Nürnberger Ort des Gedenkens

Platz der Opfer des Faschismus umgestaltet - so sieht er nun aus

1.7.2021, 18:34 Uhr
Bürgermeister Christian Vogel (rechts, im grauen Sakko) und zahlreiche Besucher freuten sich über die Neugestaltung des Platzes der Opfer des Faschismus. 

© Eduard Weigert, NNZ Bürgermeister Christian Vogel (rechts, im grauen Sakko) und zahlreiche Besucher freuten sich über die Neugestaltung des Platzes der Opfer des Faschismus. 

Er kenne den Platz nunmehr seit fast 40 Jahren, sagt Georg Neubauer. "Aber es ist jetzt das erste Mal, dass ich mir vorstellen kann, dass Menschen sich vielleicht auch mal hinsetzen und den Gedenkstein etwas bewusster wahrnehmen."

Ein Ort mit Würde

Nicht nur das Vorstandsmitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) findet die Umgestaltung des Platzes der Opfer des Faschismus gelungen. "Es ist nun ein würdevoller Ort", sagt etwa Stephan Doll, DGB-Geschäftsführer und Vorsitzender der Allianz gegen Rechtsextremismus. Er erinnert bei der Vorstellung des Platzes daran, dass man dort manche Kundgebung gegen neue und alte Nazis inmitten diverser Hinterlassenschaften von Vierbeinern habe bestreiten müssen, weil die Bürger die Wiese vor allem für ihre Hunde genutzt hätten.

Der städtische Servicebetrieb öffentlicher Raum (Sör), der aus seinem eigenen Etat 100.000 Euro in die Umgestaltung investierte, hat nun in einjährigen Arbeiten die Pflasterfläche rund um den Gedenkstein erweitert, um dem Mahnmal eine Dominanz über den Platz zu verschaffen. Eine Steinbank dient als Sitzgelegenheit. Hinter dem Gedenkstein sollen künftig weiße Rosen erblühen in Erinnerung an die gleichnamige Widerstandsgruppe.


Außerdem hat man Beete mit Feuerdorn, der ganzjährig grün bleibt, und Sibirischem Hartriegel angelegt. Wenn der im Winter sein Laub verliere, sorgten die roten Triebe für ein besonderes Ambiente, sagt Sör-Pressesprecher André Winkel. In der kalten Jahreszeit – nämlich am 27. Januar – wird der Holocaust-Gedenktag begangen. Deshalb veranstaltet die VVN gemeinsam mit anderen Organisationen jeweils an diesem Tag auf dem Platz der Opfer des Faschismus ihre Kundgebung zur Erinnerung an die Gräueltaten der Nationalsozialisten.

Keine Toleranz für Intoleranz

Im Bewusstsein der Bevölkerung sei der Platz dennoch nicht als Gedenkort verankert, hat der Historiker Eckart Dietzfelbinger einmal befunden. Bürgermeister und Sör-Chef Christian Vogel (SPD) hofft, dass dies nun anders wird. Denn es sei wichtig, die NS-Verbrechen in Erinnerung zu behalten. Kein Mensch dürfe wegen seiner Hautfarbe, seiner Religion oder seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden. "Wir dürfen Ausgrenzung nicht tolerieren."
Jo-Achim Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg (IKGN), warnt in seiner Rede vor faschistischem, antisemitischem und – mit Verweis auf Ungarn – homophobem Gedankengut.

Streit um Parkplätze

Er kommt in diesem Kontext auch auf die AfD zu sprechen, auf die DGB-Chef Doll ebenfalls abzielt: "Über 20 Prozent der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt hat Faschisten gewählt", sagt er im Blick auf die vergangene Landtagswahl. Gegen antidemokratisches Denken und die Verschwörungserzählungen der "Querdenker" helfe nur Bildung und Aufklärung, meint Doll. Deswegen seien Gedenkorte wie der Platz der Opfer des Faschismus so wichtig.
VVN-Vorstandsmitglied Neubauer hätte deswegen ebenso wie die SPD-Stadtratsfraktion gerne noch eine Erläuterungstafel zur Geschichte des Platzes installiert. Vogel berichtet, dass Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (CSU) dagegen vorerst ein Veto eingelegt habe.

US-Administration errichtete Gedenkstein

Der Platz und seine Geschichte sollen in das Bildungskonzept integriert werden, das für das Reichsparteitagsgelände erarbeitet werde. Die US-Administration hat den Gedenkstein im Jahr 1946 errichten lassen und den damaligen Wodanplatz umbenannt. Auch deshalb sei das Areal "von Anfang an kein Lieblingsplatz der Nürnberger Bevölkerung" geworden, glaubt Neubauer.


Ein weiterer Punkt, den das VVN-Vorstandsmitglied kritisiert, sind die Parkplätze vor dem Platz. Eigentlich sollte ein Parkverbot die Autos verbannen und eine freie Sicht auf den Gedenkstein ermöglichen. Hier habe das Verkehrsplanungsamt Einspruch erhoben, sagt Vogel, der zudem von bösen Briefen mancher Anwohner in dieser Angelegenheit berichtet.
Diese Schreiben müsse man aushalten, meint IKGN-Chef Hamburger. Man könne es ohnehin nie allen recht machen. "Wir müssen uns mit den Autofahrern anlegen."

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