Nürnberg erhält 20 Millionen Euro teures Strafjustizzentrum

20.7.2013, 07:00 Uhr
Nürnberg erhält 20 Millionen Euro teures Strafjustizzentrum

© Stefan Hippel

Wie an diesen wuchtigen Koloss anbauen, der seit den Nürnberger Prozessen mit Geschichte aufgeladen ist wie wenige andere Bauten? Wie sich diesem Respekt gebietenden Palast aus Sandstein planerisch nähern?

Diese heikle Aufgabe hat ein junges Leipziger Architekturbüro gemeistert. Unter 25 Arbeiten haben ZILA Architekten gestern den Wettbewerb mit ihrem langgestreckten, durch schmale, hohe Fenster stark gegliederten Flachbau gewonnen.

Man habe dank der einstimmigen Entscheidung der Jury den optimalen Entwurf für den ersten Bauabschnitt gefunden, freuten sich Innenminister Joachim Herrmann und Finanzminister Markus Söder im Justizpalast unisono.

Es sei Zeit, das bereits 2006 erworbene ehemalige VAG-Betriebsgelände an der Fürther Straße endlich zu nutzen. Die sieben Millionen Euro für diesen ersten Schritt zum Justizzentrum aufzubringen, sei schwer genug gewesen, so Joachim Herrmann. „Ein echter Kraftakt“, so der Minister, „aber damals hatten wir noch keinen Nürnberger Finanzminister.“

Saal 600 bleibt für Öffentlichkeit geöffnet

„Wir wollten keine Einschüchterungsarchitektur“, so beschrieb der künftige Hausherr, OLG-Präsident Peter Küspert, seine Wünsche an den Wettbewerb. Der Neubau neben dem denkmalgeschützten Justizpalast aus dem Jahr 1916 dürfe kein Fremdkörper sein, er brauche einen, seinem Zweck angemessenen, würdevollen Auftritt. Das hätten die jungen Leipziger Architekten geschafft.

Spätestens 2017 soll das neue Strafjustizzentrum die Raumnöte der Nürnberger Justiz zumindest ein wenig lindern; zurzeit sind Teile des Amtsgerichts, die Bewährungshilfe und die Landgerichtsmedizin übers Stadtgebiet verstreut untergebracht.

Mehr als ein Nebeneffekt des 20-Millionen-Projekts zwischen Fürther und Maximilianstraße: Das Herzstück des Memoriums Nürnberger Prozesse, der historische Saal 600 im Ostflügel des Gerichts, muss ab 2017 nicht mehr für Verhandlungen genutzt werden, weil dafür dann im Neubau Platz ist. Der berühmte Gerichtssaal wird dann für Besucher zugänglich bleiben. Allein 2012 gingen in dem größten Raum des Justizpalasts an 117 Tagen große Strafprozesse über die Bühne. Enttäuschten Gästen bleibt also oft nur der Blick von oben durch vier nachträglich eingebaute Fensteröffnungen.

Großzügiges Foyer

Das neue Haus wird barrierefrei und ein Passivhaus sein. Auf 3800 Quadratmetern wird der mit Worzeldorfer Sandstein verkleidete Riegel, der an den offenen Hof im Westen des Justizgebäudes ansetzt, Sitzungssäle, Richterbüros und ein ausnehmend großzügiges Foyer aufnehmen.

Dieses Entree müsse so üppig ausfallen, weil sich im Nordwesten eines fernen Tages ein weit größeres Gebäude anschließen werde, so die Jury-Vorsitzende, die Architektin Gesine Weinmiller aus Berlin. Auch für dieses haben die Leipziger Architekten ein Grundkonzept vorgelegt, ein versetzt um einen Atriumhof gebautes Objekt.

Über eine zweigeschossige Brücke wird dieser zweite Bauabschnitt an seinen Nachbarn andocken, mit geplanten 14.000 Quadratmetern wird er all die verstreuten Dienststellen aufnehmen, die im ersten Bauabschnitt nicht untergekommen sind.

Die Entwürfe des Architektenwettbewerbs sind in der Bibliothek des Justizgebäudes Fürther Straße von Montag bis Freitag, 8.30 bis 15.30 Uhr, zu besichtigen.

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