Postfach-Kündigung lässt Nürnberger Familie verzweifeln

7.4.2019, 05:53 Uhr
Postfach-Kündigung lässt Nürnberger Familie verzweifeln

Es beginnt ganz harmlos: Sabine Schmidt, die nicht so heißt, deren Name aber der Redaktion bekannt ist, kündigt zum 31. Dezember 2018 ihr Postfach in einer Rewe-Post-Filiale – die Kündigung wird bestätigt, Schmidt gibt den Schlüssel ab. Ab dem neuen Jahr soll die Post für ihre Familie wieder im Briefkasten an ihrer Wohnadresse in der Nürnberger Innenstadt landen.

Doch der Briefkasten bleibt leer: "In der ersten Januarwoche fiel uns auf, dass wir keinerlei Post erhielten", erinnert sich Sabine Schmidt. "Daraufhin fanden wir zufällig heraus, dass die Briefe weiterhin ans Postfach geliefert werden. Am 7. Januar entfernte dann eine Mitarbeiterin das Namensschild vom alten Postfach und meinte, damit sei das Problem gelöst, die Post komme nun wieder zu uns."

Doch das hilft nichts, die Post kommt noch immer nicht. Teilweise gehen Briefe als unzustellbar zurück an den Absender, einige verschwinden ganz. "Uns fehlen Versicherungsunterlagen, Spendenquittungen, Schreiben vom Notar", sagt Sabine Schmidt, als sie sich zum ersten Mal mit der NZ in Verbindung setzt. Das war Mitte Januar. Bis dahin hatte Sabine Schmidt schon unzählige Male bei der Post-Hotline angerufen. Ohne Erfolg. Jedes Mal erhielt Schmidt die Auskunft, der Fall sei aufgenommen, das Problem werde behoben.

Briefe wandern durch mehrere Hände

Schmidts Briefpost wandert derweil durch die Weltgeschichte. Einige Mitarbeiter der Rewe-Post-Filiale, in der die Familie das Postfach hatte, senden Post an den Absender zurück. Eine Mitarbeiterin hebt die Post auf, Frau Schmidt holt sie nun dort alle zwei Tage ab. Ein paar Briefe landen vereinzelt tatsächlich im Briefkasten am Wohnhaus, andere verschwinden auf Nimmerwiedersehen.

Es folgen weitere Anrufe bei der Hotline, bei denen sie vertröstet wird. "Teilweise sprachen die Mitarbeiter so schlechtes Deutsch, dass sie das Problem gar nicht erfassen konnten", so Schmidt. Als sie bei einem anderen Anruf nicht mehr weiter weiß und nach einer höheren Instanz verlangt, legt der Hotline-Angestellte einfach auf.

Doch Sabine Schmidt dokumentiert da schon längst jede Nachfrage in Sachen Postfach, sie wendet sich mit ihrem Mann schriftlich an den Kundenservice der Post. Doch nichts bessert sich – inzwischen ist es Februar.

Von der Post bekommt Familie Schmidt zwei Schreiben, im ersten steht: "Täglich gehen bei uns zahlreiche Aufträge mit Änderungen, Kündigungen und Neueinrichtungen zu Postfächern ein." Die Post bittet um "Verständnis, dass wir einige Zeit benötigen, diese Veränderungen in unsere elektronischen Verteilsysteme im Briefzentrum einzupflegen." Man bedauere die verzögerte Auslieferung, um die es Schmidt ja nicht einmal geht, sondern darum, dass gar keine Post ankommt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Kündigung bereits mehr als einen Monat her.

Die Schmidts recherchieren im Internet, suchen nach ähnlichen Fällen, vielleicht ist noch eine Umleitung aktiv, die nicht deaktiviert wurde. Doch auch das bringt sie nicht weiter. Stattdessen gibt es wieder eine Standardantwort der Post, man habe sich "natürlich sofort um das Anliegen gekümmert" und man gehe davon aus, dass die Zustellung künftig wieder den Erwartungen entspreche.

