Pilot kritisiert Ryanair nach Nürnberg-Aus: "War einfach abartig"

4.12.2019, 15:57 Uhr
Pilot kritisiert Ryanair nach Nürnberg-Aus:

© Roland Fengler

Das Ende kündigte sich am Montag durch eine kurze Mail an die Crew an. Darin stand lediglich die Aufforderung, dass sich alle - ob nun im Urlaub oder nicht - am Dienstag um 11 Uhr im Crew-Raum in Nürnberg einzufinden hätten. "Inhaltlich stand da nichts drin", sagt Frank K. (Name geändert). Dennoch habe er sofort geahnt, was los ist, erzählt er. Er behielt recht: Nachdem seine Kollegen in Hamburg im Oktober die Hiobsbotschaft erhalten hatten, dass Ryanair dort seine Basis schließen wird, hat es nun auch Frank K. und seine Kollegen in Nürnberg erwischt.

Betroffen sind 100 Beschäftigte des Kabinenpersonals und 20 Piloten — darunter auch Frank K. Mitgeteilt wurde den Beschäftigten die Entscheidung schließlich in getrennten Sitzungen für das Cockpit- und das Kabinen-Personal. Dabei versuchten die Piloten noch zu retten, was zu retten war. "Wir haben dem regionalen Base-Manager eine Teilzeit-Lösung angeboten. Allerdings ohne jeden Erfolg", sagt er.

Der Pilot findet deutliche Worte

Seinen Kolleginnen aus der Kabine, die bei einer Leiharbeiterfirma angestellt seien, sei es nicht besser ergangen. "Die sind alle heulend aus ihrer Sitzung gekommen", wie er erzählt. Eine halbe Stunde später hätten manche Kollegen wieder auf die Maschine gemusst und dabei so tun müssen, als ob nichts wäre. "Es war einfach abartig. Ganz zu schweigen davon, was das für die Sicherheit an Bord bedeutet", so K. weiter.


Kommentar: Scheitern von Ryanair ist selbst verschuldet


Er findet deutliche Worte, auch deshalb wird hier weder sein Alter, noch sein Name genannt. K. ist Familienvater, will nichts riskieren. Denn noch hat er seine Stelle ja, wie er sagt.

"Ausschließlich an Expansion orientiert"

Das Ende der Nürnberger Basis sowie auch der in Stockholm Skavsta begründete Ryanair gestern auf Anfrage unserer Redaktion mit dem knappen Hinweis auf "Lieferverzögerungen“ der Maschinen des Typs B737 MAX. Daher reduziere sich das geplante Fahrgastaufkommen, weshalb man sich von Stützpunkten verabschieden müsse, hieß es. Auch Frank K. kennt das Problem mit den MAX-Maschinen, sieht aber den Grund für die Schließung darin, dass manche Strecken zu wenig Gewinn brächten, so auch Nürnberg. "Andere Gesellschaften subventionieren das quer über andere Strecken. Ryanair ist aber ausschließlich an Expansion orientiert", so K. Also würde man nur an den sehr lukrativen Strecken festhalten — sehr zum Nachteil des Verbrauchers und eben nun auch für ihn und seine Kollegen.

Aber das passe auch zu der Unternehmensführung, die K. als "eiskalt“ bezeichne. Er spricht von fehlender sozialer Kompetenz und fehlenden sozialen Komponenten. Andere Arbeitgeber seien anders, wie er weiß. Er ist selbst für eine andere Gesellschaft geflogen und war dann bei Ryanair gelandet. Der Markt sei wegen des Billig-Segments schwierig geworden. Inzwischen sei es als Pilot nicht mehr so leicht, unterzukommen. "Also macht man Zugeständnisse und schluckt vieles“, wie er sagt. "Den Urlaub bekommen wir zugeteilt. Meinen Jahresurlaub musste ich im Winter nehmen“, sagt er. Einsprüche seien in der Regel zwecklos. Die Liste ist lang, die er aufzählt: Die Kolleginnen aus der Kabine müssten vor allem ihre Lose verkaufen. "Wenn das nicht läuft, werden sie zum Gespräch gebeten und dann vor der ganzen Mannschaft zur Rede gestellt.“

"Sitzen teilweise zehn Stunden im Cockpit"

Das Personal bekomme auch nicht einmal einen Mitarbeiterrabatt beim Essen und Trinken an Bord gewährt. "Wir sitzen teilweise zehn Stunden im Cockpit und müssen dann die teuren Getränke an Bord kaufen, da es an manchen Flughäfen nicht erlaubt ist, Getränke mit an Bord zu nehmen", so K.

Frank K. hat keine Ahnung, wie es weitergehen soll. "Ich sehe mich um“, sagt er. Aber vor Weihnachten sei es schwierig. Eine Kündigung hat er nicht erhalten. "Ryanair entlässt nicht, sondern löst Verträge auf. Uns ist klar gemacht worden, dass in Deutschland nichts geht und wir nur die Wahl zwischen Fès oder Marrakesch haben. Aber was soll ich denn da mit meiner Familie?“

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