So wollen die OB-Kandidaten Nürnberg verändern

12.9.2019, 11:51 Uhr
Beim NN-Forum versuchten die Bürgermeisterkandidaten Verena Osgyan (Die Grünen), Thorsten Brehm (SPD) und Marcus König (CSU) das Publikum von ihren Positionen zu brisanten Fragen rund um Nürnberg zu überzeugen. Moderiert wurde die Diskussion von Michael Husarek (l.) und Sabine Stoll (r.).

© Michael Matejka Beim NN-Forum versuchten die Bürgermeisterkandidaten Verena Osgyan (Die Grünen), Thorsten Brehm (SPD) und Marcus König (CSU) das Publikum von ihren Positionen zu brisanten Fragen rund um Nürnberg zu überzeugen. Moderiert wurde die Diskussion von Michael Husarek (l.) und Sabine Stoll (r.).

Die Bürgermeisterkandidaten Marcus König (CSU), Thorsten Brehm (SPD) und Verena Osgyan (Grüne) waren am Mittwochabend zum NN-Forum geladen. In vier Runden, moderiert von NN-Chefredakteur Michael Husarek und der kommunalpolitischen Redakteurin Sabine Stoll, skizzierten sie Schwerpunkte und Ziele zu verschiedenen großen Themenblöcken. Hier die zentralen Aussagen und Positionen im Überblick:

Verkehrswende

Geht es, wenn sich alle zum Ausbau des Öffentlichen Nah- und des Radverkehrs bekennen, zwangsläufig den Autofahrern an den Kragen? "Nicht doch", beschwichtigt König für die Union, "wir haben alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen im Blick". Neun bis zehn Millionen Euro für den Ausbau des Radwegenetzes, wie sie Brehm vorschlägt, kann auch er sich vorstellen, vor allem um die verbreiteten und ärgerlichen Lücken in den schon ausgewiesenen Routen zu schließen. Brehm plädiert dagegen vor allem für ein paar "große durchgängige Radrouten, getrennt vom Fußgänger- und Autoverkehr".

Beim öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gelte es besonders, so König, die "etwas undurchsichtige" Tarifstruktur zu vereinfachen. Das 365-Euro-Jahresticket für Schüler und Azubis sieht er als wichtigen Schritt – dem weitere folgen müssten. Das bekräftigt, ganz ähnlich, auch Thorsten Brehm. Anzustreben sei freilich ein Nulltarif für Schüler und Azubis. Außerdem schwebt ihm ein viel engere Verflechtung der Verkehrsträger vor: Eine App soll für jede Verbindung die beste Kombination aus ÖPNV, Fahrrad, Fußweg oder auch Auto angeben. "Vor mir muss sich niemand fürchten", konterte schließlich Verena Osgyan verbreitete Vorbehalte, "auch bei einer stärker verkehrsberuhigten Altstadt muss die Zufahrt für Anwohner gewährleistet sein, ebenso wie der Lieferverkehr."

Frankenschnellweg

Ein Halbsatz von Osgyan genügte freilich, um zu zeigen, dass sich an dem seit Jahrzehnten umstrittenen Riesenprojekt die verkehrspolitischen Geister scheiden wie eh und je. Als Oberbürgermeisterin würde sie dieses "Dino-Projekt" mit mindestens zwölf Jahren Bauzeit und immensen Belastungen durch Umleitungen und Kosten von - nach aktuellem Stand - um die 750 Millionen Euro sofort in der Schublade verschwinden lassen. Dagegen stehen die CSU- und SPD-Protagonisten weiter zu dem gigantischen Vorhaben – trotz der Warnungen vor zusätzlichem Verkehr und Umweltbelastungen.


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Erstens, so Brehm, weil die Situation auf dem Frankenschnellweg eine "Zumutung" und eine Bündelung des Autoverkehrs auf großen Achsen unerlässlich sei, um Stadtteile zu entlasten. Zweitens, weil die neuere Planung nicht nur ein Verkehrs-, sondern auch ein Stadterneuerungsprojekt vorsieht – was einen großen Teil der hohen Kosten ausmache. Um Durchgangsverkehr auszubremsen, könne Tempo 60 verordnet und ein Transitverbot für Lkw verhängt werden.

"Wir hätten es viel früher haben können", schreibt König die alte CSU-Legende fort, "aber ja, es wird besser, wenn von der Landgraben- bis zur Dianastraße die Stadtteile verbunden werden und wir den Menschen etwas zurückgeben." Osgyan kontert dagegen: Mehr Lärmschutz und eine Verflüssigung seien schon heute möglich – und die Abermillionen stünden für andere Aufgaben zur Verfügung.

Umwelt

"Mit mir als Oberbürgermeister wird es wieder ein Amt für Grün geben", legte sich König fest. Und für jedes Neugeborene in Nürnberg solle ein Baum gepflanzt werden. Mit den lebhaftesten Beifall – vor allem von Gefolgsleuten aus den eigenen Reihen – erhielt er für sein Bekenntnis zum Knoblauchsland: "Nur 4,7 Kilometer vom Hauptmarkt entfernt, steht man an einem Acker und kann bei einem Direktvermarkter einkaufen. Das gibt es in keiner vergleichbaren Großstadt." Um mit den knappen Flächen auszukommen, müsse man "mehr in die Höhe gehen" – und beispielsweise auch vorhandene Wohnbauten aufstocken.

