Schnaittacher Doppelmord: Verteidiger fordern elf Jahre für Stephanie P.

22.7.2020, 17:28 Uhr
Schnaittacher Doppelmord: Verteidiger fordern elf Jahre für Stephanie P.

© Andrea Beck

Am dritten Tag der Verhandlung um das Strafmaß von Stephanie P. am Landgericht Nürnberg-Fürth forderten ihre Verteidiger Alexander Seifert und Michael Spengler eine Strafmilderung aufgrund der Aufklärungshilfe, die ihre Mandantin durch ihre schnelle Aussage bei der Polizei geleistet habe. Oberstaatsanwalt Thomas Weyde plädierte dafür, angesichts der Schwere der Tat dem ursprünglichen Urteil zu folgen, und eine lebenslängliche Haftstrafe wegen Anstiftung zum Mord für Stephanie P. zu verhängen.

Am Mittwochmorgen hat sich vor dem Saal 1.006 des Landgerichts Nürnberg-Fürth erneut eine Traube Besucher gebildet. Der ein oder andere wartete vermutlich gespannt auf den Auftritt des Ehemanns Ingo P., der als Zeuge geladen war. Doch Richter Markus Bader macht dieser Erwartung ein Ende. Da Ingo P. von seinem Zeugnisverweigerungsrecht als Ehemann Gebrauch mache, sei er wieder ausgeladen worden. Ein aufwendiger Gefangenentransport von Straubing nach Nürnberg und zurück ist wenig sinnvoll, wenn derjenige nur im Zeugenstuhl sitzt, um zu sagen, dass er nichts sagt. Ingo P. selbst hatte trotzdem auf diesen Transport spekuliert, was aus einem vorgelesenen Brief vom 8. Juli an seine Ehefrau hervorgeht.


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Die Beweisaufnahme am dritten Verhandlungstag besteht somit aus der Lesung einiger Briefe und Akten und aus der Ladung des Polizeihundeführers, der am 22. Januar 2018 mit seinem Spürhund Madox nach den Leichen von Elfriede und Peter P. auf ihrem Grundstück in Schnaittach suchte. Im Garagenanbau, wo später die eingemauerten Leichen gefunden wurden, sei der Hund aufgeregt hin und hergelaufen aber erst im Garten, an der Rückwand des Garagenanbaus, habe er gebellt.

Der Hundeführer vermutet, dass der Leichengeruch an dieser Stelle durch den lockeren Kiesboden oder dem austretenden Bauschaum aus der Wand drang. "Ich war mir nicht sicher, ob dort wirklich die Leichen lagen, aber ich habe die Stelle der Kripo gemeldet", sagt der Polizist. Der zeitliche Ablauf wird nicht ganz klar. Vermutlich wurde der Hundeführer in den Garagenanbau geschickt, weil Stephanie P. bereits kurz nach ihrer Verhaftung diesen erwähnte.

Kronzeugenregelung greife nicht

Oberstaatsanwalt Weyde räumt später in seinem Plädoyer ein, dass Stephanie P. die Ermittlungen teilweise beschleunigt hat. Auch der Bundesgerichtshof sei ja zu dem Urteil gekommen, dass ihre Aussagen für das Anwenden der Kronzeugenregelung nach Paragraf 46b Strafgesetzbuch ausreichen. "Allerdings müssen diese Aussagen 'wesentlich' für die Aufklärung des Falles sein, also ohne sie wäre es nicht zu einem Urteil gekommen", erklärt Weyde. Das sei in diesem Fall nicht gegeben. "Es war ja bereits ein Strafbefehl wegen dringenden Tatverdachts ausgestellt und laut dem damaligen Staatsanwalt fußte die Anklage nicht auf Stephanie P.s Aussage, sondern den objektiven Hinweisen", sagt Weyde.


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Außerdem sei bei der Kronzeugenregelung auch die Schwere der Tat zu beachten. "Der Anstifter ist laut Strafgesetzbuch wie der Täter zu bestrafen und was wäre das für ein Signal, wenn sich ein Angeklagter nach einem grausamen Elternmord aus seiner Verantwortung herauswinden kann", so Weyde. Stephanie P.s Aussagen zur möglichen Vergiftung von Elfriede P. spielen laut Weyde aufgrund des fehlenden Aufklärungserfolgs überhaupt keine Rolle.

Ermittlungen stützen sich auf Angaben Stephanie P.s

Das sieht Rechtsanwalt Alexander Seifert anders. "Ohne die Aussagen meiner Mandantin hätte sich die Polizei doch nie einen Reim auf die bestellten Substanzen und das Geschirr in der Garagengrube machen können", sagt Seifert. Erst durch die Aussagen von Stephanie P. sei klar gewesen, dass der Mord lange geplant war. "Es hätte ja auch eine spontane Zornaufwallung von Ingo P. sein können", so Seifert. Die Ermittler hätten im Zeugenstand betont, wie wichtig es sei, die Leichen zu finden, weil sonst eine Verurteilung nur schwer möglich sei. "Es mag sein, dass die Ermittler irgendwann im Anbau gesucht hätten, aber keiner weiß wie lange das noch gedauert hätte", sagt Seifert.

Das "Was wäre wenn-Verfahren" lehnt Stephanie P.s zweiter Anwalt, Michael Spengler, in seinem Plädoyer ab. "Auf die Angaben meiner Mandantin wurden Ermittlungen gestützt. Das Alternativgeschehen müssen wir hier gar nicht bemühen, weil es nicht stattgefunden hat", sagt Spengler. Beide Anwälte schließen mit der Forderung einer Begrenzung der Haftstrafe auf elf Jahre. Die 19. Strafkammer unter Richter Markus Bader hat nun bis zur Urteilsverkündung am Montag, 27. Juli, Zeit, über das letztendliche Strafmaß im Fall Stephanie P. zu entscheiden.