Nürnberger Original: Wolfgang Hackl als VAG-Urgestein

4.4.2016, 06:00 Uhr
Wolgang Hackl ist ein echtes Nürnberger Urgestein.

© Michael Matejka Wolgang Hackl ist ein echtes Nürnberger Urgestein.

Wolfgang Hackl löst am Plärrer einen Kollegen ab. Schon um 12.45 Uhr stand er in dem kleinen Wende-Rondell. "Zu spät kommen wäre schlecht. Deswegen warte lieber ich etwas als die Fahrgäste", sagt Hackl. Irgendwo in den hinteren Reihen weint ein Baby, etwas weiter vorne streitet eine Frau am Telefon lautstark mit jemandem am anderen Ende der Leitung. Was andere Leute extrem nerven würde, entlockt Wolfgang Hackl sogar ein Lächeln. "Na ja, geräuschempfindlich darf man in diesem Beruf natürlich nicht sein", sagt er. Das sei er nie gewesen.

Aber selbst wenn er es einmal gewesen wäre, mittlerweile würde den Busfahrer kein schreiendes Baby mehr aus der Ruhe bringen. Und auch keine Frau, die am Telefon ihre Tochter zusammenstaucht. "Nach über 30 Jahren Busfahren bringt einen eigentlich gar nichts mehr aus der Ruhe", sagt Hackl. Der groß gewachsene Mann mit den grauen, immer weniger werdenden Haaren und dem ebenfalls ergrauten Vollbart ist auch gar nicht der Typ Mensch, bei dem man sich überhaupt vorstellen kann, dass er einmal aus der Haut fährt. Wolfgang Hackl ist eher jemand, der gerne mal ein Späßchen macht und immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat.

"Ich kann einfach nicht zu Hause sitzen und nichts machen"

Er hängt seine dunkelblaue VAG-Jacke an den kleinen Haken hinter dem Fahrersitz. "Irgendwas zu beachten?", fragt er seinen Kollegen. Der Verkehr staue sich am Spittlertorgraben etwas, "wie immer", antwortet Hackl. Er muss es wissen. Er müsste sich eigentlich schon lange nicht mehr mit dem Bus durch den Berufsverkehr quälen, sich an Engstellen über unnachgiebige Autofahrer aufregen oder sich gar im Bus von Fahrgästen ärgern lassen. Wolfgang Hackl ist seit Januar 2013 Rentner – eigentlich.

"Ich kann einfach nicht zu Hause sitzen und nichts machen. Busfahren war für mich lange Zeit das Größte und Wichtigste", sagt er. Als er mit dem Fahren anfing, hatte er keine Familie. Keine Frau, keine Kinder, seine Eltern waren kurz hintereinander verstorben. Da war niemand, für den er sorgen musste, wegen dem er seinen Job an den Nagel gehängt hätte, um Karriere zu machen und vielleicht mehr Geld verdienen zu können. "Mir kam es nie auf das Geld an." Neben dem Studium fuhr er bereits hin und wieder Reisebusse. Weil es egal war, ob er tagelang nicht nach Hause kam. "Ich habe gemacht, was mir Spaß bereitet hat", sagt Hackl.

Dazu gehörte das Studium schnell nicht mehr. Hackl wollte doch kein Diplom-Kaufmann werden, er wollte weiter in einem Bus sitzen. Seit 1984 tut er das für die VAG – seit 2013 auf 450-Euro-Basis. Was sich in dieser Zeit verändert hat? Vor allem die Fahrgäste. "Ich hatte noch nie Probleme mit Fahrgästen, das muss ich sagen. Doch früher stiegen Menschen in den Bus ein und wünschten einem einen guten Morgen. Darauf muss man als Busfahrer heute oft verzichten. Aber obwohl sich die Gesellschaft verändert hat, solange ich fahren darf, freue ich mich über jeden Dienst, den ich noch bekomme". Auch dann, wenn es die Linie über den Spittlertorgraben mit vielen Staus, weinenden Babys und schimpfenden Müttern ist.

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