OB Maly fordert: "Gebt mehr Straßen Frauennamen!"

6.11.2019, 05:55 Uhr
Eine der seltenen Umbenennungen: In den 90er Jahren wurde aus der Treitschke- die Steuerwald-Landmann-Straße. Auf den Antisemiten folgte die Frauenrechtlerin.

© Foto: Michael Matejka Eine der seltenen Umbenennungen: In den 90er Jahren wurde aus der Treitschke- die Steuerwald-Landmann-Straße. Auf den Antisemiten folgte die Frauenrechtlerin.

96 Straßen tragen einen weiblichen Namen, 1126 einen männlichen. "Straßennamen sind ein Spiegelbild der Vergangenheit, an die sich eine Stadtgesellschaft erinnern will", sagt Historikerin Nadja Bennewitz. Es sei entlarvend, wie männerzentriert und konservativ sich das Geschichtsbild in den Straßen Nürnbergs zeige. Doch es kommt Bewegung in das Thema - wenn auch nur zaghaft.

 

 

Welchen Namen eine Straße in Nürnberg erhält, entscheiden die Stadträtinnen und Stadträte im Verkehrsausschuss. Die Fraktionen können selber Namensgeber vorschlagen, das kann aber auch jeder andere tun, der in Nürnberg wohnt. Das Amt für Geoinformation und Bodenordnung sammelt die Ideen, stimmt sich mit dem Stadtarchiv ab und unterbreitet dem Ausschuss schließlich Vorschläge. Dort hätten die Fraktionen in der Vergangenheit also jede Chance gehabt, darauf zu drängen, dass Straßen häufiger nach verdienten Frauen benannt werden. Haben sie aber nicht.

Gerade mal 33 Nürnberger Straßen sind nach einer historischen Frau benannt, Stand 2018. Die meisten tragen einfach weibliche Vornamen, in Schweinau zum Beispiel Idastraße oder Olgastraße. "Das reicht nicht", sagt Oberbürgermeister Ulrich Maly. Ihm sei das Thema wichtig. Es müssten - "als Zeichen und Ausdruck von Gleichberechtigung" - künftig deutlich mehr Frauen bei Straßenbenennungen zum Zug kommen. Es fehle ja auch nicht an spannenden Frauen, "nur an Straßen". Umbenennungen lehnt Maly ab, diese verärgerten nur die Anwohner. "Dieses Prinzip habe ich von meinen Vorgängern geerbt."

Zwischen 2014 und 2018 wurden fünf Straßen nach Frauen benannt und zwölf nach Männern. Dem Amt für Geoinformation und Bodenordnung lag 2018 eine Vorschlagsliste vor, auf der 45 männliche und sieben weibliche Namen standen. "Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, haben wir vielleicht 2325 einen Ausgleich erreicht, aber so viele neue Straßen kann die Stadt gar nicht bauen", sagt Nadja Bennewitz. Sie hat im Auftrag des städtischen Frauenbüros eine Liste mit 50 historischen Frauen erstellt. Diese liegt bei Bereichsleiter Bernhard Schmidpeter vom Amt für Geoinformation und Bodenordnung. Er verspricht, dass die Liste künftig zu Rate gezogen wird. "Wir versuchen, mehr Straßen nach Frauen zu benennen, aber es werden auch immer noch Männer drankommen."

Im Herbst 2018 kam Bewegung in die Debatte. SPD, CSU und Grüne kritisierten in Anträgen an den Verkehrsausschuss den Frauenmangel bei Nürnbergs Straßen. "Um herausragende Leistungen berühmter Frauen zu würdigen, empfehlen wir bei der Benennung von Straßen verstärkt Nürnbergerinnen und Frauen, die sich für unsere Region verdient gemacht haben, zu berücksichtigen", schrieb die CSU und schlug die Unternehmerin Henriette Schmidt-Burkhardt vor.

Die SPD schrieb, es gebe "seit vielen Jahren in der Stadt die berechtigte Forderung, mehr Straßen und Plätze nach Frauen zu benennen". Die Stadt solle abwechselnd Männer und Frauen berücksichtigen. Die Grünen baten zu prüfen, ob Straßenzüge eines Neubaugebiets nach prominenten Frauen benannt werden können.

"Die Fraktionen haben sich standesgemäß im Ausschuss empört", kommentiert OB Maly die vorangegangene Tatenlosigkeit der Parteien. "Wir brauchen aber keine Grundsatzdebatte, lasst uns einfach mehr Straßen nach Frauen benennen." 2019 sind zu den 33 Straßen mit historischen Frauennamen sechs hinzu gekommen. Am Kohlenhof wurden zwei Straßen nach den Mathematikerinnen Emmy Noether und Sophie Germain benannt. "Beide passen zu der wissenschaftlichen Nutzung des Geländes", so Schmidpeter.

In Kornburg leihen drei Frauen aus dem Wohlfahrtsbereich ihren Namen: Elise Hopf, Babette Müller und Käte Reichert. Außerdem gibt es dem CSU-Vorschlag folgend eine Schmidt-Burkhardt-Straße. Im Neubaugebiet an der Brunecker Straße möchten Stadtrat und Verwaltung mit Straßennamen an NS-Widerstandskämpfer erinnern. Bislang sind sechs Personen angedacht - darunter eine Frau: Kuni Schwab. Die Nürnbergerin wurde 1933 inhaftiert, weil sie an der Zeitung "Blätter der sozialistischen Freiheitsaktion" mitarbeitete. Bennewitz hat auf ihrer Liste viele weitere NS-Widerstandkämpferinnen, "es ist kein Problem, mehr Namensgeberinnen als eine zu finden."

Verwandte Themen


11 Kommentare