Pfefferspray und Elektroschocker: Nürnberger rüsten massiv auf

16.1.2016, 06:00 Uhr
Die Zahl der Anträge für den kleinen Waffenschein in Nürnberg steigt. Mit dem Dokument dürfen die Inhaber Schreckschuss- oder Gaspistolen bei sich führen, aber nur in äußersten Notfällen einsetzen.

© dpa Die Zahl der Anträge für den kleinen Waffenschein in Nürnberg steigt. Mit dem Dokument dürfen die Inhaber Schreckschuss- oder Gaspistolen bei sich führen, aber nur in äußersten Notfällen einsetzen.

„Hier ist Land unter“, stöhnt Cornelia Gräbner von Waffen Chesi in der Südstadt. „Wir verwalten den Notstand.“ Gräbner ist schon lange im Geschäft, etwas Ähnliches habe sie noch nie erlebt, sagt die 52-Jährige. „Die Leute haben einfach Angst.“

Dementsprechend groß ist bei ihr die Nachfrage nach Mitteln zur Selbstverteidigung. Vor allem Pfefferspray, eigentlich zur Abwehr von Tieren gedacht, wandert in der Südstadt über den Ladentisch, außerdem verkaufen Gräbner und ihre Mitarbeiter deutlich mehr Elektroschocker als sonst. Für beides braucht man keine Genehmigung. Anders bei Gaspistolen, die mit Knallpatronen oder Reizgas gefüllt werden können. Sie kann zwar jeder kaufen. „Will man sie führen, braucht man jedoch einen Kleinen Waffenschein“, betont Gräbner.

Die Polizei sieht den Trend jedoch kritisch. Die Mittel könnten auch gegen einen selber eingesetzt werden, betont Polizeisprecherin Elke Schönwald, und heftigere Reaktionen des Gegenübers provozieren. Sie warnt vor allem vor den „täuschend echt aussehenden“ Schreckschusspistolen. Zudem sei die Frage, ob man in einer gefährlichen Situation überhaupt schnell genug an Spraydose und Co. herankäme, ergänzt Heike Krämer, Beauftragte für Frauen und Kinder im Polizeipräsidium Mittelfranken. „Man ist ja normalerweise aufgeregt und verliert vielleicht noch wertvolle Zeit, während man in der Handtasche kramt.“

"Licht, Lärm, Leute" statt Waffen

Krämer hat deshalb andere Tipps für Frauen (und Männer), die sich bedroht fühlen, und bringt die aus ihrer Sicht richtige Strategie auf einen kurzen Nenner: „Licht, Lärm, Leute.“ Selbstbewusst aufzutreten, gezielt Passanten um Hilfe zu bitten („Sie da mit der roten Jacke“), den Täter mit kurzen, lauten Sätzen in die Schranken zu weisen oder einen Schrillalarm auszulösen - das empfiehlt Krämer in heiklen Situationen. Und besser als das Pfefferspray in der Handtasche sei ein griffbereites Handy, um im Notfall schnell Hilfe zu rufen.

Dennoch scheinen sich viele mit einer Schusswaffe sicherer zu fühlen - auch wenn es nur eine Schreckschuss- oder Gaspistole ist. Seit den Vorfällen in Köln stehen Menschen im Ordnungsamt Schlange, um den Kleinen Waffenschein dafür zu beantragen. Seitdem steigt die Zahl an Anträgen rasant an.

Bis Freitag lagen den Sachbearbeitern 130 neue Anträge vor. „Im vergangenen Jahr haben wir insgesamt 161 Erlaubnisse für den Kleinen Waffenschein ausgestellt“, berichtet Katrin Kurr, Leiterin der städtischen Ordnungsamtes. Mit den Neuanträgen müsse zwar, wie üblich, auch Zuverlässigkeit und persönliche Eignung der Interessenten geprüft werden, doch schon jetzt lasse sich laut Kurr sagen, der Trend gehe hin zur stärkeren Bewaffnung.

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