OB-Kandidat Brehm will Nürnberg grüner machen

19.4.2019, 05:37 Uhr
Narzissen auf der Hallerwiese: Wenn es nach Thorsten Brehm geht, sollen noch einmal 300.000 Blumenzwiebeln in der Stadt gesetzt werden. Dann ist die Million voll.

Narzissen auf der Hallerwiese: Wenn es nach Thorsten Brehm geht, sollen noch einmal 300.000 Blumenzwiebeln in der Stadt gesetzt werden. Dann ist die Million voll.

OB Ulrich Maly hat erklärt, dass er nicht mehr antritt. Nicht einmal eine Woche später verkünden Sie, dass Sie ins Rennen gehen wollen. Warum diese Eile?

Brehm: Wir wollten schnell Klarheit und Orientierung stiften, wer für eine Kandidatur zur Verfügung steht und wer sich nicht bereiterklärt, 2020 ins Rennen zu gehen. Wir glauben, es war die richtige Entscheidung. Eine Hängepartie bis zum SPD-Nominierungsparteitag am 16. Mai wäre nicht gut gewesen.

Es ist nicht bei allen Genossen auf Begeisterung gestoßen, dass ein kleiner Kreis im stillen Kämmerlein verabredet hat, wer antreten soll. Vor allem SPD-Frauen reagierten verärgert.

Brehm: Anja Prölß-Kammerer, die Fraktionsvorsitzende, und ich haben gemeinsam den Auftrag vom Parteivorstand bekommen, eine SPD-Liste für die Kommunalwahl aufzustellen. Dazu zählt auch der Platz eins. Wir haben dazu intern viele Gespräche geführt. Daraufhin habe ich meine Bereitschaft zur Kandidatur erklärt. Andere haben das für sich ausgeschlossen, darunter auch die Frauen in den Spitzenpositionen bei uns. Aber es bleibt natürlich jedem Mitglied offen, bis zur Nominierung am 16. Mai noch seinen Hut in den Ring zu werfen.

Mussten Sie lange überlegen, ob Sie antreten?

Brehm: Ich habe einige Wochen überlegt. Das ist keine Entscheidung, die man über Nacht trifft. Das war ein Reifeprozess. Die entscheidende Frage ist: Traut man es sich zu, an und mit dem Amt zu wachsen? Niemand wird als Oberbürgermeister geboren. Ich habe diese Frage für mich mit Ja beantwortet und stürze mich jetzt in den Wahlkampf.

Die CSU will eine Frau prominent im Wahlkampf platzieren. Der SPD gelingt das offensichtlich nicht. Warum eigentlich nicht?

Brehm: An der Spitze der SPD-Fraktion steht eine Frau, wir haben im Rathaus mehr Stadträtinnen als Stadträte, die zu Recht sehr selbstbewusst auftreten und im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen werden. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass eine Frau die Nachfolge von Sozialreferent Reiner Prölß antritt.

Sie wollen einige Schwerpunkte etwas anders setzen als OB Maly – zum Beispiel bei den Themen Umwelt und Verkehr. Was wollen Sie konkret?

Brehm: Das neue Jahrzehnt 2020 bringt neue Herausforderungen mit sich, an vorderster Stelle steht natürlich der Umgang mit dem Klimawandel. Wir müssen das Zusammenleben in der Stadt nachhaltiger und grüner gestalten. Wir sind eine wachsende Stadt, deshalb brauchen wir mehr Grünflächen und mehr Straßenbäume. Das sind Dinge, die ich noch intensiver bearbeiten möchte und in die ich noch mehr Mittel stecken will.

Und in Sachen Verkehr? Die Stadt erstickt ja langsam darin.

Brehm: Nürnberg ist in den letzten zehn Jahren um 40. 000 Menschen gewachsen, das ist die Größenordnung einer Stadt wie Schwabach. Wenn jede Neubürgerin und jeder Neubürger ein eigenes Auto mitbringt, haben wir alle ein Problem. Es führt kein Weg daran vorbei, die öffentlichen Verkehrsmittel und die Radverkehrsinfrastruktur massiv auszubauen. Für Letztere werden wir in diesem Jahr so viel Geld ausgeben wie nie. Das wird auch in den nächsten Jahren so bleiben. Ein Thema, das mich in diesem Kontext umtreibt, ist die Preisspirale bei der VAG, die wir dringend durchbrechen müssen.

Bislang rückt der Freistaat das versprochene Geld nicht heraus.

Brehm: So ist es. Die Staatsregierung hat dem Münchner Verkehrsverbund einen Scheck über 35 Millionen Euro ausgestellt, wir sind bisher leer ausgegangen. Deswegen ist unsere klare Forderung: Wir wollen das Geld auch für die Region Nürnberg haben, um damit die Preise einzufrieren.

