidungsfreiheit. Die Pflegekraft erfülle nur, was der Arzt anordne, so das gängige Bild. Doch das stimmt nicht, betont der 49-Jährige, gerade Erfahrung spielt in seinem Alltag eine sehr große Rolle. Und die Pfleger(innen) sind schließlich am nächsten am Patienten dran.

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