Ramadan zu Ende: Nürnbergs Moslems verzichten weiter

24.5.2020, 06:00 Uhr
Ramadan zu Ende: Nürnbergs Moslems verzichten weiter

© Foto: Michael Matejka

Wenn sie in ihre alte Heimat schauen, können sich die überwiegend türkischstämmigen Muslime im Raum Nürnberg glatt glücklich schätzen. Nachdem die Gläubigen in der Türkei schon während des Ramadan auf gemeinsames Fastenbrechen oder Gottesdienste verzichten mussten, nimmt man ihnen nun auch die Möglichkeit, das Ende der entbehrungsreichen Fastenzeit zu feiern. Um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern, hat die Regierung nämlich zum viertägigen Ramadan-Fest, das diesen Sonntag beginnt, eine landesweite Ausgangssperre verhängt.

Ausflüge ins Grüne, Besuche bei Nachbarn und vor allem große Familientreffen, für die viele oft von weit anreisen, sind damit ebenso vom Tisch wie die Festgottesdienste am ersten Feiertag. Am härtesten trifft es die Kleinsten, die am Ramadan-Ende von Freunden und Verwandten gewöhnlich mit kleinen Präsenten oder Geldgeschenken eingedeckt werden und traditionell – ähnlich wie amerikanische Kinder zu Halloween – von Tür zu Tür tingeln und dabei massenweise Süßigkeiten einsammeln.

Verglichen damit, ist die Situation hiesiger Muslime also noch komfortabel. Doch große Freude kommt diesbezüglich trotzdem keine auf, wie Vertreter Nürnberger Moscheegemeinden berichten. Denn auch wenn die aktuellen Lockerungen der Corona-Beschränkungen in Bayern immerhin Gottesdienste und Treffen zwischen zwei Haushalten ermöglichen: Große Feiern oder Festtagsgebete – zu denen in großen Gotteshäusern wie der Eyüp-Sultan-Moschee in der Kurfürstenstraße oft mehr als 2500 Menschen zusammenkamen – sind in diesem Jahr nicht drin.

Besonders frommen Zeitgenossen scheint der Verzicht auf das Ramadan-Gebet dabei schwerer zu fallen, als der Verzicht auf Essen und Trinken von Sonnenauf- bis untergang, den sie im Ramadan immerhin dreißig Tage lang ertragen haben – wie ein Blick auf Facebook verrät. Einige Nutzer wollten dort kürzlich vom Vorsitzenden der Nürnberger Eyüp-Sultan-Moschee, Hasan Aslan, wissen, wie denn angesichts der strengen Abstandsregelungen die vielen Gläubigen am Ramadan-Feiertag in die Moschee passen sollen.

Nur auf dem Land

Dabei hatte Aslan, der auch Chef des Ditib-Landesverbands Nordbayern ist, lediglich vermeldet, dass in sehr kleinen Moscheen des Verbands draußen auf dem Land wieder Freitags- und Festgottesdienste möglich sein sollen. In Nürnberg und anderen großen Standorten, stellt Hasan Aslan denn unmissverständlich klar, wird es heuer kein gemeinsames Ramadan-Gebet geben. Auch nicht im Freien, wie es ein Facebook-Nutzer vorschlägt.

Aslan, der bereits im April gegenüber der Lokalredaktion große Gebete mit Hunderten und mehr Teilnehmern auf absehbare Zeit kategorisch ausschloss, ist nicht der Einzige, der den Kurs einer sehr vorsichtigen, schrittweisen Öffnung der Moscheen vertritt. Gemäß einer gemeinsamen Erklärung aller muslimischen Verbände in Bayern, die ihre Gotteshäuser schon vor Einführung der Corona-Begrenzungen im Freistaat vorsorglich geschlossen hatten, darf in diesen erst seit dem 9. Mai und nur unter strengen Auflagen wieder in kleinem Umfang gebetet werden.

"Viele Menschen sind eben lieber ganz vorsichtig"

Wie das in der Praxis aussieht, kann man in Nürnberg unter anderem in der Hessestraße beobachten. In der Moschee der Islamischen Gemeinde Nürnberg öffnen sich die Tore derzeit nur drei Mal am Tag, zum Sonnenaufgang, zur Mittagszeit und am Nachmittag. Im bis zu 400 Personen fassenden Gebetsraum, den nur betreten darf, wer Name und Kontaktdaten angibt, stehen weniger als 20 Gläubige. Nicht nur ihre Gebetsteppiche haben sie von zu Hause mitgebracht, auch die vorgeschriebene Ritualwaschung, inklusive Reinigung der Hände und Füße, mussten sie daheim vornehmen, da der Waschraum der Moschee wegen Corona zu ist.

Fasten in Corona-Zeiten: "Das wird ein trauriger Ramadan"

Obwohl die Markierungen, die alle zwei Meter auf den Boden geklebt wurden, mehr Betende zulassen würde, kommen derzeit nur wenige, berichtet Necati Aydin. "Viele Menschen sind eben lieber ganz vorsichtig", sagt der IGN-Vorsitzende, den das geringe Aufkommen aber keineswegs stört. Im Gegenteil. So bleibe die Moschee bis auf weiteres für Pflichtgebete zum Sonnenuntergang und in der Nacht zu, obwohl diese erfahrungsgemäß auch nur mäßig frequentiert sind, berichtet Aydin, aber: "Abendgebete könnten im Ramadan zu viele Menschen anziehen".

"Das wäre Selbstmord"

Vor diesem Hintergrund ist ein etwaiger Festgottesdienst für die IGN kein Thema: "Auch wenn es derzeit sogar unter Auflagen erlaubt ist, wäre das für uns Selbstmord", befindet er. Denn: Die Moscheen müssten sicherstellen, dass Regeln wie der Sicherheitsabstand oder die Maskenpflicht auch bei mehreren Hundert Besuchern eingehalten werden. "So viele ehrenamtliche Ordner könnten wir gar nicht organisieren", sagt Aydin und bringt ein weiteres Problem ins Gespräch: "Außerdem: Wenn am Feiertag mehr Gläubige vor der Tür stehen als Platz ist, wer entscheidet dann, wer rein darf?"

Um böses Blut aus diesem Grund zu vermeiden, habe man auch die Idee verworfen, ein symbolisches Gebet mit wenigen Teilnehmern abzuhalten und werde die Moschee am Sonntagmorgen schließen, sagt Necati Aydin: "Wer beten will, kann das heuer nur wie ich machen: im kleinen Kreis mit der eigenen Familie."

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