Nürnberger Innenstadt: Gratisparkplätze werden abgeschafft

4.6.2019, 16:21 Uhr
Nürnberger Innenstadt: Gratisparkplätze werden abgeschafft

© Foto: Roland Fengler

"Jeder darf in die Stadt fahren, aber wenn er dort parken will, dann muss er halt zahlen", erklärt Roman Riedel die Parkraumbewirtschaftung in Wien. Riedel ist Mitarbeiter der Stadtplanung und Stadtentwicklung in der österreichischen Hauptstadt. Bei seinem Vortrag an der TH Nürnberg rechnet er vor, wie sehr parken in Wien ins Geld gehen kann: 332.000 Stellplätze gibt es in den 18 Bezirken, in denen die Parkplätze bewirtschaftet werden – und sie alle werden bewirtschaftet.

1.330.000 Wiener leben in den betroffenen Bezirken – das sind 70 Prozent der Hauptstadtbewohner. 232.000 von ihnen haben ein Parkpickerl und kommen damit vergleichsweise günstig weg. 120 Euro bezahlen sie im Jahr, in einigen Bezirken sind es nur 90 Euro. Dazu kommt eine Bearbeitungsgebühr von jährlich etwa 45 Euro. Ein Anrecht auf einen Parkplatz hat man damit aber nicht. Die Plätze können schließlich auch von allen anderen Autofahrern genutzt werden. Die aber müssen tiefer in die Tasche greifen: 2,10 Euro kostet die Stunde – und man muss schnell umparken. Während in einigen Bezirken maximal drei Stunden lang geparkt werden darf, sind es in anderen nur zwei.

Parkgebühren spielen Millionen in die Kassen

Die Wiener sind stolz auf das Modell, das 1993 eingeführt und im Zwei-Jahres-Abstand stetig erweitert wurde. Ein paar Macken hat es laut Riedel dann aber doch: Die Kurzparkzonen, für die die jeweiligen Parkpickerl gelten, sind recht groß gefasst. In einigen Bezirken nehmen Anwohner daher für kurze Strecken das Auto – sie können es ja ohne weitere Kosten überall abstellen.

Außerdem: Wer nachmittags in einem anderen Bezirk ins Schwimmbad oder zu Verwandten fahren möchte, der kommt mit der Kurzparkregelung zeitlich schnell in Bedrängnis. Riedel sieht auch den Einheitspreis kritisch. 2,10 Euro in der Stunde mögen für Randbezirke sehr teuer sein, in der City ist das ein Schnäppchen. Für Wien lohnt sich die Parkraumbewirtschaftung. Rund 120 Millionen Euro nimmt die Stadt so im Jahr ein. Strafen spülen noch einmal 60 bis 70 Millionen in die Kassen.

Frank Jülich, der oberste Verkehrsplaner in Nürnberg, hat sich den Vortrag freilich nicht entgehen lassen. "Das Parkraummanagement ist eine wichtige Steuerung des Verkehrsplans", sagt er. Ob das Modell auch für Nürnberg denkbar wäre? "In Wien sind 30 Prozent der Menschen motorisiert unterwegs, in Nürnberg sind es 40 Prozent", so Jülich. Wenn jeder Nürnberger täglich im Schnitt drei Wege zurücklegt, macht das rund 1,5 Millionen Wege am Tag. Passieren 40 Prozent davon mit dem Pkw, dann bedeutet das 600.000 Wege mit dem Auto. Bei einem Autoanteil von 30 Prozent wären es nur 450.000, rechnet Jülich vor.

Einfach auf Nürnberg übertragen kann man das – erfolgreiche – Wiener Modell aber nicht. "Es gibt zwei unterschiedliche Prinzipien", erklärt er. Während in Wien seit langem ein Mischprinzip praktiziert wird, das es zahlenden Kurzzeitparkern ermöglicht, auch auf Anwohnerparkplätzen zu stehen, habe man in Nürnberg immer das Trennprinzip verfolgt. Dabei kann ein Stellplatz nur entweder ein Bewohnerparkplatz oder ein gebührenpflichtiger Stellplatz sein.

An einer Stelle kombiniert man das aber künftig mit dem Mischprinzip: in der Innenstadt. Dort gibt es bislang 824 Parkplätze, die nicht für Anwohner reserviert sind und für die man auch kein Ticket lösen muss. Deren Tage sind gezählt. Derzeit laufen die Vorbereitungen dafür, diese Flächen in kostenpflichtige Stellplätze umzuwandeln. Allerdings so, dass Anwohner mit Bewohnerparkausweis ihre Autos darauf abstellen können, ohne dass zusätzliche Kosten für sie anfallen.

Aber: So einfach ist das nicht, teilweise muss neu zoniert werden – sonst muss am Ende noch für drei Parkplätze irgendwo ein Ticketautomat aufgestellt werden. Ab Ende des Jahres sollen die ersten weiteren Flächen aber bereits bewirtschaftet werden. Ob sich das auf an die Innenstadt grenzende Bereiche auswirkt, die Menschen ihre Autos dort gratis abstellen und es zu Verkehrsproblemen kommt, wird man dann auswerten.

Jülich würde sich freuen, wenn künftig weniger Menschen mit ihrem Auto in die Innenstadt fahren würden. "Dafür müssen wir an die Preise des ÖPNV ran", sagt er, "so kann es schließlich nicht weitergehen." Zum Vergleich: In Wien, wo viel weniger Wege mit dem Auto zurückgelegt werden, gibt es eine Jahreskarte für 365 Euro – die gilt rund um die Uhr und für einen viel größeren Bereich als das Stadtgebiet.

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