Nürnberg: Wohin mit dem Glockenspiel von der City-Point-Fassade?

22.10.2020, 15:23 Uhr
Das Glockenspiel an der Fassade des City-Point sucht ein neues Zuhause.

© Rurik Schnackig Das Glockenspiel an der Fassade des City-Point sucht ein neues Zuhause.

"Da muss man durch, aber ich hör’s scho nimmer", sagt eine Frau, die oft gegen 9 Uhr einen schnellen Espresso beim gegenüberliegenden Bäcker nimmt. Andere bleiben auch schon mal stehen, lauschen, summen leise mit oder richten die Linse ihres Smartphones auf die elf Schalen, aus denen drei Lieder in Folge erklingen. Das Frankenlied "Wohlauf die Luft geht frisch und rein", "Eine kleine Nachtmusik" und zum Nachtisch die erwähnte "Forelle". Musikzeiten sind vier mal am Tag: 9, 12, 16 und 20 Uhr.

Nürnberger fremdelten

Von Anfang an war klar, dass ein neues Glockenspiel in Nürnberg niemals mit dem berühmten Männleinlaufen am Hauptmarkt mithalten kann. Doch es war ein Versuch. Schließlich fremdelten die Nürnberg anfangs arg mit der Fassade des im Jahr 1999 errichteten Einkaufs Centers. Zu glatt, zu steril, hieß es. Der damalige Betreiber, die ECE Projektmanagement, die auch heute noch für das Frankencenter in Langwasser zuständig ist, war auf der Suche, nach etwas Lokalkolirit, damit aus dem neutralen Gebäude noch ein echter Nürnberger wird. Und der damalige Oberbürgermeister Ludwig Scholz träumte von einem Glockenspiel, das die Frankenhymne zum besten gibt.


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80.000 Euro ließ sich das Einkaufscenter damals das Modell eines Münchner Künstlers kosten. Er heißt Gabriel Baumüller und erinnert sich noch gut: "Ich habe vorher noch nie so etwas gemacht", sagt er auf Anfrage. Viel Abstimmung war nötig, mit der Gießerei und jener Firma, die den technischen Part übernahm. Mit fast vier Metern war das Glockenspiel auch für ihn eine große Nummer.

Maly durfte einweihen

Als es mit Tamtam und Gebimmel im Juli 2002 vor über 100 Gästen eingeweiht wurde, war es Oberbürgermeister Ulrich Maly, der die Festworte sprechen durfte. Misstöne gab es deshalb aber nicht. Der frische OB erklärte, dass ein Amtswechsel es manchmal mit sich bringe, Dinge zu ernten, die andere gesät haben. Und der Alt-OB erklärte gut gelaunt, dass es für ihn ein fröhlicher Moment sei.

Im Stadtplanungsausschuss hieß es kürzlich, dass der neue Eigentümer, die Development Partner AG aus Düsseldorf, sich bereit erklärt habe, dieses Glockenspiel abzubauen und es auf dem städtischen Betriebshof in der Donaustraße einlagern zu lassen, bis sich ein neuer Standort gefunden hat. An einem künftigen Neubau soll es jedenfalls nicht wieder angebracht werden.

Für immer eingelagert?

"Viel zu schade zum Einlagern", findet Konrad Schuh, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CSU. "Wenn es erstmal eingemottet ist, dann ist es sicher ganz weg." Die Union will prüfen lassen, welcher alternative Standort in Frage käme.

Ute Scholz würde sich freuen, wenn das Kunstwerk, das ihrem verstorbenen Mann so am Herzen lag, noch einen neuen Platz bekommen würde. "Es muss halt passen", meint sie, "und man muss auf jeden Fall gut prüfen, dass man damit keinem aus dem direkten Umfeld auf die Nerven geht." An ein Heimatministerium, so kann sie sich vorstellen, könnte die Frankenhymne auch gut passen.

Andere Melodien denkbar

Ob es immer die Frankenhymne sein muss? Konrad Schuh zeigt sich flexibel. "Das kann ja auch noch mehr spielen. Man könnte es auf den jeweiligen Anlass abstimmen. Immer wieder etwas anderes. Zur Blauen Nacht, zum Christkindlesmarkt . . ." Karl-Heinz Enderle von den Nürnberger Altstadtfreunden signalisiert Gesprächsbereitschaft, wenn es um die Suche nach einem neuen Standort geht.

Auch der Künstler freut sich, wenn sein Werk nicht in der Kammer verstaubt. Und er würde sich sogar nochmal heran wagen: "Wenn eine andere Form gewünscht ist, weil die jetzige vielleicht in Bezug auf Platz oder Stil nicht passt - ich kann da gern noch etwas ändern."

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