Nürnberger Stadtrat: Wird der SPD ein "Hofstaat" finanziert?

5.8.2020, 05:29 Uhr
Nürnberger Stadtrat: Wird der SPD ein

Beim Thema Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Das sieht auch mancher wohlmeinende Nürnberger Stadtrat so: Prompt ist eine Beschlussvorlage über die künftigen Finanzspritzen für die Arbeit der Fraktionen und Ausschussgemeinschaften, die den Finanzausschuss Ende Juli hätte passieren sollen, im Vorfeld durchgefallen.

In einer Runde von Fraktionschefs und Sprechern der Ausschussgemeinschaften hatte sich Kritik vor allem an der Berechnungsgrundlage für die monatlichen Zuwendungen entzündet. Denn nicht nur die aktuellen Wahlergebnisse der Parteien sollen dabei berücksichtigt werden, sondern auch die der vorausgegangenen Legislaturperiode von 2014 bis 2020.

Dieser Modus führt dazu, dass ausgerechnet die von den Wählern heuer arg gerupfte SPD-Fraktion — sie schrumpfte von 31 auf 18 Mitglieder — monatlich mit 17 041 Euro kalkulieren darf; der Wahlsieger CSU hingegen, der nun nicht nur den Oberbürgermeister stellen kann, sondern auch ein Stadtratsmandat hinzubekam (jetzt 22), aber mit 15 429 Euro auskommen muss. Die Grünen, die acht Sitze hinzugewannen und nun 14 Stadträtinnen und Stadträte stellen, werden nach diesem Modell mit 8759 Euro monatlich bedacht.

Der Ausschussgemeinschaft "Bunte AG" aus Vertretern der Linken, Politbande und Piratenpartei stehen demnach 4167 Euro monatlich zu, der zweiten Ausschussgemeinschaft aus Freien Wählern, ÖDP, Linke Liste, FDP und Die Guten 4583 Euro.

Von dem Geld werden im Wesentlichen die Mitarbeiter und Büroleiter bezahlt, denn die Stadt stellt Räume, Mobiliar und technische Ausrüstung wie PC kostenlos zur Verfügung.

Bangen ums Personal

Für Titus Schüller von den Linken ist das Verfahren, wenn es denn angewendet wird, geradezu "skandalös": Es führe dazu, dass die SPD, "die nicht stärkste Fraktion ist", am meisten Geld bekomme. Dass den Sozialdemokraten bis zum Ende der Stadtratsperiode 2026 im Gegenzug jährlich wieder 8000 Euro gekürzt werden sollen, kann Schüller keineswegs besänftigen. Er halte es zwar für nachvollziehbar, dass die Mittel nicht von jetzt auf gleich gestrichen werden, sonst müsse die SPD Beschäftigte umgehend vor die Tür setzen, versichert er. Doch dass man die Stimmenanteile aus der vorherigen Wahl mit berücksichtige, sei "nach außen nicht vermittelbar".

Auch Jürgen Dörfler von den Freien Wählern will das "frei erfundene Modell" nicht mittragen. Es sei einerseits unsozial, wenn die SPD Mitarbeiter sofort "rauswerfen" müsse, findet er. Dörfler fragt aber, ob man sich den "sozialdemokratischen Hofstaat" wirklich leisten wolle und verlangt stattdessen eine "Gleichbehandlung" aller Fraktionen und Ausschussgemeinschaften: Geld müsse nach einem "Basisbetrag pro Kopf" fließen.

Tobias Schmidt, Leiter des Bürgermeisteramtes im Rathaus, verweist darauf, dass in anderen Kommunen Fraktionsmitarbeiter von den Städten bezahlt werden. In Nürnberg habe man sich aber entschieden, für die Fraktionen einen Sockelbetrag von 20 Prozent des bisherigen Zuschussvolumens zu gewähren.

SPD-Fraktionschef Thorsten Brehm erinnert daran, dass von dieser Praxis in der Vergangenheit die anderen Parteien, etwa Grüne und CSU, profitiert haben. Seine Fraktion beschäftigt neben der Geschäftsführung nur drei weitere Kräfte. Doch Brehm räumt ein: "Es gibt Gesprächsbedarf!" So sehen es auch die Grünen, die jedoch die Beschlussvorlage mitgetragen hätten. Denn man müsse der SPD eine gewisse Zeit geben, ihr Personal abzubauen, sagt Fraktionsvorsitzender Achim Mletzko.

Nun soll es im September ein neues Treffen geben. Vielleicht schafft es dann die geänderte Beschlussvorlage sogar bis in den Finanzausschuss.

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