Schulprobleme durch Corona: So helfen Tandem-Partner beim Lernen

19.2.2021, 13:30 Uhr
Schulkinder in der Corona-Krise: Nicht alle kommen gut allein zurecht, erst recht nicht in Familien mit schlechten Deutschkenntnissen.

© imago images/MiS Schulkinder in der Corona-Krise: Nicht alle kommen gut allein zurecht, erst recht nicht in Familien mit schlechten Deutschkenntnissen.

Frühjahr 2020, erster Corona-Lockdown. Ein Gefühl von Hilflosigkeit und gleichzeitig von Helfenwollen erfasst auch Pauline Theek. Die junge Nürnbergerin zählt zu den Hunderten Bürgern, die sich bei der Hotline melden, die das städtische Sozialreferat für ehrenamtliche Hilfsangebote einrichtet. Aber so viel Bedarf gibt es gar nicht. Erst mal steht sie also nur im E-Mail-Verteiler.

Ein paar Wochen dauert es, dann kommen das Rathaus und die Anruferin doch noch zusammen. Pauline Theek meldet sich für "Teamplay". Das neue Projekt sucht Bildungspaten, die ein Schulkind unter ihre Fittiche nehmen, um die Auswirkungen der Corona-Krise auf Familien aufzufangen, die bildungsfern sind oder wenig Deutschkenntnisse haben. Im Herbst trifft Pauline Theek Adil zum ersten Mal.

Kennenlernen auf dem Bolzplatz

"Er ist ein zauberhafter Junge, ein klasse Kerl", sagt sie über ihren Schützling. Adil, der in Wirklichkeit anders heißt, ist zehn Jahre alt und in Syrien geboren, kurz bevor dort der Bürgerkrieg ausbrach. Die Familie flüchtete um 2015 nach Deutschland, die Eltern – ein Lehrerpaar – und ihre mittlerweile vier Kinder leben heute im Nürnberger Süden. Jeden Donnerstagnachmittag kommt Pauline Theek zu Besuch.

Am ersten Donnerstag dauerte es nur wenige Minuten, bis sie und der Junge sich wie ein Team fühlten. "Er zeigte mir als erstes sein Viertel und fragte mich, wo ich wohne, was ich mache und wer mein Lieblingsfußballer ist." Dann musste sie auf dem Bolzplatz ihr Können am Ball unter Beweis stellen.


Homeschooling: Wie viel Mediennutzung ist noch gesund?


"Die Familie ist sehr herzlich mir gegenüber", erzählt Pauline Theek. "Ich kriege immer Tee und Gebäck hingestellt, wir unterhalten uns und essen oft noch etwas zusammen." Als einzige deutschsprachige Bezugsperson ist die junge Frau gefragt. Die jüngeren Geschwister umschwärmen den Gast, der Vater will seine Deutschkenntnisse anwenden und vom neuen Job erzählen. Theeks Kunst besteht dann darin, zur Pflicht überzuleiten: Adil beim Lernen zu helfen.

Der Drittklässler sei ein Wirbelwind, willig und offen, aber er konzentriere sich beim Lesen und Schreiben nur schwer auf die Details. "Teamplayerin" Pauline übt mit ihm daher das exakte Verstehen und Beschreiben. Bei ihrer Mutter, einer Sprachtherapeutin, könne sie sich dafür zum Glück Tipps und Aufgaben besorgen.


Podcast: Wie geht Schule im Lockdown?


Die Nürnberger Studentin Pauline Theek macht bei "Teamplay" mit.

Die Nürnberger Studentin Pauline Theek macht bei "Teamplay" mit. © privat

Die 21-Jährige studiert Betriebswirtschaft an der Technischen Hochschule. Seit sie dafür nach Nürnberg gezogen war, habe sie sich wieder ein Ehrenamt suchen wollen. In ihrer Heimat bei Ingolstadt war sie in der Jugendarbeit ihrer Kirchengemeinde aktiv, machte dann ein Freiwilligenjahr in einer Behinderteneinrichtung. Jetzt ist sie mit "Teamplay" voll zufrieden.

"Ich finde den Gedanken schön, Kinder auf ihrem Bildungsweg zu unterstützen. Über Bildung erreicht man oft den größten Unterschied." 69 solcher Teams führt das Sozialreferat in dem Projekt mittlerweile. Beide Seiten einigen sich vertraglich auf die Zusammenarbeit. Die Kinder sind zwischen fünf und 16, die Ehrenamtlichen zwischen 18 und 80 Jahre alt.

Weitere Ehrenamtliche gesucht

Im ersten Vierteljahr jedenfalls habe Adil schon Fortschritte beim Lesen gemacht, stellt Pauline Theek fest. Sie sei wohl eine Mischung aus großer Schwester und netter Lehrerin für den Jungen. "Jemand, der ihm irgendwie weiterhilft", vermutet sie.

Damit er auch von seiner Tandempartnerin etwas Privates erfährt, hat sie ihn schon zu sich nach Hause in die Wohngemeinschaft eingeladen. Zusammen haben sie Kürbisse geschnitzt, Minigolf gespielt oder Mikado gespielt. "Ich glaube, dass ich einen positiven Unterschied machen kann, ja."

Das Sozialreferat Nürnberg sucht weiter Ehrenamtliche für "Teamplay", gerne ältere Schülerinnen und Schüler aus weiterführenden Schulen, Studierende und junge Erwachsene mit digitalen Kenntnissen. Kontakt unter 2 31-23 44 oder per E-Mail an: engagiert@stadt.nuernberg.de

Verwandte Themen


Keine Kommentare