Nürnberg: CSU und SPD unterschreiben Kooperationsvertrag

7.5.2020, 20:08 Uhr
Nürnberg: CSU und SPD unterschreiben Kooperationsvertrag

© Foto: Stefan Hippel

Die beiden Parteien, die mit insgesamt 40 Sitzen im Stadtrat eine komfortable Mehrheit stellen, wollen die nächsten sechs Jahre den Klimaschutz voranbringen und sehen dafür einen mit 120 Millionen Euro hinterlegten Klimaschutzfonds vor. Sie setzen auf mehr ÖPNV, mehr Radverkehr und weniger Autos und wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen. Auch der Kita-Ausbau und Investitionen in Schule haben für das Bündnis Priorität.

20 Seiten umfasst der Kooperationsvertrag, den die beiden Fraktionschefs Andreas Krieglstein (CSU) und Thorsten Brehm (SPD) sowie die stellvertretenden Parteivorsitzenden Julia Lehner (CSU) und Nasser Ahmed (SPD) gestern in der Ehrenhalle des Rathauses unterschrieben haben. "Das ist kein weißes Papier, das vor uns liegt", sagte der neue Oberbürgermeister Marcus König (CSU) und spielte damit auf die nunmehr seit 18 Jahren bestehende Zusammenarbeit der beiden Parteien im Nürnberger Rathaus an.

In den Vertrag fließen die Ideen von CSU und SPD aus den Wahlprogrammen ein. Eine Besonderheit ist, dass er während der Corona-Krise entstanden ist. Das heißt, dass die Vorhaben unter Vorbehalt stehen. Investitionen könnten auf den Prüfstand gestellt werden, erklärt Krieglstein weiter. OB König bedauerte noch einmal, "dass wir es nicht geschafft haben, die Grünen einzubinden". Er wolle die Hand aber weiter ausgestreckt lassen.

Wie berichtet, schmissen die Grünen auf den letzten Metern hin, weil sie mit der Personalie Olaf Kuch nicht einverstanden waren. Der Leiter des Einwohneramts und der städtischen Ausländerbehörde, der in Flüchtlingshelferkreisen umstritten ist, soll auf Wunsch der CSU Chef des neuen Direktoriums für Bürgerservice, Digitales und Recht werden.


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Die SPD war von den Grünen dafür kritisiert worden, dass sie diese Entscheidung mitträgt. Vor diesem Hintergrund betonte SPD-Fraktionschef Brehm, dass Nürnberg eine "liberale und weltoffene Stadt ist". Menschen, die hierher geflüchtet seien, "werden hier Unterstützung finden". Im Vertrag der beiden Parteien findet sich der Satz, dass der "wenige Ermessensspielraum" der Kommune bei Entscheidungen im Ausländerrecht im Sinne der Betroffenen genutzt werden soll. Einzelfälle sollen von einem Gremium mit Vertretern von Stadt und Fraktionen beraten werden.

Eigene Schwerpunkte setzen

Insgesamt bleibt es bei einer Kooperation, die den beiden großen Fraktionen im Rathaus die Möglichkeit lässt, auch noch mit jeweils eigenen Themen Schwerpunkte zu setzen. Einvernehmlich müssen sie allerdings beim Haushalt, Steuerfragen, Schulden oder Gebühren agieren. Auch Entscheidungen beim Personalhaushalt und den Referentenwahlen sowie Grundsatzfragen der Stadtentwicklung müssen einvernehmlich getroffen werden. Falls es zu keiner Einigung kommt, soll ein Kooperationsausschuss ran, der aus je fünf Mitgliedern von CSU und SPD besteht. Dieser soll sich künftig auch jeweils vor den Haushaltsberatungen zusammensetzen.

Was sind nun die wichtigsten inhaltlichen Vereinbarungen? In einigen Punkten habe man durchaus heftig gestritten, so SPD-Fraktionschef Brehm. Am Ende verständigten sich SPD und CSU aber darauf, Klimaschutz- und Nachhaltigkeits-Maßnahmen in einem Fonds zu bündeln und diesen mit 120 Millionen Euro für die nächsten sechs Jahre auszustatten. So soll zum Beispiel für jedes Neugeborene ein Baum gepflanzt werden. Der SPD, die nun Juniorpartner ist in dem Bündnis, war es wichtig, ihre eigene Handschrift in dem Vertrag sichtbar zu machen. Aus Sicht von Brehm ist das gelungen. Er sieht in der Kooperationsvereinbarung "ein Bekenntnis zu einer Mobilitätswende". Beide Parteien wollen "mehr Menschen für den Umstieg auf den Nahverkehr gewinnen und für das Radfahren begeistern" sowie den Umweltverbund stärken. Auto- und Lkw-Verkehr sollen reduziert und auf den Hauptverkehrsachsen stärker gebündelt werden.

Autoarme Quartiersplanung

In der Stadtplanung will sich das Bündnis an einer "autoarmen Quartiersplanung" orientieren. Für die Altstadt soll ein Gesamtkonzept entwickelt werden – für mehr Fußgängerzonen und weniger Autoverkehr. Am Ausbau des Frankenschnellwegs halten beide Parteien aber erwartungsgemäß fest. "Wir gehen das an", so CSU-Fraktionschef Krieglstein. Wichtig ist beiden Parteien auch, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. So soll die Stadt zum Beispiel noch mehr Grundstücke selbst kaufen.


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Am Montag konstituiert sich der Stadtrat. Dann wird die bisherige Kulturreferentin Julia Lehner (CSU) von den Fraktionen von CSU und SPD zur Kulturbürgermeisterin gewählt. SPD-Mann Christian Vogel wird sich mit der Rolle des Dritten Bürgermeisters zufriedengeben müssen. Bis auf die Bürgerämter muss er jedoch keine Zuständigkeiten abgeben.

In Sachen Personal behält die SPD das Vorschlagsrecht für das Sozialreferat und das Finanzreferat. Die CSU darf Kandidaten für das Wirtschaftsreferat benennen und für das noch zu besetzende Schul- und Sportreferat. Für das Baureferat dürfen beide Parteien Vorschläge machen. Das Umweltreferat bleibt in grüner Hand.

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