"Nürnberg soll kühler und leiser werden", schwebt Verena Osgyan vor, "doch ist bisher zu wenig passiert, um bis 2035 klimaneutral zu werden". Sie würde einen 150 Millionen Euro schweren Klimatschutzfonds einrichten, aus dem sich viele wirksame Einzelmaßnahmen fördern ließen, von Fassadenbegrünungen bis zur Umstellung der Taxiflotte auf Elektrofahrzeuge.

Neue Parks, so Brehm, bringen Nürnberg mehr Grün, vor allem in den geplanten neuen Stadtteilen. Daneben schwebt ihm eine große Photovoltaik-Offensive vor, mit der systematischen Nutzung von städtischen Dächern, vor allem von Schulen. Die ökologische Frage sei am Ende auch eine soziale, meint er, weil die Hitze besonders geplagten Stadtteile auch die mit den einfacheren Wohnungen und weniger Grünflächen seien.

Fahrverbote

Trotz der Stickoxid-Probleme in Nürnberg sei die Lage doch weit weniger dramatisch als in Städten wie Düsseldorf, Köln oder Stuttgart, beschwichtigt Marcus König. "Deshalb muss hier niemand Angst vor Fahrverboten haben." Auch in diesem Punkt trennen sich die Meinnungen von Verena Osgyan und Thorsten Brehm nicht viel: "Fahrverbote bringen uns nicht weiter", so der SPD-Bewerber, "es hilft wenig, die Schadstoffe anders zu verteilen, sie müssen reduziert werden". Dazu beitragen könne beispielsweise die Umstellung des städtischen Fuhrparks.

Wohnen

Die begonnenen und laufenden Vorhaben begrüßen alle drei Kandidaten – auch wenn die laut einer Studie erforderlichen 30.000 zusätzlichen Wohneinheiten kaum zu erreichen sind, schon gar nicht kurzfristig. "Gut, dass jetzt in der Regel 30 Prozent für geförderten Wohnungsbau vorgesehen sind. Aber das muss auch eingehalten und kontrolliert werden", fordert Osgyan. "Der soziale Wohnungsbau ist der Schlüssel."

Brehm zeigt sich vor allem erleichtert, dass in Nürnberg nie eine Privatisierung der kommunalen wbg zur Diskussion stand. Sie und die anderen gemeinnützigen Träger können freilich kaum auffangen, was durch wegfallende Sozialbindungen verloren geht. "Da hätte der Bund früher gegensteuern müssen." Nötig seien aber auch schnellere Genehmigungsverfahren. "Und man muss mit den Discountern konsequent verhandeln, denn bloß ebenerdige Verkaufshallen mit Metalldach sind in dichten Großstädten nicht mehr hinnehmbar." Und schließlich sei es absurd, Abermillionen für Wohngeld ausgeben statt mit diesen Summen direkt neuen, günstigen Wohnraum zu schaffen.

Marcus König will vor allem junge Familien in der Stadt halten – was bei Eigenheimpreisen jenseits der Halbmillionenschwelle immer schwieriger werde. Das frühere 100-Häuser-Förderprogramm solle deshalb auf ein 1000-Häuser-für-1000-Familien-Projekt aufgestockt werden", so sein Ansatz. Womit er prompt entschiedenen Widerspruch von Verena Osgyan provozierte. "Für Einfamilienhäuser ist der Platz in der Stadt eigentlich zu knapp. Deshalb sollten Sie hier wenigstens nicht mehr gefördert werden." Und König räumte ein: "Allein in Nürnberg werden wir die Wohnungsnot nicht lösen."

Soziales

Zum vom amtierenden Oberbürgermeister Ulrich Maly formulierten Leitbild einer "solidarischen Stadtgesellschaft" bekennen sich im Kern Brehm wie König und Osgyan. Kein Wunder angesichts eines Bevölkerungsanteils von 45 Prozent mit Migrationshintergrund, einer überdurchschnittlichen Armutsquote und Bildungsproblemen. "Deshalb ist die künftige Uni auch ein wichtiger Sozialfaktor. Es geht um Bildung für alle", betonte Osgyan.

Dass in Nürnberg jedes fünfte Kind in einem Hartz-IV-Haushalt aufwachse, beschrieb Brehm als Herausforderung, um beispielsweise über die Hortplätze und andere Angebote allen Kindern halbwegs gleiche Chancen zu bieten. Im Blick auf die Bewerbung als Kulturhauptstadt plädierte er zugleich nachdrücklich für eine Neubelebung des Kulturladenkonzepts, das allen Bürgerinnen und Bürgern Teilhabe und niedrigschwellige Zugänge bieten soll.
"Familien brauchen schneller Bescheid über einen Betreuungsplatz und damit Planungssicherheit", forderte schließlich Marcus König.

Am Ende stimmten die Zuschauer über die Kandidaten ab. Zwei Politiker überzeugten dabei mit deutlichem Vorsprung.

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