Nürnberg: Staatsarchiv bekommt seinen Garten zurück
5.3.2021, 12:42 UhrDas sogenannte Amtsdienerhaus in zweiter Reihe an der Archivstraße ist rund 100 Jahre alt. Das zweigeschossige Häuschen mit Walmdach steht leer, es diente zuletzt nur noch als Reserve-Arbeitsplatz, nachdem 2015 die traditionelle Dienstwohnung für den Hausmeister des Archivs aufgelöst worden war, berichtet Herbert Schott, kommissarischer Leiter des Staatsarchivs. Jetzt im April soll das Sandsteinhaus verschwinden. Es stünde sonst den Umbauplänen auf dem Grundstück im Weg, bestätigt Gabriele Gunzelmann, die als Hochbau-Leiterin im Staatlichen Bauamt Erlangen-Nürnberg die Baumaßnahme betreut. Die Fläche mit dem Hausmeisterhaus werde aufwändig unterkellert, hier entsteht ein unterirdisches Magazin für das Staatsarchiv.
Kein Denkmalschutz
Rechtlich gibt es an diesem Plan, der seit 2018 Beschlusslage des Freistaats ist, nichts auszusetzen. Das Amtsdienerhäuschen war, anders als das Archiv-Ensemble aus der Zeit um 1878, nie denkmalgeschützt. Verschiedenen Unterlagen zufolge wurde es erst zwischen 1913 und 1927 dazugebaut. "Angesichts der Gesamtentwicklung des Grundstücks, die das Archiv für die nächsten Jahrzehnte zukunftssicher macht, muss das Amtsdienerhaus leider abgebrochen werden", sagt Gunzelmann. Bei der Entscheidung, den Standort zu erhalten und die historischen Hauptgebäude technisch zu erneuern, sei das eine unvermeidliche Abwägung gewesen.
Ein Anwohner, der sich verwundert an den Stadtanzeiger wandte, hat für den Abschied vom Hausmeisterhaus trotzdem Kritik übrig. Weniger aus optischen Gründen als aus finanziellen. Schließlich ist das Gebäude erst zwischen 2005 und 2011 renoviert worden, auch wegen Schimmelbefalls. Gesamtkosten laut Staatlichem Bauamt: 95.000 Euro. Ein Abriss sei nun wirklich alles andere als ein wirtschaftliches Vorgehen, findet der Anlieger.
Die Goldene Bulle wird Teil des Unesco-Welterbes
Dass das ganze Ensemble ein Jahrzehnt danach saniert werden würde, war damals allerdings noch Zukunftsmusik. Erst 2014 begannen zwangsweise zügig die ersten Planungen, nachdem eine Untersuchung akute Statikprobleme durch Setzungsrisse im Haupthaus ans Licht gebracht hatte. Aus Sicht des Landesamts für Denkmalpflege bringt der jetzige Entwurf eines Berliner Architekturbüros sogar eine städtebauliche Verbesserung, betont Gabriele Gunzelmann. Der eingefriedete Garten der Entstehungszeit könne – ohne Amtsdienerhaus – wieder hergestellt werden, und eine alte Baumgruppe am östlichen Rand des Grundstücks könne stehen bleiben, weil kein oberirdischer Neubau hinzukommen muss.
Das Staatsarchiv Nürnberg lagert neben prominenten Dokumenten aus der reichsstädtischen Zeit – darunter eine Version der Goldenen Bulle Kaiser Karls IV. – auch Abschriften der Akten aus den NS-Kriegsverbrecherprozessen. Sein ältestes Stück ist eine Urkunde aus dem neunten Jahrhundert. Für die Generalsanierung, die ab 2022 sichtbar laufen soll, sind 55 Millionen Euro veranschlagt. Der Baubeginn verzögerte sich bereits mehrfach; mittlerweile ist die Wiedereröffnung erst für 2026 angesetzt. Die Bestände sind für diese Zeit in andere staatliche Archive in Bayern und ins Archiv der Evangelischen Landeskirche in Wöhrd umgezogen, für die Mitarbeiter gibt es auch Ausweich-Büros in der Nordstadt.
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