Sie können's noch: Deep Purple rocken in der Arena

23.11.2015, 09:20 Uhr
Sie sind zwar alt, aber noch nicht eingerostet: Deep Purple rockten in der Arena in Nürnberg.

© Hans von Draminski Sie sind zwar alt, aber noch nicht eingerostet: Deep Purple rockten in der Arena in Nürnberg.

"We all came out to Nuremberg, at the pond of Dutzendteich . . .“ Was war das denn? Waren das wirklich fünf Herren, die hart auf die Siebzig zugehen und noch mal mit der Krücke um sich schlagen? Oder hat sich da ein Tor in Zeit und Raum aufgetan und wir alle waren wieder in den Siebzigern und rockten wie junge Götter? Deep Purple in der Arena, das war mehr als ein Überraschungskonzert mit der Erkenntnis „die alten Säcke haben’s noch drauf“, das war ja schier eine Offenbarung.

Mit „Mars“ aus Gustav Holsts „Planetensuite“ naht das Schicksal im Trampelschritt. Und dann Zackzackzack: „Highway Star“, „Bloodsucker“, „Hard Lovin’ Man“ und „Strange Kind of Woman“. Mit diesem brachialen Viererpaket zum Auftakt, in pausenlosem Übergang und ohne weitere Worte, überrollen Deep Purple ihr altersmäßig gut durchmischtes Publikum. Tempo, Rasanz, Brutalität und eine Hingabe, als wäre dies bereits das Finale. Wie soll das bloß weitergehen? Kann man solch eine Intensität durchhalten?

Kaum. Aber die Herren wissen, wie man mit seinen Kräften hauszuhalten vermag. Weshalb Deep Purple, statt einen Gang zurückzuschalten, die Kräfte auf die jeweiligen Solonummern verteilt. Solange der eine Musiker sich in epischer Breite ausgießt, können die anderen verschnaufen, um hernach mit neuer Kraft loszulegen. Und da gibt es genug zu bewundern: Ian Paice darf sich mit Leuchtsticks am Schlagzeug austoben, Steve Morse schreitet auf hymnisch-ätherischen Bending-Gratwanderungen von einem Gitarren-Gipfel zum anderen, und Don Airey zelebriert eine Salon-Tastenlöwennummer, bei der er sogar das Deutschlandlied verwurstet.

Der Sänger wirkt am bürgerlichsten

Darüber gerät Ian Gillan fast in den Hintergrund. Ausgerechnet der Frontmann, der einst so herrlich hysterisch schreien konnte, wirkt verglichen mit seinen Kollegen am bürgerlichsten, ja fast schon bieder. Seine Stimmgewalt, die eh keine höchsten Klimmzüge mehr schafft, nimmt im Laufe des Abends einige Einbußen hin. Beim frenetischen Schlussgesang von „Space Truckin’“ etwa muss Steve Morse mit seiner Gitarre einspringen. Aber den Spaß am Auftritt lässt er sich dadurch nicht vermiesen. Und den Höhepunkt von „Strange Kind of Woman“ zieht Ian Gillan im Dauergeplauder mit Steve Morse bis zur Schlussentladung endlos hinaus. Wird der Mann jemals fertig?

Wie überhaupt Deep Purple Sinn für Humor beweisen. Nach dem Auftakt mit den alten Schandtaten geht es in die Gegenwart mit Stücken aus „Now what?!“, die auch schon wieder zwei Jahre her sind. Mit dem Grusical „Vincent Price“ zollt die Truppe nicht nur dem ihr persönlich bekannten Horrorfilmstar mit dem sardonischen Lächeln Tribut, Organist Don Airey zitiert auch noch schamlos das „Black Sabbath“-Riff auf dem Jaulsynthi. Genau diese Fiep- und Quietschtöne, die Airey seiner Kiste entlockt, markieren akustisch den Unterschied zu den klassischen Purple-Nummern, bei der allein die Hammondorgel röhrt und sich mit der Gitarre zankt.

Gut durchmischt geht es durch den Abend. Im Miteinander der Stücke aus den frühen Siebzigern mitsamt der Gegenwart drängt sich der Eindruck auf, als sei die Zeit stehengeblieben. Zum Finale endlich das heiß ersehnte „Smoke on the Water“, spätestens jetzt verwandelt sich der Dutzendteich in den Genfer See, die Arena in jenes Casino, das „some stupid with a flare gun“ beinahe abgefackelt hätten.

Sie können's noch: Deep Purple rocken in der Arena

© Foto: Fengler

War es das? Aber woher! Zum Nachschlag gibt es ein Trio aus „Hush“, einem Bass-Solo von Roger Glover, und „Black Night“. Bloß „Child in Time“ bleibt außen vor. Schade. Manche Grenzen kann man nicht mehr überschreiten. Aber Deep Purple sind an diesem Abend auf jeden Fall bis an ihre Grenzen gegangen. Und die verlaufen nach wie vor ganz hoch oben. Einfach nur ein grandioser Auftritt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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