Nürnberger Radambulanz: Hilfe auf drei Rädern

18.10.2020, 05:57 Uhr
Maria Beyer und Krešimir Horvat reparieren mit Hilfe der Radambulanz ein Fahrrad.

© NNZ Maria Beyer und Krešimir Horvat reparieren mit Hilfe der Radambulanz ein Fahrrad.

Es ist eine kleine Oase in der sonst dicht besiedelten Nürnberger Südstadt. Kompostklo, Bauwagen, Outdoor-Küche, Beete und Gewächshäuser - all das tummelt sich auf der "Wiese" zwischen den grünen, roten und gelben Blätter der vielen Bäume. Die Wiese, mitten in Galgenhof-Steinbühl, ist eines der wenigen unbebauten Grundstücke und seit Anfang 2018 das Urban-Gardening-Projekt des Vereins Bluepingu.

Seit August gibt es ein neues Standbein der vielen Freiwilligen, die die Wiese gemeinschaftlich gestalten: Die Radambulanz.Ein umgebautes schwarzes Lastenrad dient dabei als Krankenwagen. Ein Jugendprojekt spendete den Drahtesel auf drei Reifen, Mitglieder von Bluepingu bauten ihn in Eigenarbeit um. Hilfe und Beratung bekamen sie vom Team "Lastenrad für alle", ebenfalls ein Projekt von bluepingu.

Krešimir Horvat ist einer der Fahrradbastler. Gelernt hat er den Umgang mit den Zweirädern in seiner Heimat Kroatien. "Ich bin im Krieg geboren. Da habe ich gelernt, was man ohne viel Geld alles machen kann. Mein Opa hat mir gezeigt, wie man Fahrräder repariert", erzählt er. Jetzt kümmert er sich mit der Radambulanz um die kleinen Wehwehchen. Einen platten Reifen, quietschende Bremsen oder eine streikende Kette behandelt er im Handumdrehen - für größere Krankheiten ist die Radambulanz jedoch nicht ausgestattet.

Kerstin Seeger koordiniert für das Projekt „Die Wiese“ die neue Radambulanz.

Kerstin Seeger koordiniert für das Projekt „Die Wiese“ die neue Radambulanz. © NNZ

Ein Patient ist bereits eingetroffen. Die Bremsen am Fahrrad von Nachbarin Maria Beyer müssen nachgezogen werden. Auf einer Hebebühne montiert Krešimir Horvat das Rad, aus dem Bauch des Lastenrads holt er das geeignete Werkzeug heraus. Finanziert wurden die Materialien von der Sparkasse Nürnberg sowie der "Agenda 21" der Stadt. Horvat zeigt Beyer, wie sie zukünftig ihre Bremsen selbst nachziehen kann, nach wenigen Minuten legt sie gleich selbst Hand an.

Radambulanz als Hilfe zur Selbsthilfe

"Wir wollen zeigen, wie einfach man selbst sein Fahrrad reparieren kann", sagt Kerstin Seeger, Koordinatorin des Projekts. Immer wieder müssen die Räder fit für den Straßenverkehr gemacht werden. "Die Radambulanz soll Hilfe zur Selbsthilfe sein", so Seeger. Noch dazu wollen sie mit dem Reparaturservice den Radverkehr in Nürnberg stärken - seit Jahren ein großes Ziel von Bluepingu.


Auf Zuruf kommt die Radambulanz allerdings nicht vorbei. "Wir können natürlich nicht jeder Person helfen, die unterwegs einen Platten hat", sagt Seeger. Bei Veranstaltungen wie der Critical Mass oder dem Parking Day möchte die mobile Rad-Werkstatt aber vor Ort sein, auch von Vereinen und Organisationen kann das Lastenrad gerufen werden.

Derzeit kümmern sich drei Freiwillige um die Radambulanz, weitere Ehrenamtliche mit Fahrrad-Expertise sind aber immer Willkommen. "Natürlich wollen wir im nächsten Jahr unser Angebot noch ausbauen. Je mehr Helfer wir haben, desto öfter können wir ausrücken", sagt Kerstin Seeger.

Interessierte können sich unter der E-Mail wiese@bluepingu.de bei Kerstin Seeger und ihrem Team melden.

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