Prozess um Gewaltorgie bei Reichelsdorfer Kirchweih

17.7.2019, 11:38 Uhr
Neun Personen wurden bei einer Schlägerei auf der letztjährigen Reichelsdorfer Kirchweih verletzt. Drei junge Männer müssen sich deshalb ab August vor Gericht schweren Vorwürfen stellen. (Symbolbild)

© dpa Neun Personen wurden bei einer Schlägerei auf der letztjährigen Reichelsdorfer Kirchweih verletzt. Drei junge Männer müssen sich deshalb ab August vor Gericht schweren Vorwürfen stellen. (Symbolbild)

Wenn es den Alkohol nicht gäbe, wäre die Arrestanstalt halbleer: Erst trinken, dann schlagen – stehen Jugendliche vor Gericht, ist der unheilvolle Mix aus Alkohol
und Aggressionen, der zur Schlägerei führt, quasi Standard.

Doch was sich am 29. Juli 2018 auf der Reichelsdorfer Kirchweih abspielte, war keine Schlägerei, sondern eine Gewaltorgie. Und wenn die Anklage zutrifft, werden keine Freizeitarreste, sondern Jugendstrafen verhängt: Gegen 4.30 Uhr zählten mehrere Polizisten damals auf dem Festgelände auf dem Sportplatz neun Verletzte, fünf Personen mussten ins Krankenhaus.

Kieferbrüche und gewaltsame Tritte

Vor der Jugendkammer I des Landgerichts Nürnberg-Fürth sitzen drei junge Männer im Alter von 19, 21 und 23 Jahren – nach eigenen Angaben flüchteten sie, als sie die Sirene der Polizei hörten, einige Wochen später kamen sie in U-Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor – sie sollen unter anderem einem Kirchweihburschen den Kiefer gebrochen haben.

Los ging die Massenschlägerei angeblich mit einem einzelnen Angriff: Der Bruder des 19-jährigen Angeklagten ging einen anderen Kirchweihbesucher an – als er selbst am Boden lag, rief er um Hilfe. Der 19-Jährige und einige Begleiter griffen ein, die Schlägerei eskalierte.

Der Sportplatz ist vom Parkplatz durch ein Tor abgetrennt, mehrere Kirchweihburschen und Besucher versuchten, die Schläger aus dem Gelände zu drängen um das Tor zu schließen. Dabei zog sich ein Mann mehrere Brüche der Gesichtsknochen zu. Als eine Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes helfen wollte, wurde sie mit einem Teleskop-Schlagstock niedergeschlagen, der 19-Jährige und ein weiterer Mann sollen die bewusstlose Frau mit voller Wucht getreten haben. Ihr Freund, ebenfalls als Sicherheitskraft tätig, sah die Szene. Er ist bis heute traumatisiert und gab seinen Beruf auf. Die drei Angeklagten sollen drei weitere Kirchweihbesucher krankenhausreif geschlagen und getreten haben.

Übergriff in der U-Haft

Vor Gericht gibt der 19-Jährige zu, Haupttäter zu sein – er soll auch versucht haben, mit seinem Daumen die Augen eines der Opfer einzudrücken. Und auch in der U-Haft fiel er bereits auf: Wegen eines angeblichen Übergriffs auf einen Sanitäter wurde er in eine andere Haftanstalt verlegt. Nun behauptet er, in ersten Vernehmungen bei der Polizei einen anderen Angeklagten zu Unrecht als Mittäter belastet zu haben.

Der 19-Jährige ist massiv vorbestraft, er schildert ein Alkoholproblem. Bereits im Mai soll er, ebenfalls im Rausch, nach einem Fest in einem Ansbacher Gartenhaus mehrere Gäste verletzt haben. Hungrig geworden, suchte die Gesellschaft damals eine McDonald’s-Filiale auf. Dort ging er mit einem Messer auf weitere Opfer los: Was ihn trieb? Jemand habe sich nach "Hermann" erkundigt, erklärt er. Er habe dies für ein Wortspiel mit "Hamburger" gehalten, fühlte sich beleidigt und schlug zu. Mehrere Personen, darunter unbeteiligte Kunden, wurden verletzt. Für den Prozess sind Termine bis August angesetzt.