Spielhallen und Wettbüros

"Nürnberger Weg": So will die Stadt Zockerbuden unterbinden

17.6.2021, 18:19 Uhr
So wie hier am Plärrer haben sich viele Spielhallen und Wettbüros in Nürnberg angesiedelt. Der Stadt sind sie ein Dorn im Auge.

© Stefan Hippel, NNZ So wie hier am Plärrer haben sich viele Spielhallen und Wettbüros in Nürnberg angesiedelt. Der Stadt sind sie ein Dorn im Auge.

Spielhallen und Wettbüros scheinen in Nürnberg besonders gute Geschäfte zu machen: Mit 128 ist die Dichte an Zockerbuden nirgendwo in Bayern größer als in der Frankenmetropole. Den Überblick über die Wettannahmestellen droht die Stadt zu verlieren – aktuell sind es 36, die Dunkelziffer ist aber hoch und wächst schnell. Zudem liegen keine bayerischen Vergleichszahlen vor, auch das bayerische Innenministerium hat keine. Das Ordnungsamt kann also nicht einschätzen, ob die Situation in Nürnberg noch vertretbar ist oder schon bald aus dem Ruder läuft.

Doch nun hat Nürnberg einen Weg gefunden, neue Wettbüros und Spielhallen zu verhindern: über die Stellplatzablöse. Grundsätzlich muss nämlich jedes Ladengeschäft, jede Wohnung, jedes Büro eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen nachweisen. Man kann sich jedoch gegen die Bezahlung einer Ablösesumme von dieser Pflicht freikaufen, normalerweise. In Nürnberg ist dies den Betreibern von Wettbüros und Spielhallen nicht möglich. Die Stadt nennt ihre Vorgehensweise stolz den "Nürnberger Weg".

Mit unfairen Mitteln

Es hat sieben Jahre gedauert, bis diese Praxis spruchreif werden konnte. Die Branche der Automatenaufsteller und Wettannahmen gilt nämlich als klagefreudig und spielt nicht selten äußerst unfair. Ihre übliche Masche zeigt sich beispielhaft an der ehemaligen Metzgerei Stübinger am Aufseßplatz.

Nachdem das Traditionsgeschäft schloss, entdeckten entgeisterte Anwohner im Juni 2018 ein Wettbüro in dem Haus. Medien berichteten darüber, erst dann erfuhr Baureferent Daniel Ulrich überhaupt davon. Der Betreiber Impero UG hatte das Verbot der Verwaltung einfach ignoriert, wonach am Aufseßplatz keine Neu-Ansiedlungen aus dieser Branche erlaubt sind. Nürnberg klagte, das Verfahren ging über mehrere Gerichtsinstanzen. Zum Hauptverfahren im Mai 2019 vor dem Verwaltungsgericht in Ansbach erschien die Beklagte einfach nicht.

Auch der Fall, der dem "Nürnberger Weg" zugrunde liegt, verlief ganz ähnlich: Die Betreiberin eines Wettbüros nistete sich illegal in ein leer stehendes Geschäft in der Südstadt ein, Anwohner meldeten die Neueröffnung, die Stadt untersagte der Betreiberin die Nutzung. Diese stellte daraufhin einen Bauantrag, um nachträglich an eine Genehmigung zu kommen. Die Stadt lehnte den Antrag ab – auch, weil es keine Stellplätze gab und sie sich weigerte, eine Stellplatzablöse zuzulassen. Dagegen klagte das Wettbüro, wurde abgewiesen, der Fall kletterte Instanz um Instanz nach oben, selbst ganz an die Spitze, vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, wollte die Klägerin ziehen.

Urteil ist rechtskräftig

Doch auch Leipzig wies die Beschwerde zurück – das war am 22. April 2021, seitdem ist das Urteil rechtskräftig. Aufgeflogen war das Wettbüro schon 2014. "Und in dieser Zeit verdienen die Betreiber ständig Geld", sagt mit einem Seufzen Gerhard Steinmann, Leiter der Bauordnungsbehörde. Seit 2011 führte das Rechtsamt über 90 ähnlich gelagerte Klageverfahren. Derzeit befindet sich Nürnberg in keinem einzigen Rechtsstreit mit Spielhallenbetreibern. Aktuell liegen auch keine Erlaubnisanträge vor. Das wirkt nur auf den ersten Blick erstaunlich zahm. Denn "der Trend geht zu Wettbüros", erklärt Steinmann.

Der Grund: Seit dem 1. Januar 2020 sind private Sportwetten erlaubt. Der Gesetzgeber wollte private Anbieter aus einem rechtlichen Graubereich holen, denn während die Tätigkeiten von Anbietern wie Tipico und Bwin illegal stattfanden, waren zum Beispiel die Wetten des staatlichen Anbieters Oddset legal. Zwar müssen Wettannahmestellen zum Beispiel darauf achten, dass sie mindestens 250 Meter von Schulen und Suchtberatungsstellen entfernt sind, sonst erhalten sie keine Erlaubnis. Nach Auskunft des Ordnungsamtes laufen die langwierigen Erlaubnisverfahren aber immer noch, zuständig ist die Regierung von Mittelfranken.


Nürnberg bleibt Spitzenreiter bei Spielhallen-Dichte.


Demnach bleibt es ein mühseliges Unterfangen, Spielhallen und Wettbüros Einhalt zu gebieten. Auch wenn die Ablehnung einer Stellplatzablöse und das generelle Verbot solcher Neueröffnungen in der Südstadt der Verwaltung Munition geben. Doch letztendlich ist auch die Wettannahmestelle in der ehemaligen Metzgerei Stübinger ein typischer Fall. "Das Verfahren hatten wir schließlich gewonnen", sagt Klaus Stengl vom Rechtsamt der Stadt. "Aber jetzt ist ein neues Wettbüro mit einem neuen Betreiber drin." Die sattsam bekannte Geschichte beginnt wieder von Neuem.

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