Sexuelle Gewalt durch Ausländer: Statistik zeigt verzerrtes Bild

4.2.2016, 06:00 Uhr
Sexuelle Gewalt durch Ausländer: Statistik zeigt verzerrtes Bild

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Bei etwa zwei Dritteln der Fälle von sexueller Gewalt kennen sich das Opfer und der Täter, sagt Heike Krämer. Sie ist Beauftragte der Polizei für Frauen und Kinder. Nachbarn, Familienmitglieder oder Freunde - sie alle können Täter werden. "Personen also, von denen die Geschädigte ein solches Verhalten nie erwartet hätte", sagt Krämer.

Dennoch gibt es in dem Sicherheitsbericht der Stadt Nürnberg aus dem Jahr 2014 eine Auffälligkeit. Menschen ohne deutschen Pass stellten bei Straftaten wie Nötigung, Exhibitionismus oder Vergewaltigung in den vergangenen fünf Jahren 30 bis 40 Prozent der Verdächtigen. Sie machen in Nürnberg aber nur etwa 20 Prozent der Einwohner aus. Warum tauchen Ausländer in dieser Statistik so häufig auf?

Großes Dunkelfeld

Heike Krämer warnt: "Die Zahlen sind nicht aussagekräftig." Schließlich sei das Dunkelfeld in diesem Bereich enorm groß. Weil Täter und Opfer sich häufig kennen, sei die Scham groß, solche Taten anzuzeigen. Dem kann der Dortmunder Professor Ahmet Toprak zustimmen. Nur etwa zehn Prozent der Straftaten auf diesem Feld würden überhaupt angezeigt.

Der Wissenschaftler forscht seit Jahren zu Kriminalität und einem möglichen Zusammenhang mit Migration. Ein wichtiger Grund für den hohen Anteil an Ausländern aus seiner Sicht: Sie sind häufiger männlich und jünger als die übrige Bevölkerung. Auch unter sozialen Problemen wie Arbeitslosigkeit, schlechten Wohnverhältnissen oder Suchtkrankheiten litten sie häufiger. Das alles seien Faktoren, die Gewalt begünstigten.

Doch der Wissenschaftler sagt auch, dass - neben all den genannten sozialen Faktoren - Prägungen der Täter durchaus eine Rolle spielten. "In muslimischen Familien wird Sexualität häufig tabuisiert." Studien zeigen ihm zufolge, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund einen höheren Bedarf an Aufklärung haben.

Rückständiges Frauenbild

Befragungen ergäben zudem, dass junge Migranten eher ein rückständiges Frauenbild hätten. Das gelte aber nicht nur für Muslime, sondern auch für russischstämmige junge Männer. Die islamische Religion tauge deshalb nicht als alleinige Erklärung. Es seien eher die patriarchalen Strukturen in den Herkunftsländern, sagt Toprak. Er betont, dass sich diese Einstellungen mit der Aufenthaltsdauer in Deutschland immer weiter auflösten, auch das zeigten Befragungen.

Eine weitere Schwäche der Zahlen sei, so Toprak, dass sie nur nach Staatsbürgerschaft unterscheiden, nicht aber nach der Aufenthaltsdauer. Bei Vergleichen zwischen Deutschen ohne und solchen mit Migrationshintergrund, die schon länger hier leben, gebe es kaum Unterschiede bei sexueller Gewalt.

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