Stadtverband wird unabhängig

Nürnbergs Freie Wähler sagen sich von Aiwanger los

4.1.2022, 19:37 Uhr
Austritt aus dem Landesverband: Jürgen Horst Dörfler und der Nürnberger Stadtverband der Freien Wähler machen künftig ihr eigenes Ding. 

© Stefan Hippel, NNZ Austritt aus dem Landesverband: Jürgen Horst Dörfler und der Nürnberger Stadtverband der Freien Wähler machen künftig ihr eigenes Ding. 

"Das Fass ist übergelaufen", sagt Dörfler. Zu viel sei zusammengekommen, er habe keine Lust mehr, sich vor Ort für die Repräsentanten der FW auf Bundes- oder Landesebene entschuldigen zu müssen. Alleine die impfskeptische Haltung des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger habe in Nürnberg rund zehn Austritte zur Folge gehabt.


Zudem setzten die FW-Minister im bayerischen Kabinett keine eigenen Akzente – trotz einer sehr guten, komfortablen Ausgangslage für den kleinen Koalitionspartner; schließlich könnten Ministerpräsident Markus Söder und seine CSU es sich angesichts der aktuellen Umfragewerte nicht leisten, das Bündnis im Jahr vor der Landtagswahl platzen zu lassen – hieraus könnten die drei FW-Minister Kapital schlagen, den "Marktwert hochschrauben", wie Dörfler sagt.

Doch Aiwanger habe nur die Landwirtschaft und nicht die wirtschaftlichen Interessen der Großstädte im Blick, von Umweltminister Thorsten Glauber "kommt nichts", obwohl er für ein so bedeutendes Politikfeld zuständig sei. Den Kultusminister Michael Piazolo hält Dörfler eigentlich für einen "erstklassigen Mann". Doch Piazolo leide sichtlich darunter, dass sein Haus seit Urzeiten in CSU-Hand sei. "Er ist leider eine Marionette des Ministeriums."

Risse waren erkennbar

Dörfler kritisiert auch den Auftritt der FW bei der Bundestagswahl, das Wahlprogramm sei unausgewogen gewesen. Damals im Sommer waren die Risse zwischen den bayerischen FW und den Nürnbergern schon offenbar geworden, als Dörfler im Wahlkreis Nürnberg-Nord eine Erststimmenkampagne für den CSU-Kandidaten Sebastian Brehm initiierte – der Landesverband hielt am eigenen FW-Kandidaten fest.

Nachteile befürchtet Dörfler durch den Austritt nicht; im Gegenteil, man habe mehr Freiräume für die Arbeit vor Ort und müsse auch für Bundes- und Landtagswahlen keine Plakate mehr kleben. Dort seien Großstadt-Kandidaten der FW ohnehin immer nur auf aussichtslosen Listenrängen platziert worden.

Bei der Kommunalwahl wieder dabei

81 Prozent der knapp 50 Mitglieder hätten für den Austritt gestimmt, sagt Dörfler. Der Stadtverbandschef wird die Wählervereinigung gemeinsam mit Alexander Damm weiter im Stadtrat vertreten, wo die FW zwei Sitze haben. Auch zur nächsten Kommunalwahl 2026 will man wieder antreten. Dann ohne Überbau.

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