Pionierarbeit für ein erfolgreiches Bildungswesen

25.11.2015, 19:38 Uhr
Pionierarbeit für ein erfolgreiches Bildungswesen

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Das Interesse ist enorm. 1500 Menschen sind am 20. November 1965 zu der Tagung in die Meistersingerhalle gekommen. Anlass ist die Gründung des Pädagogischen Instituts. „Akzente der künftigen Bildung“, lautet das Motto der Konferenz. Hauptreferent ist der Gründungsvater des PI, der damalige Schul- und Kulturreferent Hermann Glaser, der selbst zehn Jahre lang an einem städtischen Gymnasium unterrichtet hat. In dieser Zeit, so schreibt er in der Jubiläumsfestschrift zum 50. Bestehen, „wuchs bei mir der Unmut über die Mängel des Bildungswesens“.

Glaser steht mit seinem Reformwillen nicht alleine da, er findet Kolleginnen und Kollegen, die an seiner Seite kämpfen. Mit dem Pädagogischen Institut schaffen sie das erste seiner Art in Bayern. „Wir als Träger eines kommunalen Schulwesens hielten es für unsere Pflicht, auch Verantwortung für die Qualifizierung der Lehrerinnen und Lehrer zu übernehmen. Schließlich ging es uns auch darum, einen Beitrag zur dringend nötigen Revision der Stoffpläne und Lehrmethoden zu leisten“, so Glaser.

Themen, die heute immer noch aktuell sind, stehen schon in den Anfangsjahren auf der Agenda: Im September 1971 zum Beispiel wird vom Pädagogischen Institut die Planungsgruppe „Beschulung von Kindern ausländischer Arbeitnehmer“ gegründet. Die erste Lehrerfortbildung dazu findet zwei Jahre später statt. Titel: „Unterricht für Kinder ausländischer Arbeitskräfte“. Heute lautet das Stichwort Integration. Vielfalt und interkulturelle Bildung sind nach wie vor ein großes Thema für das Institut.

Vor fünf Jahren wurde aus dem PI das IPSN – das Institut für Pädagogik und Schulpsychologie Nürnberg. Ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der kommunalen Einrichtung. Die Bandbreite ihrer Angebote wird ständig erweitert. Sie bildet weiterhin Lehrer aller Schularten fort, unterstützt die Bildungspolitik, behandelt Umwelt- und Medienthemen, berät in
Fragen der Schulentwicklung und des Qualitätsmanagements, beschäftigt sich mit interkultureller Pädagogik und Psychologie – und freilich auch mit der neuerdings allgegenwärtigen Frage, wie moderne Medien sinnvoll in den Unterricht integriert werden können.

Ständig neue Rahmenbedingungen

Bernhard Jehle ist seit 29 Jahren dabei, seit 2002 leitet er das Institut mit Sitz an der Fürther Straße.

Bernhard Jehle ist seit 29 Jahren dabei, seit 2002 leitet er das Institut mit Sitz an der Fürther Straße. © Foto: dpa

Die Rahmenbedingungen im Bildungswesen ändern sich regelmäßig, auch darauf muss das Nürnberger Institut reagieren: Lernentwicklungsgespräche und Ganztagsunterricht an Grundschulen, flexible Mittelstufe an den Gymnasien, Lehrplan Plus. Es herrscht niemals Stillstand.

Beispielschuljahr 2013/
14: 398 Veranstaltungen des IPSN mit 8634 Teilnehmern fanden statt, darunter 3755 Lehrer und 2613 Schüler. 771 Menschen nahmen eine schulpsychologische Beratung in Anspruch, 671 Schüler und 25 Lehrer und Lehrerinnen. Die Stadt investierte in dem Zeitraum zwei Millionen Euro in die Arbeit des IPSN, rund 400 000 Euro an Erträgen erzielte das Institut selbst.

In früheren Jahren gehörte auch die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zu den Aufgabenbereichen des Instituts. Es war das PI,
das die Ausstellung in der Zeppelintribüne mit dem Titel „Faszination und Gewalt“ erstellt und betreut hat. Diese bildete quasi die Keimzelle des späteren Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände.

Schließlich fand auch der Kampf um die Gleichberechtigung der Geschlechter im PI-Programm seinen Niederschlag. Der Arbeitskreis Frauen und Mädchen kümmerte sich in den 80ern darum, dass Themen wie „Frauen in der Technik“ oder „Aufstiegschancen für Frauen“ nicht unter den Tisch fielen – man sieht, wie hartnäckig sich manche Problemfelder
bis heute gehalten haben. Weitsichtig war das PI auch noch auf anderem Gebiet: Seit 1983 schon bietet es Fortbildungen zum Thema Islam an.

Bernhard Jehle ist seit 29 Jahren dabei, seit dem Jahr 2002 steht er an der Spitze des Instituts. In vielen Bereichen, sagt der gebürtige Münchner, sei die Nürnberger Einrichtung Trendsetter. „Das ist schließlich auch unser Auftrag.“ Er erinnert aber auch daran, dass die Existenz des PI trotz aller Anerkennung, die ihm zuteil wurde, nicht immer gesichert war. „Ludwig Scholz, der 1996 Oberbürgermeister wurde, wollte das PI schließen.“ Doch dessen CSU-Parteikollegen Klemens Gsell, Roland Fleck und Barbara Regitz hätten es gerettet. „Immer, wenn die Stadt sparen musste, standen wir auf der Streichliste“, sagt Jehle. „Heute ist das kein Thema mehr.“

Das Institut mit seinen 21 Arbeitsplätzen, die sich 36 Mitarbeiter teilen, hat seinen Blick nach vorne gerichtet. Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln, steht auch im Mittelpunkt der Tagung, mit der das ISPN am Freitag und Samstag sein 50-Jähriges feiert. „Schule ist dazu da, Kinder zu befähigen, die Herausforderungen des Heranwachsens zu meistern“, sagt Jehle. Das ist für ihn ein ganz wichtiges Ziel. „Sie muss gestaltend auf Gegenwart und Zukunft wirken, die wir uns noch gar nicht vorstellen können.“ Es gehe
darum, in der Schule gemeinsame Werte zu entwickeln – im Sinne des „Weltethos“, das auf den katholischen Theologen Hans Küng zurückgeht und dem die Werte aller Kulturen und Religionen zugrunde liegen: Gewaltfreiheit, Solidarität, Wahrhaftigkeit, Gleichberechtigung.

Ein Interview mit dem Bildungsexperten Heinz Klippert, der ebenfalls auf der Tagung referieren wird, lesen Sie morgen.

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