Prunkvoller Badetempel blieb ein Wunschtraum

2.8.2011, 19:45 Uhr
Prunkvoller Badetempel blieb ein Wunschtraum

Großartige, repräsentative Fassaden mit Rustika-Quadern, Freitreppen, Säulen, antikisierenden Giebeln und großzügigen Schwimmhallen — so sahen die architektonischen Entwürfe aus, mit denen sich mehrere Bewerber um die Errichtung eines Badepalasts bewarben. Ganz im Geiste des Historismus klebten sich die ersten Preisträger noch ein lateinisches Motto auf die Unterlagen: „viribus unitis“ (mit vereinten Kräften). Die hätte man auch benötigt, um ein derartiges Projekt zu stemmen. Doch wie so häufig fehlte es letztlich am Geld, meint Martina Bauernfeind, Mitarbeiterin des Stadtarchivs. Auch sei der technische Aufwand letztlich zu hoch gewesen. Sie hat in den „Norica“ die Planungen des Volksbad-Projekts von 1875 nachgezeichnet.

Schon die Suche nach einem geeigneten Grundstück an der Pegnitz war zunächst nicht einfach: „Selbst im August glich etwa das Pegnitzwasser zuweilen einer Lehmbrühe von kaum 14 Grad, in welcher zu baden keinen Menschen gelüstet“, notierte die Autorin. Doch dass man aus Gründen der Hygiene dringend weitere Badeanstalten zu den verschiedenen Flussbädern benötigte, war unstrittig. Vor allem der Arbeiterschaft wollte man die Möglichkeit geben, sich von „Fett, Ruß und Schmutz“ der Fabrik-Maloche zu befreien. Schließlich gab es in vielen Wohnhäusern in Zeiten der Industrialisierung keine Bäder.

In der Anlage am Marientorgraben8 waren daher Wannen- und Brausebäder vorgesehen — mit einfacher, aber auch mit nobler Ausstattung: Die Betreiber wollten auch die finanzkräftigere Klientel anlocken. So gab es die Idee zu Badekabinen erster Klasse mit englischen Fayence-Wannen und Dampfheizöfen, während die Gäste zweiter Klasse in gusseisernen Wannen planschen sollten.

Letztlich blieb das Vorhaben eine Illusion: Stattdessen wurde der große Glaspavillon nach der Landesausstellung von 1882 vom heutigen Stadtpark entfernt und am Marientorgraben wieder aufgebaut. Der Pavillon war eine Eisenkonstruktion, dessen Zwischenräume teils mit Backstein, teils mit riesigen Fenstern gefüllt war.

Später ließ sich dort der Vorläufer des heutigen DB Museums nieder, das 1925 jedoch an seinen heutigen Standort in der Lessingstraße umzog. Nach einigen Zwischennutzungen wurde ein neuer Name für das Gebäude gesucht: Spötter schlugen „Austragsstüberl“, Nürnberger Allerlei“ oder „Kunst Asyl“ vor, der Stadtrat entschied sich für „Norishalle“.

Ein Betonkoloss

Die Geschichte des Kunstbaus bis hin zum Betonkoloss Heinrich Grabners ist detailliert nachgezeichnet. Weitere Themen des aktuellen „Norica“-Hefts sind neben anderen ein Besuch von Thomas Mann in Nürnberg, das digitale Zeitalter im Stadtarchiv und ein Rückblick auf Peter Henlein.

„Norica“-Heft 7 mit einer Auflage von 1000 Stück ist im Stadtarchiv, Marientorgraben 8, und bei der Bürgerinformation am Hauptmarkt für 4,50 Euro erhältlich.