Ordnungsamt klagt über immer mehr illegale Wettbüros in Nürnberg

9.5.2019, 05:57 Uhr
Wo einmal die Metzgerei Stübinger war, wird nun gezockt: Für den Aufseßplatz ist das keine gute Nachricht. "Das ist für den Standort nicht gut", sagt denn auch Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU). Doch die Handhabe fehlt.

© Foto: Eduard Weigert Wo einmal die Metzgerei Stübinger war, wird nun gezockt: Für den Aufseßplatz ist das keine gute Nachricht. "Das ist für den Standort nicht gut", sagt denn auch Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU). Doch die Handhabe fehlt.

Der Stadtrat beschäftigte sich im Rechts- und Wirtschaftsausschuss mit dem Thema Wettbüros, und das nicht zum ersten Mal. Dieses Mal wollte die SPD-Stadtratsfraktion wissen, wie sich die Zahl der Wettbüros entwickelt hat. Schließlich habe es in Bayern im Jahr 2010 noch keine offiziellen Wettbüros gegeben, heißt es im Antrag der Fraktion. Doch das habe sich seitdem drastisch geändert. Schon 2017 seien bayernweit 414 Wettbüros gezählt worden.

Von dieser Entwicklung blieb Nürnberg nicht verschont. Dem Ordnungsamt sind derzeit 29 Wettbüros bekannt. "Aber es gibt jede Menge unbekannte, wir machen keinen Hehl daraus", sagte Robert Pollack, Vizechef der Behörde. Weil die Inhaber ihren Betrieb oft ohne Genehmigung eröffneten, würden die Wettbüros meist nur zufällig entdeckt.

"Rechtliche Grauzone"

Das Glücksspielrecht bietet laut Verwaltung nach wie vor keine echte Handhabe. Es gebe vielmehr eine "rechtliche Grauzone", wie es im Bericht für die Stadträte heißt. Zwar haben zwölf Wettbüros von der Stadt sogenannte Duldungsbescheide erhalten, weil sie sich an einem Konzessionsverfahren beteiligt haben und sich zum Beispiel in Sachen Jugendschutz an bestimmte Mindestanforderungen halten. Diese sind in den Leitlinien der Länder zum Glücksspielwesen formuliert. Die übrigen Zockerbuden hat die Stadt an die Regierung von Mittelfranken gemeldet.


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Mehr ist allerdings nicht passiert. Der Grund: Untersagungen beinhalteten laut Verwaltung große finanzielle und juristische Risiken. Die Stadt fürchtet, vor Gericht den Kürzeren zu ziehen, zumal sich Betreiber von Sportwettbüros in der Vergangenheit als sehr klagefreudig erwiesen hätten.

Die Situation dürfte sich weiter zuspitzen. Ab 2020 soll ein neuer Glücksspielstaatsvertrag gelten. Robert Pollack befürchtet, dass die Zahl der Wettannahmestellen dadurch weiter steigen wird.

"Politikversagen auf breiter Ebene"

Das einzige Instrument gegen Wettbüros ist laut Verwaltung aktuell das Baurecht. Wettbüros werden als Vergnügungsstätten betrachtet, die zum Beispiel in Wohngebieten nicht zulässig sind. Aber auch hier sind die Inhaber erfinderisch. Sie gestalten ihre Wettbüros wie einen Laden oder vergleichbar einer Lotto-Toto-Annahmestelle und sind damit raus aus der Vergnügungsstättenverordnung.


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Seit 2011 wurden 30 Bauanträge für Wettbüros eingereicht, nur vier wurden genehmigt. Fast gegen jeden negativen Bescheid ist geklagt worden. Andere eröffnen ihren Betrieb einfach illegal und stellen gar keinen Antrag bei der Bauverwaltung.

SPD-Fraktion und Grüne ärgern sich darüber, dass die Stadt nicht mehr tun kann. "Es ist frustrierend und ein Politikversagen auf breiter Ebene", so Ulrich Blaschke (SPD). Wettbüros schadeten der Stadt, Anwohner störten sich daran, die Büros zögen Viertel herunter und dafür "zwielichtige Gestalten" an. Auch Britta Walthelm (Grüne) ärgert sich, dass die Glücksspielbranche ihre Interessen auf der oberen politischen Ebene durchsetzen konnte.

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