"Parents for Future" auch in Nürnberg

26.6.2019, 08:00 Uhr

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Auf die Achtziger folgten für die Psychotherapeutin politisch eher unbewegte Zeiten, doch jetzt geht die Mutter von zwei Kindern mit "Parents for Future" wieder auf die Straße.

Frau von Hanffstengel, erst demonstrierten die Schüler jeden Freitag für eine andere Klimapolitik, dann schlossen sich mit "Parents for Future" bundesweit die Eltern an. Was ist Ihre Motivation?

Ulrike von Hanffstengel: "Parents for Future" gründete sich bundesweit, um Schüler zu unterstützen, die wegen der freitäglichen Streiks Probleme mit der Schule bekamen. Aber wir Eltern möchten auch etwas gegen den Klimawandel tun. Die Schüler haben etwas Großes ins Rollen gebracht und wir Erwachsenen springen da drauf. Wobei das eigene Schuldgefühl eine große Rolle spielt: Wir wissen seit langem, dass die Klimapolitik unseren Planeten zerstört, aber wir haben uns ins Private zurückgezogen und das Problem unseren Kindern überlassen.

Während Sie sich engagieren, machen Ihre Kinder bei "Fridays for Future" nicht mit. Wie ist das für Sie?

Von Hanffstengel: Meine Tochter Lisa ist 19 und hat Abitur gemacht. Ihr sind große Veranstaltungen zu laut, deshalb geht sie nicht zu den Streiks. Aber sie war es, die im letzten Sommer, als es so heiß war, zu mir sagte, dass dieser Planet vor die Hunde geht, das aber doch nicht sein dürfe. Das hat mich aufgewühlt. Lisa ist Vegetarierin, fährt alles mit dem Rad und kauft kaum neue Sachen. Auf ihre Weise ist sie also sehr politisch. Mein Sohn Leonhard ist 15 und das ziemliche Gegenteil. Er gibt sich eher konservativ, das ist seine Art, seine Rolle in der Familie zu finden.

Worin sehen Sie als Teil der "Parents for Future"-Bewegung Ihre Aufgabe?

Von Hanffstengel: Zunächst mal unterstützen wir die Schüler. Wir fahren Musikanlagen zu den Demos, organisieren, was kurzfristig gebraucht wird, und sind als Ordner bei den Streiks dabei. Diese Hilfe nehmen die Fridays dankend an. Darüber hinaus diskutieren wir bei den Nürnberger Parents, inwieweit wir "nur" ein Unterstützerteam für die Schüler sind und inwieweit wir eigene Aktionen machen wollen. Immer in Abstimmung mit den Schülern, die im Prinzip ein Vetorecht haben.

Warum ist die Abgrenzung zu den Schülern so schwierig?

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Von Hanffstengel: Wir wollen als Erwachsene die "Fridays for Future" nicht vereinnahmen. Wir nehmen auch gemeinsam an Aktionen anderer Veranstalter teil, etwa der DGB-Demo am 1. Mai. Uns ist es wichtig, unter Erwachsenen über Klimaschutz aufzuklären. Wir sind mit Greenpace, BluePingu und vielen anderen Teil des Bündnisses "Nürnberg for Future". Inspiriert durch die Schüler, sind wir in den sozialen Netzwerken sehr aktiv und geben Videos, Veranstaltungstipps und Petitionen an andere Erwachsene weiter. Die "Parents for Future" Deutschland haben eine Bundestags-Petition für ein Klimaschutzgesetz gestartet und über 70 000 Unterschriften gesammelt.

Wie groß ist die Nürnberger Gruppe?

Von Hanffstengel: In unserer WhatsApp-Gruppe sind wir 57, aktiv sind zehn bis 15 Eltern. Während die Schüler einen unglaublichen Schwung haben und sich kurzfristig supergut absprechen, ist unsere Kommunikation komplizierter. Wir Erwachsenen hinken ziemlich hinterher. Es ist aber sehr inspirierend zu sehen, wie die Jungen einfach machen. Zugleich ist es ein Spagat – einerseits sind die Schüler uns gegenüber sehr höflich und benehmen sich wie Kinder, andererseits sind sie die Hauptpersonen. Die Frage ist, wie wir als Eltern unsere Rolle finden.

Neun Eltern aus Nürnberg sind am letzten Wochenende mit 68 Schülern zu den Großdemos nach Aachen und Garzweiler gefahren. Wie war die Stimmung im Bus?

Von Hanffstengel: Die Stimmung war richtig gut. Es war ein bisschen so, als würde man Jugendliche zu einem Sportwettkampf begleiten. Nur haben sie alles selbst organisiert. Wir Parents sind richtig stolz auf "unsere" Fridays. Während der Demos waren wir Erwachsenen als Ordner eingeteilt, was bei der Kundgebung am Rande des Braunkohletagebaus in Garzweiler eine ziemliche Schufterei war, weil die Demonstrierenden nicht an die Abbruchkante laufen durften. Hinterher hatten wir das Gefühl, etwas Sinnvolles getan zu haben. Jeder, der demonstriert, zählt.

Haben Sie sich mit anderen Eltern ausgetauscht?

Von Hanffstengel: In Aachen haben wir uns mit "Parents for Future"-Aktiven aus anderen Städten getroffen. Wir Nürnberger waren dort übrigens die zahlenmäßig größte Ortsgruppe. Alle Parents sind auf der Suchen nach ihrer eigenen Rolle. Einige fragen sich, wie sich in ihrer Stadt die "Fridays for Future"-Bewegung weiterentwickelt, nachdem viele der Schüler Abitur gemacht haben. Einige erzählten, dass ihr Kontakt zu den Schülern schwierig ist, wieder andere kommen gut klar.

Wie hat der Einsatz für das Klima Sie selber verändert?

Von Hanffstengel: Ich kaufe nicht mehr so selbstverständlich Fleisch wie früher und ich benutze den Trockner nicht mehr. Man verändert seine Einstellung, wenn man ständig mit den Themen Klima und Umweltverschmutzung konfrontiert wird. Das hat etwas mit Gruppendruck zu tun und ist gut so.

Das nächste Treffen der "Parents for Future" findet am Sonntag, 30. Juni, um 16 Uhr im Jugendhaus Arche, Kötztinger Straße 88 in Nürnberg, statt.

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