Opa Klaus zieht Schlaufe um Schlaufe in die Frauendomäne ein

9.6.2012, 10:13 Uhr
Opa Klaus zieht Schlaufe um Schlaufe in die Frauendomäne ein

© Roland Fengler

Das klingt ja in der Tat einfach. Dann schiebt er jedoch erklärend hinterher, dass einmal Umschläge gemacht würden, die dann hinterher wieder fallen gelassen würden. Doch nicht so einfach!

Aber bitte nicht noch mehr Erklärungen. Und überhaupt. Eigentlich sitzen wir ja auch nicht hier, um übers Stricken zu fachsimpeln. Das wäre ohnehin eine sehr einseitige Sache. Wir sitzen hier, weil Klaus Peters neben Strickdetails auch noch etwas ganz anderes erklären kann: Nämlich wie das so ist als strickender Mann unter Frauen. Denn Klaus Peters ist der Neuzugang beim in Fürth ansässigen Unternehmen „MyOma“. Und damit der erste Opa unter sehr vielen strickenden älteren Damen. Das Verkaufskonzept: Die Omas und der Opa schwingen zu Hause die Stricknadeln, junge Leute kaufen modische Strickwaren, die sie übers Internet bestellen können.

So ging man jetzt nicht nur mit einer neuen Kollektion online, sondern vermeldet auch, dass nun „Opa Klaus, der sein Leben lang schon strickt und häkelt“, sein „Coming-out“ bei „MyOma“ feiert. Und weiter heißt es, dass Opa Klaus heute selbstbewusst sage: „Früher musste mich immer meine Frau ins Wollgeschäft begleiten, damit es so aussah, als ob die Wolle für sie wäre, aber mittlerweile habe ich kein Problem mehr damit.“

„Ja“, sagt Klaus Peters, „so war das. Allerdings hat meine Frau dann immer gesagt: Das strickt nämlich mein Mann.“ Und das habe früher tatsächlich immer sehr großes Erstaunen bei den Verkäuferinnen ausgelöst. Doch offenbar haben sich die Zeiten gründlich geändert. In den Schulen dürfen die Jungen handarbeiten und die Mädchen in den Werkunterricht. Heutzutage wird Klaus Peters im Wollladen überhaupt nicht mehr als Besonderheit behandelt.

Ähnlich erging es dem 74-jährigen Nürnberger kürzlich, als er mit gemischten Gefühlen zu einem Treffen der „Omas“ fuhr, weil er nicht wusste, ob diese seine Anwesenheit als „Einbruch in ihre Domäne empfinden“ würden. Die Befürchtung war jedoch unbegründet, stellte er erleichtert fest. Die Frauen hätten nicht einmal überrascht reagiert, man habe sich einfach nur fachlich ausgetauscht.

Über die Modelle zum Beispiel, die sie für „MyOma“ stricken. Er habe ein Heft „mit vielen schönen, neuen Ideen“ erhalten, erzählt Klaus Peters. Die Wolle, die man zum Stricken bekomme, sei so fantastisch, „das macht die reine Freude“. Jetzt habe er zwei Beutel voll verschieden farbiger Wolle. Damit stricke er „interessante Muster genau nach Anleitung“. Erklärend fügt er hinzu: „So was habe ich früher nie gemacht.“ Da habe er alles selbst aufgezeichnet und ausgemessen. So habe er für seine Kinder und seine Frau gestrickt. Aber: „Sie ist die Einzige, die meine Sachen immer angezogen hat.“

Seit kurzem strickt er nun im Auftrag von „MyOma“ - und hat umso mehr Grund, so richtig loszulegen. „Das ist fast wie eine Sucht“, sagt er. Vor allem vor dem Fernseher greift er zur Stricknadel, „sonst schlafe ich ein“ – da unterscheidet ihn nichts von den Frauen. Gelernt hat er das Stricken schon als Kind von seiner Mutter. Die strickte im Nachkriegsdeutschland für andere, um so die Familie durchzubringen, und er unterstützte sie. Seine Geschwister wiederum konnten dieser Tätigkeit nichts abgewinnen. Ihn hingegen verließ die Woll-Lust nie mehr.

Trotzdem: Wenn Klaus Peters sich heute mit seinen Bekannten trifft, reden sie nie groß übers Stricken. Die anderen wissen zwar von seinem bestrickenden Hobby und der eine oder andere habe schon zugegeben, dass er sich früher auch schon mal daran versucht habe. Aber ein anderes Thema beschäftigt sie viel mehr: das Kochen. Denn auch das ist längst keine reine Frauendomäne mehr.
 

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