Nürnberger Bürgermeister schickt Glückwünsche in die USA: "Tante Martha" ist 105
Christian Vogel schreibt Ex-Nürnbergerin - Über eine besondere Frau - 27.02.2021 19:15 Uhr
Seit 54 Jahren geht Martha Bachmann durch die Flure des Stanford Hospitals. An Bord ihres Wagens sind Stofftiere, T-Shirts und Kosmetikartikel.
09.03.2017 © Fotos: privat
Einen kleinen Spaziergang durch den sonnendurchfluteten Las Palmas Park unter Palmen an kleinen Seen vorbei - das könnte sich Bürgermeister Christian Vogel jetzt auch gut vorstellen. Denn das würde ihm Blühen, wenn er - wie es Sitte der Stadt Nürnberg ist - zum 105. Geburtstag eines Nürnbergers oder einer Nürnbergerin persönlich seine Glückwünsche überbrächte. Doch Sunnyvale ist weit weg, bis Kalifornien sind es 8000 Kilometer. "Das wird schwierig", sagt Vogel lachend.
Fotos von Klößen
Ihre Nürnberger Wurzeln hat "Tante Martha", wie die Nürnberger Nichte Ute Roth sie liebevoll nennt, nie vergessen. Auch wenn sie ein Kind war, als die Mutter mit ihr 1926 in die USA ausgewandert ist. Die deutsche Sprache beherrscht die Dame noch immer, schreibt handschriftlich und schwungvoll regelmäßig Briefe in die alte Heimat - mit charmantem englischen Einschlag, wenn sie etwa den "eldesten Bruder" oder das "Financeamt" thematisiert.
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Die Nürnberger Nichte sendet im Gegenzug regelmäßig Bilder aus der Noris nach Kalifornien. Vom alten Kanal, an den sich Martha Bachmann gern und gut erinnert. Oder von Braten und Klößen, deren Anblick auf dem Foto der Tante das Wasser im Mund zusammen laufen lässt.
"Pink Lady"
Wäre Corona nicht gewesen - wahrscheinlich würde die 105-jährige Dame noch immer ihrem erfüllenden Job nachgehen. Seit 1963 ist sie eine "Pink Lady" im Stanford Hospital — vergleichbar mit den "Grünen Damen" hierzulande: Helfer im Krankenhausbetrieb. In den Klinikgängen schob Tante Martha noch bis vor kurzem täglich einen Wagen vor sich her, mit T-Shirts, Mützen, Kosmetikartikeln, Stofftieren. Dies alles bringt sie zu Alten, Kranken oder Neugeborenen - immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie wird geschätzt, als Mutmacherin als Person mit schier unerschöpflicher positiver Energie.
Solch ein Engagement bleibt nicht ungewürdigt. 2017 ist sie vom Congress in Washington für ihre außergewöhnliche jahrzehntelange ehrenamtliche Tätigkeit geehrt worden. Und nun hat sich auch Christian Vogel Gedanken gemacht, wie er Tante Martha trotz der Entfernung eine Freude zukommen lassen kann. Für Nürnberg, so teilt er mit, steht sonst in diesem Jahr kein 105. Geburtstag an. Im Terminkalender heuer stehen zwei 106., drei 107. und sogar ein 108. Geburtstag. Martha Bachmann wäre jetzt unter den Top Ten in Nürnberg. Handschriftlich wünscht Vogel ihr alles Gute und Wohlergehen und ermutigt sie, ihrer Geburtsstadt auch weiterhin verbunden zu bleiben.
Genug für ein Buch
Kaum vergeht ein Tag, an dem Ute Roth nicht an ihre Tante in der Ferne denkt. Auch wenn sie sich nicht sehen können - die Verbindung ist seit so vielen Jahren schon da und bleibt bestehen. Manchmal fragt sie sich, wie es wohl für ein zehnjähriges Mädchen war, ein völlig neues Leben auf einem anderen Kontinent zu beginnen. "War der Anfang hier leicht?", fragt Tante Martha sich und schickt die Antwort in ihrer Alltagssprache hinterher: "Far from it." Alles andere als das. Ist sie froh, in den USA zu leben? "Gewiss", schreibt sie - und fügt an: "Es gäbe noch so viel zu erzählen. Vielleicht schreibe ich ein Buch." Wenn es soweit ist, melden wir uns wieder - mit News von Tante Martha.
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Rurik Schnackig Lokales E-Mail
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