Doch das tut sie leider immer noch nicht. Inzwischen ist es März, und Schmidt bekommt immer häufiger Nachfragen von Geschäftspartnern, deren Post an die Schmidts mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" zurückkommt. Andere Post landet nach wie vor in der Rewe-Post-Filliale, wo Schmidt sie alle paar Tage abholt. Einschreiben – als zugestellt deklariert – bleiben verschwunden. Weitere Anfragen bei der Post verlaufen erfolglos: "An der Hotline wird mein Anliegen mit Hinweis auf meine vielen Anrufe nun nicht mehr bearbeitet", erzählt Schmidt.

Langsam wird es eng, Schmidts Mann plante, sein Unternehmen zu erweitern. Die Schmidts wissen nicht mehr weiter, sie wenden sich an die NZ und schalten parallel dazu ihren Anwalt ein, der die Bundesnetzagentur und die Deutsche Post kontaktiert. Er erinnert die Post an ihren Auftrag, nämlich: "Gemäß Paragraph 2 der Post-Universaldienstleistungsverordnung sind Sie verpflichtet, Briefsendungen an der in der Anschrift genannten Wohn- oder Geschäftsadresse durch Einwurf in eine für den Empfänger bestimmte und ausreichend aufnahmefähige Vorrichtung für den Empfang von Briefsendungen zuzustellen."

Und auch die NZ fragt bei der Pressestelle der Post erneut nach. Daraufhin recherchiert man dort erneut – und findet nun endlich die Ursache für das Problem. Normalerweise hätte es so laufen müssen, erklärt Post-Sprecher Erwin Nier: Familie Schmidt mietet das Postfach – alle Postsendungen, egal, ob mit Postfach- oder Wohnhausanschrift versehen, landen dort. Irgendwann kündigt Sabine Schmidt das Postfach. Dann beginnt eine Drei-Monats-Frist. Kommen in dieser Zeit noch Postsendungen in der Filiale an, die noch mit der Postfach-Anschrift versehen sind, müssen die Mitarbeiter auf diesen Postsendungen einen Adressaufkleber anbringen, auf dem die Wohnhausadresse der Schmidts steht. Diese Briefe hätte der Zusteller bekommen und sie in den Hausbriefkasten der Familie werfen müssen.

Allerdings gibt es eine Ausnahme: Steht auf dem Schreiben "Wenn nicht zustellbar, mit neuer Anschrift zurück", müssen die Filial-Mitarbeiter die Wohnhausadresse auf dem Brief vermerken und ihn an den Absender zurücksenden.

Entschuldigung bei Familie

"Beides ist im Fall der Schmidts nicht geschehen", bedauert Nier. Statt die Briefsendungen mit dem neuen Adressaufkleber zu versehen, habe die Mitarbeiterin Familie Schmidt angeboten, die Briefsendungen zu sammeln, damit Frau Schmidt sie dort abholen könne.

Warum die Mitarbeiterin der Rewe-Post-Filiale die vorgeschriebene Vorgehensweise nicht kannte, lasse sich nicht mehr nachvollziehen. "Wir möchten uns bei Familie Schmidt in aller Form entschuldigen", so Nier. Man wolle ihr entgegenkommen und habe die Drei-Monats-Frist, in der die Briefe neu deklariert werden, um einen Monat verlängert.

Das leidige Thema Hotlines kennt Nier natürlich auch. Auch er bedauert, dass man als Kunde nicht mehr die Möglichkeit habe, Beschwerden in einer Post-Filiale loszuwerden. Das sei aber der enormen Expansion geschuldet. Post und DHL Deutschland lieferten pro Werktag 59 Millionen Briefe und 4,8 Millionen Pakete aus. "Zur Relation: Vor zehn Jahren waren es zwar noch 72 Millionen Briefe, aber nur 2,2 Millionen Pakete pro Werktag. Inzwischen sind es zur Spitzenzeit vor Weihnachten elf Millionen – täglich." Und bei 220.000 Mitarbeitern gebe es eben auch mal "schwarze Schafe", sagt er mit Blick auf die Hotline-Ansprechpartner, die Frau Schmidt abfertigten.

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