Situation in Hotels: "Mehr Krise ist nicht vorstellbar"

22.1.2021, 05:56 Uhr
Situation in Hotels:

© Foto: Stefan Hippel

Seit mehr als zwei Monaten sind private Übernachtungen wieder tabu, auch fast alle Geschäftsreisenden bleiben aus. In den Nürnberger Hotels sind deshalb die Übernachtungszahlen massiv eingebrochen. Doch auf die versprochenen Hilfen warten viele Betriebe noch.

Die Situation sei "äußerst dramatisch", sagt Hermine Schenkel, Geschäftsführerin des Dürer-Hotels. Wie in vielen anderen Häusern, läuft auch am Neutorgraben der Betrieb weiter, die Rezeption ist besetzt und kümmert sich um die wenigen Gäste – im Dürer-Hotel sind es derzeit ein bis zwei Besucher pro Woche. Allein dafür lohnt sich der Aufwand nicht, doch gehe es darum, erreichbar zu sein und sich um die Instandhaltung des Hauses zu kümmern, sagt Yesim Dinsel, die ebenfalls in der Geschäftsführung tätig ist. "Im Prinzip machen wir hier Objektschutz, lassen das Wasser laufen und lüften."


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Die Hilfen fehlen

Was fehlt, sind die versprochenen Hilfen der Bundesregierung, die im Frühjahr zügig ausgezahlt wurden. Auf die längst beantragten November- und Dezemberhilfen warten die beiden Frauen jedoch noch immer und hoffen, dass diese jetzt endlich fließen. "Das würde uns vorerst weiterhelfen." Voraussetzung sei jedoch, dass weitere Hilfen folgen und der Lockdown spätestens zu Ostern aufgehoben wird. "Im Moment", sagt Yesim Dinsel, "leben wir von einem Monat zum nächsten". Aufgeben wollen die beiden Geschäftsführerinnen jedoch nicht. "Wir halten durch", so Schenkel.

In anderen Hotels sieht es ähnlich düster aus. Auch Peter Löw vom Ringhotel Loew‘s Merkur in der Pillenreuther Straße wartet bislang vergeblich auf die versprochenen Hilfen. "Wenn man die Ankündigungen hört, denkt man ja, die Gastronomie wird großzügig bedacht", sagt der Hotel-Chef. "Aber seit dem 2. November hat mein Haus keinerlei Hilfen erhalten." Sogar das komplette Kurzarbeitsgeld müsse er derzeit vorstrecken: Die Arbeitsagentur zahle vorerst nicht, weil er im Sommer zwei Mitarbeiter habe einstellen müssen, um Kolleginnen zu ersetzen, die schwanger geworden sind.

"Mehr Krise ist nicht vorstellbar"

Für die aktuelle Situation findet der Hotelier drastische Worte. "Mehr Krise ist nicht vorstellbar", sagt er mit Blick auf die staatlich angeordnete (Fast-)Schließung, die seit Beginn der Pandemie rund 150 Tage umfasst. "Allein in Nürnberg fehlen in diesem Jahr zwei Millionen Übernachtungen. Das ist kein Aderlass, das ist eine Hinrichtung für unsere Branche." Für den November klagt Löw über einen Umsatzrückgang von 90 Prozent, der Dezember sei eher noch schlechter gewesen.

Gerade mal drei, vier Gäste verlieren sich derzeit in dem Haus mit seinen 190 Betten, manchmal sei auch niemand da. Dennoch hält auch Löw einen "minimalistischen Betrieb" aufrecht – und hofft auf den Sommer, denn Aufgeben kommt auch für ihn nicht infrage. "Sobald wir wieder öffnen können, werden wir uns wieder hocharbeiten."

Schwere Zukunft für die Branche

Trotzdem rechnet er für seine Branche auch künftig mit mageren Jahren. Schuld sei auch der Hotelbauboom der vergangenen Jahre in der Stadt, der erhitzte Markt habe sich zu 70 Prozent auf das Messe- und Tagungssegment gestützt. "Und dieses Geschäftsmodell ist geplatzt." Jetzt gebe es Überkapazitäten, Löw fürchtet deshalb, dass etliche Betriebe aufgeben müssen oder verkauft werden.

Auch Julia Rübsamen spricht von einer dramatischen Lage. Neun Häuser führt sie mit ihrer Familie in der Region, dass die Mehrzahl davon auch im Lockdown geöffnet ist, hat vor allem einen strategischen Grund: Sie wolle auf dem Markt sichtbar sein und die wenigen Geschäftsreisenden empfangen, unter denen etliche Stammkunden sind, sagt Rübsamen. Rentabel sei der Betrieb derzeit nicht, "wir leben aus den Reserven, die wir über Jahre aufgebaut haben".

Hoffnung ruht auf Tagungen

Zwar habe der Betrieb im März Soforthilfe erhalten, doch auf die Novemberhilfen wartet auch Rübsamen noch. Sie hofft, dass Reisen innerhalb Deutschlands möglichst bald wieder zulässig sind, "vor allem Tagungen müssten möglichst früh aus dem Verbotskalender verschwinden". Anfragen von Firmen gebe es bereits. In einem zweiten Schritt sollten Reisen innerhalb Europas ohne Quarantänepflicht ermöglicht werden, "wir hoffen dass das im Sommer geht". Deshalb wünscht sich Rübsamen auch ein kulturelles Angebot aus dem städtischen Projektbüro – als Reiseanreiz für Touristen.

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