Gehört zu einer zukunftsweisenden Verkehrspolitik nicht auch, sich vom Ausbau des Frankenschnellwegs zu verabschieden?

Brehm: Die verkehrliche und städtebauliche Situation am Frankenschnellweg ist eine Zumutung für alle Beteiligten. Wir hatten einen langen Beteiligungs- und Diskussionsprozess in der Stadt. Das Ergebnis liegt auf dem Tisch. Ich bin optimistisch, dass es der Stadt gelingt, sich außergerichtlich mit dem Bund Naturschutz und dem Privatkläger zu einigen. Die Hängepartie jetzt tut keinem gut. Ich sage aber auch, dass man den Ausbau des Frankenschnellwegs mit dem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel flankieren muss. Es muss darum gehen, die Menschen für Busse und Bahnen zu gewinnen.

Maly gilt als Verfechter eines großen Bündnisses aus SPD und CSU. Sind Sie offener gegenüber den Grünen?

Brehm: Wir werden 2020 sehen, mit welchen Mehrheiten sich die SPD-Punkte am ehesten umsetzen lassen. Wir haben im Nürnberger Rathaus eine besondere Kultur der Zusammenarbeit entwickelt, die mir wichtig ist. Ich würde mir wünschen, dass wir das konstruktive Miteinander, in dem es keine klassische Regierung und Opposition gibt, bewahren. Das ist eine Stärke von Nürnberg. Damit kommt man auch leichter durch schwierige Zeiten.

Mit welchen Themen wollen Sie noch im Wahlkampf punkten?

Brehm: Neben der Frage von Nachhaltigkeit und Ökologie wird es vor allem auch der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Stadt sein. Wir sind gewachsen, wir haben viel Zuzug aus dem Ausland, die Stadtgesellschaft wandelt sich. Das ist nicht immer konfliktfrei, aber es kann funktionieren, wenn Integration gelingt. Das ist ein zentrales Thema. Darüber hinaus müssen wir uns um die kümmern, denen es nicht so gut geht, die Grundsicherung beziehen, die ihre Kinder alleine erziehen und die eine kleine Rente bekommen. Mir ist wichtig, diese Menschen in den Blick zu rücken und ihnen Angebote zur gesellschaftlichen Teilhabe in der Stadt zu machen. Darüber hinaus müssen wir vor allem allen Kindern die gleichen Startchancen eröffnen und weiter in die Kinderbetreuung und auch in die Schulen investieren.

Sie sind 34 Jahre alt, also ein rekordverdächtig junger Kandidat. Braucht man den Leichtsinn der Jugend, um sich eine Kandidatur nach Maly anzutun — und das in Zeiten, in denen die SPD auf keinen grünen Zweig kommt in Bayern?

Brehm: Meine Partei hat bewusst auf einen Generationswechsel gesetzt und mich auch deswegen gebeten, meinen Hut in den Ring zu werfen. Ich glaube, dass in Sachen Alter aber nur ein Punkt entscheidend ist: dass man als OB Politik für alle Generationen macht und Jung und Alt zusammenbringen kann. Das habe ich in den letzten elf Jahren Stadtratsarbeit immer wieder unter Beweis gestellt: Ich bin zu Jugendversammlungen genauso wie zu Senioren-Nachmittagen gegangen und glaube, dass das Alter im Wahlkampf keine große Rolle spielen wird.

Bei der CSU schien anfangs alles auf den ebenfalls jungen Kandidaten Marcus König hinauszulaufen. Jetzt gibt es dort Überlegungen, vielleicht doch auf Michael Frieser zu setzen, damit nicht zwei junge Männer gegeneinander antreten. Wer wäre Ihnen lieber, König oder Frieser?

Brehm: Politik ist für mich ein Wettbewerb um die besten Ideen. Ich habe nicht vor, mich am CSU-Kollegen abzuarbeiten. Ich nehme es, wie es kommt (lacht).

 Sie sind viel auf Facebook unterwegs und haben gleich nach der Bekanntgabe Ihrer Kandidatur ein Video von sich gepostet, das daheim an Ihrem Esstisch aufgenommen wurde. Ist ein Wahlkampf ohne Social Media mittlerweile undenkbar?

Brehm: Die neuen Kanäle eröffnen einem die Möglichkeit, mit einer Generation in den Dialog zu treten, die man mit den klassischen Medien wie Zeitung nicht mehr erreicht. Man bekommt unheimlich schnell Feedback, das ist toll und das ist mir wichtig. Aber entscheidend ist das persönliche Gespräch, dass man rausgeht und zuhört. Man wird im Internet keinen Wahlkampf gewinnen.

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