Wie passt das zusammen?
Nürnberg: Rekord bei Schulden und Steuereinnahmen
17.11.2021, 05:45 UhrDie Überraschung ist groß: Nach der neuesten Steuerschätzung kann die Stadt Nürnberg in diesem Jahr mit einer Rekordeinnahme bei der Gewerbesteuer rechnen. "Zum ersten Mal liegen wir deutlich über 500 Millionen Euro. Mit rund 460 Millionen Euro habe wir gerechnet. Wahrscheinlich werden wir auch im nächsten Jahr Einnahmen von über 500 Millionen Euro bei der Gewerbesteuer erzielen", freut sich OB Marcus König. Das Stadtoberhaupt befürchtet, dass die Auswirkungen der wirtschaftlichen Talfahrt durch Corona erst ab 2023 richtig deutlich werden. Trotz der Mehreinnahmen wird die Stadt aber bis zu 200 Millionen Euro neue Schulden machen müssen.
1,7 Milliarden Euro Schulden
Derzeit drücken die Stadt 1,7 Milliarden Euro Schulden. Es läuft für die Stadt bei den Einnahmen zwar etwas besser, aber es reicht nicht, um die vielen Investitionen zu stemmen. Noch dazu sind die zusätzlichen Kosten durch Corona erheblich. Hinzu kommen die hohen Ausgaben für Investitionen. Bis 2031 sind 6,8 Milliarden Euro an Investitionsausgaben geplant.
König nennt die Bereiche Klima, Mobilität, Grün, Kultur und die Bildung. "Wir müssen bei jeder Investition überlegen: Können wir uns das leisten?" Bei den neuen Schulden sind die Mehrausgaben durch Corona nur zum Teil berücksichtigt.
92,5 Millionen Euro hat die Stadt 2020 für Pandemieschutzartikel, Test- und Impfzentren, Technik und Personal für die Folgen von Corona ausgegeben. Davon wurden ihr 65 Millionen Euro von Bund und Land ersetzt. Auf 27,5 Millionen Euro blieb die Stadt sitzen. Bei der Rechnung ist nicht berücksichtigt, dass die Nürnberg Messe von der Stadt mit 50 Millionen Euro gestützt wurde und mit 20 Millionen Euro der Flughafen. "Das Geld sollte eigentlich in den nächsten Jahren in die Sanierung der Messehallen gesteckt werden", sagt König. Das Geld ist jetzt weg und die Sanierung muss in den nächsten Jahren trotzdem erfolgen.
1,2 Milliarden Euro steckt die Stadt in den nächsten zehn Jahren in den Klimaschutz, die Energie- und Mobilitätswende. "Die Kommune kann Klimaschutz. Wir sind als Stadt schon sehr weit", ist König überzeugt. Die Stadt wird ihren Fuhrpark sukzessive auf E-Mobilität umstellen. Es wird eine Bausatzung geben, die vorsieht, dass Bauherren bei Neubauten eine begrünte Fassade vorgeschrieben werden kann. Das ist aber eine Kann-Bestimmung.
Es wurde das erste Stück Wald von der Stadt gekauft, das eine großflächige Wiederaufforstung vorsieht. In den über 400 Millionen Euro, die im Rahmen des Mobilitätspakts in die Verkehrswende gesteckt werden, sind die neuen Busse der VAG noch nicht enthalten.
Mehr Tempo nur mit mehr Förderung
Es werden Fahrradwege und Fahrradstraßen gebaut, Lücken geschlossen, neue Fußgängerzonen ausgewiesen. Es könnte aber alles schneller gehen, wenn Bund und Land die Stadt mehr unterstützen würden. "Wir brauchen mehr Geld vom Freistaat und von der Bundesregierung für die Verkehrswende. Mit unserem engen Haushaltsgerüst wird das nicht funktionieren", sagt König.
Wie komplex die Verkehrswende ist, wird am Beispiel des 365-Euro-Ticket deutlich. Der Stadtrat hatte sich im vergangenen Jahr darauf verständigt, dass es 2023 eingeführt werden sollte. In einem kürzlich veröffentlichten Gutachten, das der VGN in Auftrag gegeben hatte, wird aber der schnelle verkehrliche Nutzen angezweifelt. Besser wäre es in einem ersten Schritt das ÖPNV-Angebot zu verbessern, damit möglichst viele Pendler auf den ÖPNV umsteigen.
Neue Bewertung
"Wir werden die Zahlen noch einmal bewerten lassen, welche Folgen es hat, wenn das 365-Euro-Ticket allein in Nürnberg eingeführt wird", sagt König. Der OB möchte die Einführung eines solchen Tickets am liebsten zusammen mit den Nachbarstädten machen, denn es soll vor allem ein Angebot für die Pendler geben. Allerdings kann die Stadt Nürnberg alleine keinen neuen Tarif einführen. "Im VGN herrscht das Einstimmigkeitsprinzip."