Ostern daheim: So erleben Nürnberger Familien die Feiertage

13.4.2020, 15:11 Uhr
Über Ostern bleiben die Bolsingers zu Hause: Dafür musizieren Magdalena an der Gitarre, Mutter Nicole, Tobias, Sarah, Vater Harald und Jonathan am Flügel gemeinsam.

© Stefan Hippel Über Ostern bleiben die Bolsingers zu Hause: Dafür musizieren Magdalena an der Gitarre, Mutter Nicole, Tobias, Sarah, Vater Harald und Jonathan am Flügel gemeinsam.

Gesungen wird trotzdem. Trotz Corona. Trotz Ausgangsbeschränkungen. Obwohl Familie Bolsinger nicht wie sonst am Karfreitag in der Kirchenband in Mögeldorf spielen, Mama Nicole nicht im Chor von St. Karl Borromäus mitsingen kann. Dieses Ostern ist vieles anders – bis auf die Musik.

Immerhin sind die Bolsingers ihre eigene Band. Papa Harald ist Drummer, die Kinder Jonathan und Tobias spielen Klavier, Madgalena Gitarre und Sarah Klarinette. Am Ostersonntag spielen sie zusammen in ihrem Wohnzimmer, Nicole Bolsinger singt dazu Kirchenlieder. Das Lobpreisen gehört für die christliche Familie an Ostern einfach dazu.

Osternester werden sonst bei Oma gesucht

Wie der Osternacht-Gottesdienst, den sie sonst gemeinsam besuchen. Aber nicht in Nürnberg, wo Harald und Nicole seit 23 Jahren leben. Sondern eigentlich in Aalen, bei Oma und Opa. Dort kommt die ganze Familie an den Feiertagen zusammen – nur nicht in diesem Jahr. "Wir mussten uns dieses Ostern wirklich umstellen", sagt Nicole Bolsinger. Zum Beispiel bei der Osternester-Suche.


Bootstour und Partys: Corona-Verstöße auch an Ostern


Die Großeltern haben einen riesigen Garten, größer als ihrer in Mögeldorf. Da sei das Verstecken schon eine Herausforderung. "Und außerdem musste ich kochen", lacht Bolsinger. Also hat sich die Familie heuer selbst ein Menü für den Ostersonntag ausgedacht. Mit Erfolg: Für die Festtagssuppe, die Lende im Pestomantel und das Erdbeertiramisu helfen alle zusammen.

Viele Bräuche und Traditionen aber bleiben heuer auf der Strecke, wie die Konzerte in der Gemeinde, für die sich die Familie so engagiert. In die Kirche gehen die Sechs am Karfreitag dennoch kurz – auch ohne Gottesdienst. "Um zu beten." Sicher auch für die Gesundheit der Teile der Familie, die sie dieses Ostern nicht sehen, Oma, Opa und deren andere Kinder und Enkel.

XXL-Familie mit fast 30 Verwandten

Auch Karin Müllers Familie ist XXL. Nicht wegen der Kleidergröße, sondern wegen der Anzahl an Personen. Zweimal im Jahr treffen sich die 66-Jährige und ihre drei Geschwister zusammen mit allen Kindern und Enkeln. 30 Omas, Opas, Brüder, Schwestern, Cousins und Cousinen feiern Weihnachten zusammen in Nürnberg – und Ostern eigentlich in der Nähe von Amberg. Aber das riesige Buffet fällt in diesem Jahr ebenso aus wie der gemeinsame Spaziergang.

Stattdessen ist Karin Müller zu Hause, sitzt im Garten, geht Gassi mit ihren beiden Hunden. Oder sie ist an ihrem Handy, "das ich jetzt schon tagsüber statt nachts aufladen muss", erzählt sie. "Familie XXL" heißt die WhatsApp-Gruppe, in der Geschwister und Anhang Ostergrüße und viele Bilder austauschen. Auf denen kann sie sehen, wie die Tochter ihres Patenkinds ihr Osternest findet. Sogar ihr Festnetz-Telefon hat sie reaktiviert, "das benutze ich wieder viel mehr, zum Beispiel, um mit meinen Freundinnen in Kontakt zu bleiben".



