Deutsch-französisches Fußballfieber

So fiebern französische Franken dem EM-Auftakt entgegen

15.6.2021, 08:47 Uhr
Da müssen die deutschen Fans durch: In Hagenbecks Tierpark zieht die Elefantenkuh Yashoda als Orakel für den Ausgang der Partie die französischen Trikolore aus einem Weidenkorb - ganz nach dem Geschmack der hier lebenden Franzosen.   

© Georg Wendt Da müssen die deutschen Fans durch: In Hagenbecks Tierpark zieht die Elefantenkuh Yashoda als Orakel für den Ausgang der Partie die französischen Trikolore aus einem Weidenkorb - ganz nach dem Geschmack der hier lebenden Franzosen.   

Wenn die Nationalmannschaften in ihren schwarz-weißen und blauen Trikots aufeinandertreffen, ist das für Franzosen, die in Deutschland leben, immer weit mehr als eine x-beliebige Partie. Ganz gleich, ob es um ein reines Freundschaftsspiel oder knallhart um Punkte und einen Turniererfolg geht. Denn bei aller Rivalität stehen für die meisten doch Fairness und Partnerschaft im Vordergrund - und das Bewusstsein: Es ist und bleibt ein Spiel.

Das gilt erst recht für die meist gemischt-nationalen Paare und Familien - wobei insgesamt mehr Frauen als Männer aus dem Nachbarland nach Deutschland ziehen. "Ich bin dann aber am Dienstagabend die einzige Französin in der Runde, da muss ich stark bleiben", sagt etwa Marie-Josée Ammon, die Präsidentin der Union der Franzosen in Franken. "Aber eigentlich bin ich immer für die Besten". Dass auch Club-Profis "les Bleus" als Favoriten einstufen, freut sie natürlich.

Zum gemeinsamen Fußball-Schauen versammelt sich ihre Familie zwar in etwas größerer Runde als sonst - aber eben doch in überschaubar privatem Rahmen. Zwar hatten auch im Deutsch-französischen Club Mitglieder den Wunsch geäußert, sich zu verabreden oder ein eigenes Public Viewing zu organisieren. Doch das erwies sich noch als zu schwierig. Vielleicht noch wichtiger aber sind die "glühenden Drähte" ins Nachbarland: Denn natürlich gehen an dem Abend zwischen Geschwistern, Freunden und Bekannten in Franken und Frankreich die Kurznachrichten, kleinen Bilder und witzigen Sprüche als Kommentare zum Spiel hin und her.

In der Familie von Thomas Grenot ist der größte Fußballfan noch der Kleinste: Der achtjährige Sohn spielt selbst mit großer Begeisterung und will natürlich die besondere Atmosphäre schnuppern dürfen. Dabei ist das Tauziehen, wie lange er am Abend letztlich aufbleiben darf, noch nicht ausgestanden. Etwas besonderes zu essen oder zu trinken gebe es diesmal (noch) nicht, meint der Messe-Fachmann. "Wir sind doch erst in der Vorrunde." Und mitten in der Woche sei an ausgiebiges Feiern ohnehin schwer zu denken. Am kommenden Wochenende sieht das schon besser aus. "Das Schönste aber ist, dass wir überhaupt wieder zusammen kommen dürfen." Dabei gibt es durchaus auch Public Viewing, wenn auch natürlich mit bestimmten Auflagen.

Verzicht auf Arena-Besuch

Mit Rücksicht auf Arbeit und Schule verbringt auch die Familie von Jocelyne Kipfmüller den EM-Abend "nur" zuhause. Am liebsten wäre sie freilich in die Allianz-Arena gefahren. Schon um die wunderbaren Erinnerungen von einem Besuch in dem Stadion vor drei Jahren aufzufrischen. "Damals waren wir dort mit allen Kindern und Freunden, alle schwärmen bis heute davon." Doch Champagner wird nicht in den Gläsern perlen, selbst wenn der französischen Elf mehr Tore gelingen sollten als den Jungs um Jogi Löw.

Die Korken knallen zu lassen, sei erst bei einem Erfolg am Ende angesagt, meint die fußballbegeisterte Französin, die sich bei der Union der Franzosen auch für die französische Schule engagiert - wo die EM und das Deutschland-Frankreich-Spiel auch aufgegriffen wird. Das Zusatzangebot für französische Muttersprachler mit familiären Bezügen zu mehr als zwei Dutzend Ländern gibt es just seit vergangenem Freitag wieder in Präsenz, normalerweise in der Insel Schütt-Schule, derzeit aber wegen Bauarbeiten in der Bartholomäusschule. "Und alle haben sich getroffen und begrüßt, als hätten sie sich nicht acht Monate nicht gesehen", berichtet Kipfmüller.

Fans in Togo

Neugierig verfolgt werde die deutsch-französische Begegnung übrigens auch im fernen Togo. Denn "bei vielen Menschen schlagen dort zwei Herzen in ihrer Brust", weiß Kipfmüller aus Begegnungen in einem Klinik-Partnerschaftsprojekt mit Bassar. Denn die Landessprache ist - als Erbe der Kolonisation - Französisch, aber gerade die deutsche Fußball-Elf steht noch höher im Kurs.

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