Gestohlen, vertrocknet und vernachlässigt

Nürnberg: Baumbotanischer Park ist in miserablem Zustand

5.5.2021, 05:55 Uhr
Der Baumbotanische Park am Marienbergparkweiher ist in einem schlechten Zustand. Seit 20 Jahren gibt es diese Anlage, die anlässlich der 950-Jahr-Feier der Stadt errichtet wurde. Der Standort ist allerdings problematisch.

© Alexander Brock, NN Der Baumbotanische Park am Marienbergparkweiher ist in einem schlechten Zustand. Seit 20 Jahren gibt es diese Anlage, die anlässlich der 950-Jahr-Feier der Stadt errichtet wurde. Der Standort ist allerdings problematisch.

Das ist kein Witz, obwohl es sich vielleicht so anhört. Eine Infotafel auf einem Betonpfosten, der im Marienbergpark steht, weist auf einen für diesen Breitengrad eher exotischen Baum hin: die Scheinbuche. Doch so sehr man sich die Augen auch reibt – ein Edelgehölz dieser Art ist hier weit und breit nicht zu sehen. Der Schein trügt also. Einen Steinwurf davon entfernt steht in der Nähe des Marienbergteichs ein weiterer Betonpfosten. Auch hier verweist ein Schild auf einen Baum, der hier stehen soll: ein japanischer Lebkuchenbaum. Im Herbst verströmt der Baum normalerweise einen Duft, der an Zimt und Karamell erinnern soll. In der Nähe der Hinweistafel steht tatsächlich etwas, das einem Jungbaum ähnelt. Doch ob die kümmerliche Pflanze im Herbst tatsächlich Duft verströmt, muss bezweifelt werden.

Die Infotafel ist noch da, die einst von der Wählergemeinschaft Die Guten gepflanzte Scheinbuche aber nicht. Der exotische Baum ist vor Jahren bereits eingegangen.

Die Infotafel ist noch da, die einst von der Wählergemeinschaft Die Guten gepflanzte Scheinbuche aber nicht. Der exotische Baum ist vor Jahren bereits eingegangen. © Alexander Brock, NN

Fraktionen im Stadtrat begrüßten das Projekt

Das wissen nicht viele: Nürnberg hat einen Baumbotanischen Park, die Anlage steht im Marienbergpark. Für andere Kommunen wäre das sicher ein Aushängeschild. Die Stadt Nürnberg bewirbt die Anlage aber nicht – zu Recht. Denn sie ist – anders als die gut gepflegten Hesperidengärten in St. Johannis – in keinem guten Zustand: Viele der Infotafeln sind kaum noch zu lesen, sie sind zerkratzt, verwittert, mit Farbe beschmiert. Ein Betonpfosten ist wohl mutwillig umgestoßen und nie mehr wieder aufgerichtet worden. Viele der Edelhölzer wurden vernachlässigt, einige offenbar gar nicht mehr nachgepflanzt.


Dabei wurde das Projekt „Baumbotanischer Park“ im Umweltausschuss vor mehr als 20 Jahren quer durch die Fraktionen begrüßt. Aus den Reihen der CSU hieß es sogar lobend, dass ein internationaler Park in der Nähe des Flughafens gut passe. Allerdings äußerten kritische Biologen im Ausschuss damals schon Bedenken, dass es die nicht heimischen Gewächse im hiesigen Ökosystem schwer haben würden. Die Idee einer solchen Anlage keimte seinerzeit in der Wählergemeinschaft Die Guten auf. Bereits 1999 warb Guten-Stadtrat Stephan Grosse-Grollmann für das Projekt. Der Baumbotanische Park sollte den Schlusspunkt der 950-Jahr-Feierlichkeiten der Stadt Nürnberg im Jahr 2000 setzen. Die Anlage sollte künftigen Generationen als „Anziehungspunkt, Erholungs- und Vermittlungsort von Wissen im ökologischen Bereich“ dienen.

Vorbild "Ringpark" in Würzburg

Die Guten sowie viele Einzelpersonen und mittelständische Betriebe spendeten damals einen von insgesamt mehr als 30 exotischen Bäumen. Sie entschieden sich für die bereits erwähnte Scheinbuche (Nothofagus antarctica), die an ihrem vorgesehenen Platz schon lange Jahre nicht mehr steht.
Doch eigentlich hatten sich die Guten ursprünglich für einen anderen Standort ausgesprochen, an dem das Bäume-Ensemble wachsen und gedeihen sollte. Sie präferierten den Volkspark Luitpoldhain, hier ließe sich eine solche botanische Anlage nach dem Vorbild des „Ringparks“ in Würzburg am ehesten realisieren. Das städtische Gartenbauamt, das es heute nicht mehr gibt, lehnte den gewünschten Standort ab mit der Begründung, dass es im Marienbergpark mehr Platz gebe.

Nicht der richtige Standort

Die Zuständigkeit innerhalb der Stadtverwaltung wanderte nach der Auflösung des Gartenbauamtes, dessen Emblem auf den kaum leserlichen Infotafeln des Baumparks noch zu erkennen ist, zum Servicebetrieb öffentlicher Raum (Sör). Dort nachgefragt, zeigt man sich heute selbstkritisch. „Dieses Projekt muss man als Misserfolg bezeichnen“, sagt Sör-Sprecher André Winkel. Seit den Erstpflanzungen vor 20 Jahren seien „jede Menge Bäume abgestorben oder gestohlen worden“, berichtet Winkel. „Wir mussten gepflanzte Bäume teilweise bis zu fünf Mal ersetzen.“

Der Marienbergpark sei aber von Anfang an nicht der richtige Standort gewesen. „Zum einen sind es die langen und heißen Sommer, die den Exoten zusetzen. Zum anderen ist der Standort zu trocken.“ In diesem Gelände gebe es ein Grundwasser-Problem, so der Sör-Sprecher. Auf den Teich angesprochen, an dem die Bäume stehen, sagt Winkel: „Das ist ein sogenannter Himmelsteich, der speist sich nur aus Niederschlägen.“ Hinzu komme, dass die alten Drainagen des früheren Flughafen-Rollfeldes im Boden viel Nässe abzögen. Die Bäume haben in der Vergangenheit allerdings auch viel zu wenig Gießwasser bekommen. Laut Winkel soll sich das ändern. „Die verbliebenen Bäume werden weiter gepflegt und in das Gießprogramm einbezogen.“ Und die Infotafeln? „Die verbliebenen Tafeln werden wir entfernen und ersetzen. Die Leute wollen ja wissen, was das für Bäume sind.“

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