Nürnberger Kinos im Lockdown: "Fühlen uns als Branche ungerecht behandelt"

29.10.2020, 15:37 Uhr
Das Cinecitta ist wie alle Kinos ab Montag geschlossen. Betreiber Wolfram Weber bedauert, dass es keine andere Lösung gab.

© Mark Johnston Das Cinecitta ist wie alle Kinos ab Montag geschlossen. Betreiber Wolfram Weber bedauert, dass es keine andere Lösung gab.

Natürlich hat der Kinomogul der mit seiner Tochter Laura das Multiplexkino betreibt, Verständnis für den Kampf gegen die Pandemie: "Das Coronavirus muss eingedämmt werden!" Andererseits sagt er: In seinem Kino — und nach seinen Informationen gilt das auch für die Lichtspielhäuser in ganz Deutschland - habe es keinen einzigen Corona-Fall gegeben. "Wir haben uns viel Mühe gegeben, Sicherheit zu gewährleisten. Wir haben ein tolle Hygienekonzept."


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Online-Buchung von Tickets und Snacks, leistungsfähige Lüftungsanlagen, Mund-Nase-Schutz am Sitzplatz, insgesamt weniger Besucher in der Sälen: "Wir haben alles eng mit den Behörden abgestimmt." Weber merkt an: "Hätte uns das Gesundheitsamt wegen einer Corona-Erkrankung angerufen, dann hätte ich auf Knopfdruck eine Kontaktverfolgung ermöglichen können."

Aus diesen Gründen ist er schwer enttäuscht, dass die Kinos nun schließen müssen. Weber gibt zu bedenken: "Mit dem Kinobesuch hätten wir einen Beitrag leisten können, die Pandemie einzudämmen." Er sorgt sich, dass der zweit Lockdown nun illegale und unkontrollierbare Zusammenkünfte - daheim oder im Freien - provoziert.

Seit Mitte Juni hat das Cinecittà insgesamt 120.000 Zuschauer in die Säle gelockt - das ist kein annähernd normaler Wert. Eine Hilfe ist der von der Politik zugesagte finanzielle Ausgleich. Seit Juli erhält das Cinecittà eine monatliche Förderung von 85.000 Euro. "Das gleicht nur im Ansatz den Verlust auf." Dennoch gibt sich Weber optimistisch: "Wir sind nicht existenziell bedroht, wir werden das überstehen." Ein Trostpflaster für Cineasten: Die Trattoria im Cinecittà verkauft an Montag zum Mitnehmen Pizza und kleine Gerichte sowie Nachos und Popcorn fürs Kinogefühl daheim.

Die Entscheidung der Politik trägt Matthias Damm vom Casablanca Filmkunsttheater mit: "Es ist richtig, dass so gehandelt wird." Er gehe jetzt in eine stressige Zeit - das Filmprogramm, wenn es denn im Dezember wieder anläuft, muss nun umgeplant werden. So hätten schon jetzt die ersten Verleiher angefragt, wie und wann denn ihre Filme gezeigt werden: "Das ist ein sehr fragiles System."

"Die Kosten sind erheblich"

Und natürlich sind da noch die Finanzen: Miete, Heizung und Strom sowie die Personalkosten. Auch mit der staatlichen Unterstützung, mit Förderern und Spenden werde es eng: "Die Kosten sind erheblich." Doch er sagt auch: "Hoffentlich dauert der Lockdown nur diese vier Wochen - und wir können dann wieder halbwegs normal weiter leben."

Damm hofft, "dass die Situation die Menschen jetzt nicht zu den Streaming-Angeboten treibt". Das vielfach ausgezeichnete Programmkino hat seine Unterstützer. Nachdem der Lockdown verkündet wurde, stieg im Onlinevorverkauf die Nachfrage für die Vorstellungen am Wochenende. Und er sagt: "Wir gehen mit einem sehr schönen Programm in den Lockdown." Am Sonntag wird der Stummfilm-Klassiker "Der Golem" gezeigt, musikalisch umrahmt von Hildegard Pohl und Yogo Pausch. Und: Es gibt noch Restkarten.

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