FDP-Stadtrat macht Vorschlag

Seilbahn über Nürnberg: Ist die Idee genial oder verrückt?

19.8.2021, 09:00 Uhr
In London schwebt sie über die Themse, auch Köln, Barcelona und Mexiko-Stadt haben eine Seilbahn - jetzt liebäugeln viele Städte in Deutschland mit urbanen Seilbahnen.

© imagebroker/Stefan Kiefer In London schwebt sie über die Themse, auch Köln, Barcelona und Mexiko-Stadt haben eine Seilbahn - jetzt liebäugeln viele Städte in Deutschland mit urbanen Seilbahnen.

Ümit Sormaz, der für die FDP im Nürnberger Stadtrat sitzt, meldet sich in der Sommerpause mit seiner Idee für "Noris Sky Metro". So tauft er das Verkehrsmittel, das ihm für den Stadtsüden vorschwebt. "Wagt endlich eine neue Form von öffentlichem Nahverkehr in der Stadt!", fordert Sormaz in einer Pressemitteilung und einem Stadtratsantrag auf. Eine Seilbahn, wie sie mehrere Städte auf der Welt bereits einsetzen, habe mehr als nur touristische Aspekte zu bieten – Flächenverbrauch, Baukosten und Bauzeit seien erheblich niedriger beziehungsweise kürzer als bei bewährten Transportmitteln.

Verbindung zwischen zwei Unis

Der Liberalen-Stadtrat schlägt als erste Strecke eine Verbindung zwischen dem Gelände der Universität Erlangen-Nürnberg an der Regensburger Straße und der noch entstehenden neuen Technischen Universität auf dem früheren Südbahnhofgelände vor. In einer Fotomontage zeigt er sich vor einer Seilbahngondel mit der Beschriftung "NSM 21".

Sormaz greift damit eine Idee auf, die in Nürnberg bereits vor drei Jahren einmal kurz andiskutiert worden war, dann aber wieder in der Versenkung verschwand. Die damalige bayerische Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) hatte seinerzeit Seilbahn-Pläne zwischen München und Dachau befürwortet; in diesem Zusammenhang kam auch die geplante Technische Universität auf dem Areal Brunecker Straße als möglicher Standort für so ein Zukunftsprojekt ins Gespräch. Die Nürnberger Kommunalpolitik zeigte sich damals aber sehr zurückhaltend und empfahl, sich auf den Ausbau des vorhandenen Bus-, U- und Straßenbahnnetzes zu konzentrieren.


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Dieser Ansicht ist der heutige CSU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Andreas Krieglstein, immer noch. Die Erschließung des künftigen Uni-Areals in Lichtenreuth sei beschlossene Sache: Nürnberg setze dabei auf den Ausbau des Straßenbahnnetzes nach Süden. Auch ein U-Bahnhof für das Gelände zwischen Bauernfeindstraße und Hasenbuck ist langfristiger Wunsch der Stadträte. "Ein zusätzliches Verkehrsmittel, das gar nicht ins bestehende Netz eingebunden wäre, halten wir nicht nur für unfinanzierbar und unter Betriebsaspekten für nicht sinnvoll, sondern wir sehen an dieser Stelle auch keinen Mehrwert darin", sagt Krieglstein.

Das städtische Verkehrsplanungsamt ist ebenfalls skeptisch. "Wir raten ab, denn eine Seilbahn wäre ein eigener Betriebszweig, der sich wohl kaum rentieren würde", sagt Robert Wunder, stellvertretender Amtschef. Der Stromverbrauch sei hoch. Außerdem: "Nürnberg ist zu klein und hat schon drei Systeme, Straßenbahn, Bus und U-Bahn." Bei genauerer Betrachtung seien es meist Millionenstädte, die Seilbahnen einsetzten, oder es würden damit Ziele bedient, die andernfalls nur schlecht erreichbar wären. "Das ist bei unseren Hochschulstandorten nicht der Fall."

Verkehrsministerium will Seilbahn-Ausbau

Ob Seilbahnen den Stadtverkehr verbessern, ist umstritten. Einige Städte scheuen die hohen Investitionskosten angesichts ihrer Haushaltslage. Andere Stadtplaner, intensiv umworben von Seilbahnherstellerfirmen, finden die Perspektive reizvoll. Das Bundesverkehrsministerium empfiehlt urbane Seilbahnen wegen ihrer Klimafreundlichkeit und erarbeitet derzeit bis 2022 mit Modellstädten erste Konzepte; den Auftakt macht Bonn.


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