Nürnberger Firmen setzen auf Familienfreundlichkeit

13.10.2012, 12:00 Uhr
Nürnberger Firmen setzen auf Familienfreundlichkeit

© dpa

Oliver Kähler ist zufrieden mit seinem Job. Er arbeitet in leitender Funktion bei einem Nürnberger Marktforschungsinstitut und dennoch bleibt ihm genug Zeit für seine beiden Kinder — ohne dabei die Arbeit zu vernachlässigen. Geht nicht? Geht doch!

Seine Chefin legt nämlich großen Wert auf die sogenannte „Corporate Social Responsibility“ (CSR), der sozialen Verantwortung in Unternehmen. Das heißt, sie ermöglicht ihren Mitarbeitern etwa mit flexiblen Arbeitszeiten, Job, Familie und Freizeit unter einen Hut zu bringen — ohne Überstunden zu schieben.

Familienfreundlichkeit ist nur ein Teil von CSR. Konzerne können auch auf bürgerliches Engagement, auf Umweltschutz oder die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen setzen. Das zumindest sind die vier Schwerpunkte des neuen Projekts der Stadt „Nürnberger Unternehmen in sozialer Verantwortung“. Bei einer Talkrunde mit Experten aus Wirtschaft und Politik sowie Gästen von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) wurde das Programm im Rathaus vorgestellt.

Konzept muss zu Firma passen

Soziale Verantwortung zu übernehmen, bedeutet für Betriebe gewinnorientiert und dennoch nachhaltig für Mensch und Umwelt zu handeln. „Wir müssen unseren Kindern und Enkeln ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen.

Das eine ist ohne das andere nicht zu haben“, erklärt Unternehmensberaterin Anne-Kathrin Kirchhof, die im Rahmen des Projekts CSR-Konzepte entwirft. Sie weiß: „Solch ein Modell muss zur Firma, zu den Mitarbeitern und zu den Kunden passen.“ Mit kostenloser Beratung und Workshops versucht die Stadt daher, gemeinsam mit den einzlenen KMU deren Schwerpunkte auszuloten, einen individuellen CSR-Plan zu entwickeln und dessen Umsetzung beratend zu begleiten.

„Wir müssen schauen, was realistisch und umsetzbar ist“, so Projektkoordinator Thorsten Bach. Damit die Pläne „nicht nur halbherzig angegangen werden“, wie Unternehmensberaterin Kirchhof sagt. „Was nützt es, den Betrieb energieeffizienter zu gestalten, wenn der Chef nicht auf sein dickes Auto verzichten kann?“

Den eigenen Wert steigern

In solchen Fällen sollte der Vorgesetzte übrigens offen zu seiner Schwachstelle stehen und einen Ausgleich schaffen, etwa lange Strecken mit dem Zug fahren. „Ehrlichkeit schafft Vertrauen“, meint Kirchhof. Das wiederum führe zu Glaubwürdigkeit nach innen bei den Mitarbeitern und nach außen bei den Kunden — und somit zu Zufriedenheit.

Soziale Verantwortung übernehmen bedeutet aber nicht nur Nachhaltigkeit für Gesellschaft und Umwelt zu schaffen, Konzerne können damit auch ihren Wert steigern. Entweder sie stiften, sponsern oder spenden, oder aber sie ermuntern die Angestellten zu freiwilligem Engagement, etwa in Schulen, Vereinen oder Seniorenheimen. Als Ausgleich bekommen diese freie Tage und die Konzerne polieren ihr Image auf. CSR ist nämlich auch eine Chance, „den Wirtschaftsstandort zu festigen“, so Kirchhof.



Um die eigene Wirtschaftlichkeit zu erhalten, reiche es aber nicht, dass Unternehmen in der Öffentlichkeit gut dastehen, sagt Stephan Doll, DGB-Chef von Mittelfranken. Sie müssten zudem Arbeitsplätze sichern, neue schaffen und faire Löhne zahlen. „Erst dann kann die soziale Verantwortung eingehalten werden.“ Und dafür müssen Arbeitgeber eben investieren. „Langfristig zahlt sich das aus“, so Kirchhof. Agieren sollten Konzerne daher nicht erst, wenn der Fachkräftemangel einsetzt.

Ausgezahlt hat es sich bereits für Oliver Kählers Chefin. Sie kann auf das ganze Engagament des Marktforschers setzen. Egal, ob er im Büro oder zu Hause die Projekte im Beisein seiner Kinder durchgeht.

Mehr Informationen zum Projekt „Nürnberger Unternehmen in sozialer Verantwortung“ bei der Stadt unter (0911) 23110463.
 

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