Pflegeeltern für junge Flüchtlinge dringend gesucht

8.10.2014, 05:56 Uhr
Pflegeeltern für junge Flüchtlinge dringend gesucht

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„Der Druck ist sehr groß“, sagt Lisa Schröder, die bei den Rummelsberger Diensten für die Arbeit mit minderjährigen Flüchtlingen zuständig ist. Die insgesamt 50 Plätze im AugustMeier-Heim und in Eibach sind komplett belegt, 50 Heranwachsende warten auf einen Platz. Drei weitere Gruppen sollen in Kürze öffnen, „um dem Ansturm zu begegnen“, wie Schröder betont.

Derzeit muss das zuständige Jugendamt improvisieren. 18 junge Flüchtlinge schlafen im Festsaal des städtischen Kinder- und Jugendheimes in der Reutersbrunnenstraße, 21 weitere sind auf dem selben Gelände in den Räumen des Kinder- und Jugendnotdienstes untergebracht, der ohnehin oft ausgebucht ist. „Das ist jetzt eine weitere Belastung“, sagt Claudia Amm, Abteilungsleiterin beim Allgemeinen Sozialdienst im Jugendamt.

Zusätzliche Mitarbeiter des Vereins Schlupfwinkel unterstützen das Personal, auch das Jugendamt will für Entlastung sorgen, sagt Amm. Seit August habe sich die Lage verändert, „wir haben einen massiven Zuwachs“.

Gingen Schätzungen vor kurzem noch davon aus, dass in diesem Jahr 1500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Bayern kommen würden, liegen die Prognosen jetzt schon bei 3000. Viele kommen aus Afghanistan, aus Eritrea, Syrien oder dem Irak. Mit der Arbeit der Clearingstellen ist es nicht getan, auch die Suche nach dauerhaften Unterkünften sei schwierig, so Amm.

Projekt soll keine Notlösung sein

Gemeinsam mit den Rummelsberger Diensten geht das Jugendamt deshalb jetzt neue Wege und sucht Pflegeeltern, die bereit sind, ein Flüchtlingskind aufzunehmen. Erste Anfragen habe es bereits gegeben, sagt Christine Hofmann von der Fachstelle Vollzeitpflege im Jugendamt. Das Projekt solle auch keine Notlösung sein. „Wir gehen davon aus, dass das familiäre Umfeld den Jugendlichen guttut.“

Am 9. Oktober wollen die beteiligten Einrichtungen, zu denen auch das SOS-Kinderdorf und der Sozialdienst katholischer Frauen gehören, interessierten Familien ihre Kampagne vorstellen.

Gute Erfahrungen mit dem Konzept gebe es in Bremen, so Klaus Hartmann von den Rummelsberger Diensten. „Sonst ist der Ansatz relativ neu.“ Die Pflegeeltern sollen speziell geschult werden, damit sie der schwierigen Aufgabe auch wirklich gewachsen sind.

Neben der sprachlichen Barriere könnten auch die oft traumatischen Erfahrungen der Flüchtlinge zum Problem werden, sagt Hofmann. Hinzu kommt die Residenzpflicht. Reisen ins Ausland sind mit dem jungen Schützling nicht möglich, selbst Fahrten innerhalb Deutschlands müssen laut Hofmann genehmigt werden.

„Das ist schon eine Herausforderung, aber hoffentlich auch eine sehr schöne Aufgabe.“ Viele der Flüchtlinge seien sehr motiviert, hier ihren Weg zu machen. Für ihren Aufwand bekommen die Familien ein Pflegegeld, bei Kindern ab zwölf liegt es derzeit bei 939 Euro pro Monat.

Darüber hinaus sollen auch zusätzliche Wohngruppen entstehen. Einige seien bereits konkret in der Planung, sagt Hartmann. Und das sei dringend notwendig. „Wir platzen aus allen Nähten.“

Für interessierte Familien findet am 9. Oktober sowie am 27. November, jeweils um 20 Uhr, im Rädda Barnen, Hirsvogelstraße 9, ein Infoabend statt.

Auch das Kreisjugendamt Neustadt/Aisch-Bad Windsheim sucht dringend nach Pflegeeltern für unbegleitete Flüchtlingskinder.

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