Nürnberg: Frau ergaunert 87.000 Euro von Familienkasse

12.9.2018, 05:55 Uhr
Eine Frau hat den Staat um rund 87.000 Euro betrogen, indem sie Urkunden gefälscht und dann das Kindergeld eingestrichen hatte.

© Fabian Fuchs (dpa) Eine Frau hat den Staat um rund 87.000 Euro betrogen, indem sie Urkunden gefälscht und dann das Kindergeld eingestrichen hatte.

Die Anklage ist voller Wucht: Von 2011 bis 2015 soll die Frau, die derzeit als Büroangestellte 2000 Euro netto verdient, Landsleuten aus Rumänien ihre Hilfe bei Behördengängen, der Errichtung von Bankkonten und der Beantragung staatlicher Leistungen angeboten haben. Eine lukrative Geschäftsidee, meinte die Staatsanwaltschaft, nur unter dem Strich eine gänzlich illegale. Denn die Dame fälschte jede Menge Unterlagen, um anschließend Kinder- und Erziehungsgeld in die eigene Tasche zu stecken; Mietverträge, ärztliche Bescheinigungen, Anmeldebestätigungen des Einwohneramtes und Werkverträge, bei all diesen Papieren soll sie hemmungslos getrickst haben. Zu Ausbildungszwecken sitzen regelmäßig Rechtsreferendare im Zuschauerraum der Gerichte und diesmal gucken sich alle vielsagend an, als die Anklage vorgetragen wird – zum Nachteil der Familienkasse Bayern Nord erlangte die Frau, die in der Fürther Südstadt zeitweise auch noch eine Kneipe betrieb, 83.673 Euro, die Region Oberbayern überwies 4125 Euro.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Anklage zum Schöffengericht des Amtsgerichts erhoben, ein Indiz, wohin die Reise gehen sollte, reicht schließlich die Strafgewalt des Spruchkörpers bis zu einer Straferwartung von vier Jahren Freiheitsstrafe. Doch kaum vorgetragen, fiel die Anklage wie ein wunderbares Soufflé, das aus dem Ofen genommen wurde, in kurzer Zeit zusammen - offenbar hatte Strafverteidiger Reinhard Debernitz in das Soufflé hineingepikst.

Geständnis gegen Strafrabatt

Die Prozessbeteiligten zogen sich hinter verschlossene Türen zu Rechtsgesprächen zurück - nur knapp eineinhalb Stunden später bekundeten Staatsanwalt Klaus Hellein und Verteidiger Debernitz in ihren Plädoyers Einigkeit über eine bewährungsfähige Freiheitsstrafe. Die Knackpunkte: Die Taten liegen lange zurück, die Ermittlungen hatten zwei Jahre gedauert – und offen ist die Rolle der Zeugen. "Bei einer aufwendigen Beweisaufnahme hätten sich die Zeugen vermutlich nicht erinnert, wie es mit den Anträgen auf Kindergeld gelaufen ist, schließlich wurde das Kindergeld beantragt und zumindest die Geburtsurkunden nicht gefälscht", so die Verteidigung und erinnert an "den 55er".

Hätte das Schöffengericht die Zeugen gehört, hätten sich diese auf Paragraf 55 der Strafprozessordnung berufen können – da ein Zeuge die Wahrheit sagen muss und ein Angeklagter schweigen darf, sieht das Auskunftsverweigerungsrecht vor, dass Zeugen die Auskunft auf solche Fragen verweigern können, deren Beantwortung sie selbst oder direkte Angehörige belasten würde. Im Klartext: Ein Zeuge, der ahnt, selbst wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt werden zu können, darf schweigen. Da die Frau am Ende gestand, waren die Voraussetzungen für eine Vereinbarung unter dem Motto "Geständnis gegen Strafrabatt" geschaffen. Das Schöffengericht verhängt 23 Monate, die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt, die Einziehung des Wertersatzes von 87.000 Euro angeordnet. Das heißt: Sollte die Frau jemals zu Geld kommen, pfändet die Justiz.