Polizei: "Exhibitionisten sind Menschen mit viel Fantasie"

28.5.2014, 06:00 Uhr
Nackte Tatsachen: Nur jeder vierte Exhibitionist wird erwischt. (Symbolbild)

© Isabel Bernhard Nackte Tatsachen: Nur jeder vierte Exhibitionist wird erwischt. (Symbolbild)

Exhibitionisten sind Menschen mit viel Fantasie. So sehen das die Ermittler von K 13. „Nach unserer Einschätzung sagt uns keiner die Wahrheit“, meint Horst Hanschmann, Chef des Kommissariats für Sexualdelikte. „Manche Geschichten sind schon hanebüchen“, fährt Hanschmann fort und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er meint die Ausreden, die immer wiederkommen: Dass sie sich vor Fremden entblößt haben, erklären Exhibitionisten häufig mit dem dringenden Bedürfnis, urinieren zu müssen. Oder mit plötzlichem Juckreiz. Oder mit Fremdkörpern in der Kleidung. Andere deuten an, dass sie Beziehungsprobleme haben und ein Ventil gesucht hätten.

Exhibitionismus gilt als psychische Erkrankung - ein Etikett, wogegen sich manche Betroffene wehren. „Es gibt aber auch eine Gruppe, die sich selbst als behandlungsbedürftig begreift“, so Michael Wörthmüller, Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie am Europakanal in Erlangen.

„Wir haben nur Hinweise, wie es entsteht“, fährt Wörthmüller fort. Im Detail ist die Neigung zu nackten Tatsachen nicht erforscht. Exhibitionisten verbindet, dass sie einen Kick erleben, wenn sie sich entblößen. Sie ziehen einen Gewinn aus der Überraschung des Opfers. In den allermeisten Fällen nehmen sie zu diesem jedoch keinen Kontakt auf. Exhibitionisten seien vergleichsweise harmlos, sagt Hanschmann. Er bezeichnet sie als „Distanztäter“.

Opfer reagieren "Wie paralysiert"

Selten ist das Phänomen nicht. Alle paar Tage geht bei der Polizei eine Anzeige ein. Wie vor einigen Tagen, als ein Exhibitionist in Schweinau in einem kleinen Park vor einer Fußgängerin auftauchte. Er „zeigte sich in schamverletzender Weise“, wie es in der Meldung der Polizei dezent heißt.

Im Frühjahr, insbesondere im April, werden überdurchschnittlich viele Fälle angezeigt. Aber nicht nur. Auch im September und sogar im November treten relativ viele Exhibitionisten auf. Montag und Donnerstag sind bevorzugte Tage, häufig 15 oder 16 Uhr. Womit das zusammenhängt? Hanschmann: „Das wissen wir nicht wirklich.“

Es passiert in Parks, im Pegnitzgrund, auf Spazierwegen. Auch im Auto ziehen Männer gerne blank. Manche tun das sogar in U-Bahnen oder in anderen öffentlichen Verkehrsmitteln.

„Das ist eine besondere Art des Exhibitionismus“, meint Kommissariatschef Hanschmann. Die Täter nehmen ein hohes Risiko in Kauf, erwischt zu werden - und entkommen trotzdem häufig. Hanschmann hat immer wieder Fälle erlebt, in denen zum Zuschauen verdammte Fahrgäste „wie paralysiert“ dasaßen. „Es kommt selten vor, dass eine Frau gleich aufspringt.“ Er rät jedoch dringend, andere Fahrgäste und den Fahrer darauf aufmerksam zu machen.

Jeder vierte Exhibitionist wird erwischt

In anderen Fällen liefern Zeugen der Polizei sogar Handyfotos vom Täter. Es muss nur das Wesentliche zu sehen sein: das Gesicht. Nackte Tatsachen, auch solche Fotos werden der Polizei gezeigt, sind „für Fahndungszwecke nur bedingt tauglich“, meint der Ermittler und lacht.

Um die 70 Exhibitionismus-Fälle werden in der Stadt jedes Jahr angezeigt. Exhibitionismus vor Kindern nicht eingerechnet. Entblößt sich jemand vor Jungen und Mädchen bis 14 Jahre, gilt das als sexueller Missbrauch von Kindern. 16 Fälle waren das im vergangenen Jahr. Davon wurden rund 38 Prozent aufgeklärt. Ansonsten wird etwa jeder vierte Exhibitionist erwischt. Exhibitionismus wird mit einer Geldstrafe oder maximal einem Jahr Haft bestraft. Im entsprechenden Paragrafen kommen übrigens nur Männer als Täter vor. Exhibitionistische Handlungen von Frauen sind der Polizei nicht bekannt.

Es ist davon auszugehen, dass nur ein kleiner Teil der Fälle bei der Polizei landet. Manche Frauen erstatten keine Anzeige. Doch ohne Strafantrag wird die Tat nicht verfolgt.

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