Ihre eigenen Enkelkinder sieht sie regelmäßig – auf Videos aus deren Garten. "Das tut richtig gut", sagt die 66-Jährige. Denn gerade an den Feiertagen fällt ihr die coronabedingte Isolation mitunter schwer. Das traditionelle Karfreitagsmenü bei ihrem Sohn ist ausgefallen. Zumindest in seiner eigentlichen Form. "Ich habe es in Tupperware geliefert bekommen und mir dann daheim schön angerichtet", lacht die Rentnerin. Weil der Sohn sich auch um die gemeinsamen Hunde kümmert, hat er ihr das Essen vorbeigebracht.

Auch Nicole Bolsinger hat Oma, Opa und Bruder gesehen – per Sykpe. "Mit 13 Leuten, das war auch lustig", sagt sie. Dasselbe war es nicht. Auch wenn sie am Ostermontag lange ausschlafen darf und von ihren Kindern mit einem Brunch überrascht wird, wandern ihre Gedanken am Osterwochenende mehrmals zur Familie in Schwaben. "Ich habe daran gedacht, was wir jetzt gemacht hätten und wie schön, dass gewesen wäre."

Endlich Zeit für "Die Siedler von Nürnberg"

Daheim nutzt die Familie die Zeit, um auch alte Spiele mal wieder auszupacken, "Die Siedler von Nürnberg" beispielsweise. "Das dauert ja eineinhalb bis zwei Stunden, dafür hat man jetzt Zeit." Fit halten sich die Kinder im eigenen Wohnzimmer – mit Workout. Die 19-jährige Magdalena turnt ihren Geschwistern vor, während die Eltern lieber Joggen gehen. "Sofern das möglich ist, soviel wie rund um den Wöhrder See los ist." Wenn nicht, wird eben das Wohnzimmer zum Parkett. Weil sie ihre Tanzschule im Moment nicht besuchen können, tanzen sie zu Hause. Das Tanzstudio Schlegl in Nürnberg hat extra einen Online-Tanzkurs zur Verfügung gestellt "mit Figuren für kleine Räume".

Auch Stephan Müller hat auf die Corona-Krise reagiert. Der Pfarrer hat in Langwasser online Gottesdienste gehalten. 90 Geräte haben sich zum Beispiel am Gründonnerstag eingewählt, "vor den Bildschirmen saßen dann oft mehrere Menschen", erklärt Müller. Die haben nicht nur zugehört, sondern auch mitgemacht. "Einige haben von daheim Fürbitten gelesen, dann haben wir alle zusammen gesungen." Die Musik liefert der Organist der Kirche – ebenfalls von daheim. Die Texte und Noten bekommen die Gottesdienst-Teilnehmer auf dem Bildschirm eingeblendet.

Als "sehr berührend" hat der Pfarrer den Gottesdienst empfunden. Er ist auch ohne die üblichen Veranstaltungen über die Osterfeiertage viel beschäftigt. Am Ostersonntag haben den ganzen Tag Gemeindemitglieder das Osterlicht in der Kirche besucht und sich den Segen abgeholt – oder selbst daran Kerzen entzündet und mit nach Hause genommen. Es soll den Menschen Zuversicht geben.

Die holt sich auch Karin Müller bei einem Gottesdienst im Fernseher und einem Gebet. Ihr fehlt vor allem die körperliche Nähe, ihre Kinder und Enkel in die Arme zu schließen. Auch wenn sie schon darauf konditioniert ist, Abstand zu halten: "Wenn ich einen Film schaue und die Menschen dort nah aufeinandersitzen, denke ich schon immer: Was machen die denn?", lacht die 66-Jährige.


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