Quarantäne wegen Corona: Er kauft für die ein, die nicht dürfen

29.12.2020, 10:15 Uhr
Ein Grinsen im Gesicht und Einkäufe im Kofferraum: Das ist Christian Peckart.

© Michael Matejka, NNZ Ein Grinsen im Gesicht und Einkäufe im Kofferraum: Das ist Christian Peckart.

Er ist einer, zu dem viele aufschauen. Das liegt schon an den 198 Zentimetern, die Christian Peckart misst. Dort oben, über den Köpfen der meisten, blitzen oft zwei Zahnreihen auf, wenn Peckart mal wieder verschmitzt grinst oder lacht. Egal ob über den eigenen Witz oder den eines anderen.

Voller Wagen, viele Bons

Es ist Freitagnachmittag, 17 Uhr, und Christian Peckart hievt einen Wasserkasten aus seinem Auto. Der IT-Experte hat früher Feierabend gemacht, wie öfter in den vergangenen Monaten. Er nutzt die Zeit, um sich unter die Masse zu mischen, die für das Wochenende einkaufen will. Wenn Peckart mit einem vollen Einkaufswagen an die Kasse geht, benutzt er nicht einen Kundentrenner, um seine Ware von der seines Hintermanns zu separieren. Er benötigt zwei, drei oder vier. Je nachdem, für wie viele Menschen er einkauft.


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Christian Peckart ist Corona-Helfer. Und das von Anfang an. Auslöser ist ein Telefonat mit seinem Bruder, der in Peckarts Heimat Remagen ein Seniorenheim leitet. Er erzählt dem 30-Jährigen von der Nachbarschaftshilfe, die sich dort gegründet hat. Wenig später landet Christian Peckart auf den Seiten der Stadt Nürnberg und registriert sich als Helfer.

Der 30-Jährige erinnert sich noch, dass er neben seinen Daten auch angibt, was er tun kann. Zur Auswahl stehen "Mit dem Hund Gassi gehen", "Pakete zur Post bringen und abholen", "Einkaufen" und mehr. Peckart kreuzt alles an. "Nürnberg, wenn was ist, Christian ist da", sagt Peckart. Und lacht wieder herzhaft.

Er fotografiert Verpackungen

Seitdem hat der junge Riese für viele Lebensmittel gekauft, die ein oder zwei Wochen in Quarantäne müssen. Inzwischen ist der IT-Fachmann für manche sogar in Dauereinsatz. Den Kasten Wasser schleppt er in den vierten Stock eines Hauses in Maxfeld, zusammen mit einer Tüte Brötchen, die er beim Bäcker um die Ecke geholt hat. Die Empfängerin ist 88 Jahre alt und nicht mehr mobil. Seit ein paar Monaten hilft ihr Peckart beim Einkauf. Auch damit sie sich nicht ansteckt.

Am Anfang sei es schwer gewesen, den Einkauf zu planen, sagt die 88-Jährige. "Ich gehe sonst in den Laden und sehe dann, was ich so brauche." Dann aber findet sie ein System, wie sie nichts vergisst. "Ich hebe immer die Verpackungen auf, die fotografiert er dann." Peckart überreicht den Geldbeutel der Rentnerin. „Sind noch fünf Euro drin“, sagt er, "wir sehen uns nächste Woche.“

Einkauf: Chips statt Nudeln

Zurück im Auto desinfiziert Peckart seine Hände, "zur Sicherheit". Auch wenn die 88-Jährige kein Quarantäne-Fall ist. Dann hätte der 30-Jährige sie eh nur am Telefon gesprochen und die Einkäufe vor der Tür abgestellt. Für die meisten muss Peckart mehrmals los. "Es ist spannend, was die Menschen kaufen, wenn es heißt: Quarantäne." Für die erste Familie muss Peckart mehr Chips als Nudeln kaufen. Nach ein paar Tagen melden sie sich wieder: "Du, Christian, könntest du noch mal..."

Natürlich kann er. Im Nein-Sagen ist Christian Peckart schlecht. Auch weil für ihn die Pandemie ein Zeichen ist, "dass wir als Gesellschaft zusammen halten müssen". Dass es in seinem Alter trotzdem nicht alltäglich ist, sich so zu engagieren, nimmt er mit einem Lächeln achselzuckend hin. "Jeder darf seine Priorität selber setzen." Zudem habe er eben die Möglichkeit, als Außendienstler für das IT-Unternehmen IBM viel Flexibilität - und einen Dienstwagen, den er dank seines Chefs für die Corona-Hilfe nutzen darf.

Auslandsjahr in China

Außerdem ist Christian Peckart einer, der Sachen anpackt. Einer, der zum Entsetzen seiner Mutter mit 16 Jahren ein Auslandsjahr in China macht, dort ein halbes Jahr niemanden versteht, sich aber durchbeißt und nun Mandarin spricht. Und einer, der sich nach Feierabend die Zeit nimmt, noch für eine ältere Dame zur Änderungsschneiderei zu fahren und für eine andere Geld abzuheben.


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Eines hat sich durch seine Hilfstätigkeit aber nicht verändert: "Im Einkaufen bin ich immer noch chaotisch", sagt der Hüne. "Wenn ich durch den Laden laufe und mir fällt ein, ich brauche Marmelade, muss ich halt wieder den halben Weg zurück." Anders die ältere Dame, die ihm einen Plan malt, wo er was im Supermarkt findet. Solche Anweisungen kennt Peckart, "meine Frau schreibt Einkaufslisten, da stehen die Sachen in der Reihenfolge, wie sie im Laden sind".

Sie hilft ihm ab und zu bei Einkäufen oder beim Gassigehen. "Sie unterstützt mich in der Sache total", sagt Peckart über seine 1,63 Meter kleine Frau. Auch sie schaut zu ihm auf. Seit Corona noch mehr.

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