Nürnberg gibt eine Million Euro pro Jahr für externe Berater aus

27.6.2019, 05:50 Uhr
Nürnberg gibt eine Million Euro pro Jahr für externe Berater aus

© Günter Distler

Die neue Strategie für den Einzelhandel lässt sich Nürnberg rund 230 000 Euro kosten. Und etwa 110.000 Euro gibt die Kommune für eine neue Kulturstrategie aus. Die Stadträte segnen in nicht-öffentlicher Sitzung eine ganze Reihe von Aufträgen an Externe ab. Das läppert sich: Insgesamt überwies Nürnberg in den letzten fünfeinhalb Jahren rund 5,3 Millionen Euro an Berater.

Das Geld wird für konkrete inhaltliche Beratung ausgegeben, für technische Hilfe, zum Beispiel bei der IT, oder für Organisationsberatung. Dabei geht es um die Struktur einer Behörde, Hierarchien, Arbeitsverteilung und Personalbemessung.

"Im eigenen Saft"

Am meisten Geld gebe sein eigener Bereich aus, sagt Finanzreferent Harald Riedel (SPD) auf Anfrage. Riedel ist seit 2017 als Organisationsreferent auch für Personal, IT und die Struktur der Stadtverwaltung verantwortlich. Um diese zukunftsfähig zu machen, setzt er auch auf Know-how von außen. Ohne Externe geht es seiner Auffassung nach nicht. „Wir brauchen den Blick von außen, um uns zu verändern. Sonst brät man zu sehr im eigenen Saft.“
Beispiel Personalamt: „Die Organisationsstruktur ist in die Jahre gekommen.“ Riedel will das wichtige Amt, in dem noch mit Personalakten aus Paper jongliert wird, modernisieren. Aus eigener Kraft ist das seiner Ansicht nach schon personell nicht zu stemmen. „Das Amt hat Mühe, seinen laufenden Betrieb zu organisieren. Wir hätten gar nicht die Ressourcen.“ Auch deshalb werden Externe eingebunden.
Wer sich umtut im Netz, der findet externe Berater für fast jedes Thema: Kommunen können sich Hilfe holen, wenn sie eine Gebührensatzung für Friedhöfe aufstellen oder die Machbarkeit von Neubau-Projekten untersuchen lassen wollen. Die Kommunen stehen gerade mit Blick auf die Digitalisierung vor einschneidenden Veränderungen – ein großer Markt für Kommunalberater.
Namhafte Unternehmen aus der Branche wie Rödl & Partner, PwC, KPMG, Kienbaum oder die in Nürnberg ansässige ARF Gesellschaft
für Organisationsentwicklung arbeiten für die Stadt. Während sich Rödl & Partner auf Anfrage zugeknöpft geben, antwortet ARF sofort.
Die ARF GmbH ist eine Managementberatung, die sich auf den öffentlichen Dienst spezialisiert hat. Für die Stadt Nürnberg hat das Unternehmen eine neue IT-Strategie und IT-Organisation entwickelt. „Städte wie Nürnberg oder München sind beim Thema Digitalisierung relativ weit. Viele kleinere Kommunen verlassen sich dagegen bei der Digitalisierung darauf, was die eigenen IT-Dienstleister liefern“, sagt Senior-Manager Sebastian Schmidt. Er geht davon aus, dass der Beratungsbedarf von Kommunen weiter steigt.
Die Gründe: die zunehmende Digitalisierung und sich dadurch ändernde Geschäftsprozesse sowie der Fachkräftemangel. Dieser wird verstärkt durch die Tatsache, dass die Wissensträger aus der Babyboomer-Generation demnächst die Rathäuser verlassen und in den Ruhestand gehen.
Bei den städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stößt es allerdings nicht immer auf Begeisterung, wenn die Berater vor der Tür stehen. „Vorbehalte gibt es“, räumt Riedel ein. Aber es sei schon besser geworden. Die Berater hätten sich auch verändert, fährt er fort. „Reinkommen und schnell mal ein paar Hochglanz-Präsentationen auflegen, das funktioniert nicht.“ Die Stadt legt denn auch Wert darauf, dass die Berater nicht nur Konzepte erarbeiten, sondern auch bei der Umsetzung noch dabei sind.

Bislang keinen Rüffel

Teure Berater-Verträge, für die der Steuerzahler aufkommen muss, stehen immer wieder in der Kritik. Zuletzt geriet Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in die Schlagzeilen, weil sich ihr Ministerium eine sündteure Beraterarmee geleistet hatte. Die Bundesregierung hat seit 2006 insgesamt mehr als 1,2 Milliarden Euro für externe Berater gezahlt.
Von solchen Summen ist die Stadt weit, weit entfernt. „Wir agieren wirtschaftlich und vernünftig“, meint Riedel. Die Ausgaben für klassische Berater machten gerade einmal 0,05 Prozent der Gesamtausgaben der Stadt in Höhe von zwei Milliarden Euro aus, rechnet er vor.
Auch aus Sicht des obersten Rechnungsprüfers der Stadt, Amtsleiter Alois Bernschneider, verhält sich die Kommune vernünftig. Man habe zwar keine Schwerpunktprüfung in Sachen Beratungen gemacht, aber die Auftragsvergaben im Blick, sagt er auf Anfrage. Das Ergebnis? Einen Rüffel gab es in den vergangenen
Jahren nicht.

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