Polizistin wird zur Heldin: "Es war nichts mehr vom Kind zu sehen"

29.5.2020, 05:38 Uhr
Polizistin wird zur Heldin:

© Alexander Brock

Sie haben kurz überlegt: Sollen sie links oder rechts herum ihre Runde im Marienbergpark beginnen? Polizeihauptmeister Robin Philipp und seine Kollegin, Polizeiobermeisterin Jasmin Kuttler, entscheiden sich an diesem Mittwochnachmittag (20. Mai) für rechts – zum Glück, wie sich kurz darauf herausstellen soll.

In über drei Metern Höhe können die zwei auf ihren beiden Wallachen "Lukas" und "Leonardo" den Park bestens überblicken. Nach ein paar Metern erreichen sie ein Biotop – ein kleiner Tümpel mit Schilf und Sand am Ufer –, das zum Verweilen einlädt. Das Gewässer mit seinem Strand ist wohl ein Geheimtipp für Eltern mit ihren Kindern. An diesem Tag ist es warm und am Rand des Teichs haben sich Mütter auf Decken gelegt, Kinder planschen im Wasser. "Das Gewässer ist am Rand noch recht flach, doch es geht recht steil runter, je weiter man reingeht. Das ist kaum zu erkennen, weil das Wasser trüb ist", beschreibt es Robin Philipp und deutet mit der flachen Hand ein Gefälle an.

Nur die Mütze ist noch zu sehen

Es ist ein kleines Mädchen, das den beiden Ordnungshütern der Nürnberger Polizeireiterstaffel auffällt und das Jasmin Kuttler nicht mehr aus den Augen lässt. "Wir sind dann näher an das Wasser herangeritten, das Mädchen bewegte sich im Wasser immer weiter weg", erinnert sich die 26-Jährige. Und plötzlich ist der blonde Schopf verschwunden. Einfach weg. Nur die Mütze war noch sichtbar. "Es war nichts mehr von dem Kind zu sehen."

Was jetzt kommt, passiert in Wirklichkeit in nur wenigen Sekunden. Die Situation wirkt gespenstisch. Niemand scheint zunächst etwas zu bemerken an dem lauschig-friedlichen Platz. "Es gab keine Aufregung, keine Panik", sagt die Polizistin. Doch in unmittelbarer Nähe passiert in diesem Augenblick etwas Furchtbares, das wird ihr klar. Dann taucht das Mädchen noch einmal auf, einen leisen Hilferuf hört Robin Philipp noch – und das Mädchen taucht wieder ab. Blitzschnell steigt Jasmin Kuttler ab, ihr Kollege übernimmt die Zügel ihres Wallachs "Lukas" und sie spurtet zum Tümpel.

Kuttler watet so schnell es geht durchs Wasser, versinkt selbst bis zu den Schultern darin, fischt mit beiden Armen, erwischt die zweijährige Lisa und zieht das Kind rasch an die Oberfläche. Mit Lisa im Arm arbeitet sich die Beamtin ans Ufer vor. "Ich kann mich im Nachhinein an die gesamte Rettungsaktion nicht mehr erinnern. Da klafft eine Lücke. Ich erinnere mich noch daran, als ich das Mädchen sah – und dann erst wieder, als ich es im Arm hielt", schildert sie. Die Polizistin ist in diesem Moment aber nicht alleine mit dem Kind im Wasser, mittlerweile sind einige Erwachsene zum Ufer gerannt, eine Frau steht dicht hinter der Beamtin und will helfen.

"Sichtlich schockiert"

In klatschnasser Uniform – sie hat angesichts des Notfalls weder ihren Helm abnehmen noch ihre Reiterstiefel ausziehen können – übergibt sie der Mutter das Kind. "Die Mama war sichtlich schockiert und aufgeregt. Sie hatte ihre Lisa nur wenige Sekunden aus den Augen gelassen. Als sie ihre unversehrte Tochter wieder in die Arme schließen konnte, war ihr die Erleichterung anzusehen." Die Mutter, eine Krankenschwester, zieht ihrer Lisa, der ebenfalls der Schreck im Gesicht steht, rasch die nassen Kleidungsstücke aus und hüllt sie in eine Decke. "Als ich mich gesammelt hatte, bin ich noch mal hin und hab mich erkundigt. Ich bin so froh, dass es gut ausging", sagt Jasmin Kuttler.

Am vergangenen Samstag besuchte Lisa mit ihrer Mutter die Reiterstaffel in Nürnberg-Buch, um sich persönlich noch einmal bei der Polizistin zu bedanken: mit einer Rose und Schokolade.

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